Hammerherr

Hammerherr
Eisenhammer: Im Hintergrund sieht man den Rennherd, davor wird eine Luppe grob von Schlackeresten befreit. Ganz im Vordergrund geschieht das Ausschmieden der Luppe unter dem Hammer (Quelle: Agricola, Georgius (1556): De re metallica libri XII. - Basel.)

Ein Eisenhammer oder Hammerwerk ist ein Handwerksbetrieb zur Herstellung von Schmiedeeisen als Halbzeug und von daraus produzierten Gebrauchsgütern aus der Zeit vor der Industrialisierung. Das namensgebende Merkmal dieser Eisenhämmer war der mit Wasserkraft angetriebene Hammer. Das Anheben des Hammers übernahm eine Welle, auf der radiale Daumen befestigt waren, die das Ende des Hammerstiels ergriffen, hinunterdrückten und somit den Hammerkopf anhoben. Beim Auf- und Niederfallen bewegte sich letzterer in einer Kreislinie.

Inhaltsverzeichnis

Hammerwerke

Die anfangs durch Wasserräder, später auch durch Dampfkraft betriebene Einrichtung setzte sich durch, als die zu bearbeitenden Werkstücke mit der Zeit immer größer wurden und nur noch schwierig von Hand zu bearbeiten waren.

Die Eisenhämmer verhütteten Eisenerz mit Holzkohle in den so genannten "Rennherden" (Georgius Agricola 1556, auch "Rennfeuer" oder "Rennofen": vom "Rinnen" der Schlacke; oder "Zrennherd": vom "Zerrinnen"...). In diesen Schmelzöfen, die mit ebenfalls wasserkraftbetriebenen Blasebälgen versehen waren, wurde das Erz zu einem glühenden Klumpen aus rohem Eisen, Schlacke und Kohleresten verschmolzen. Das Eisen wurde dabei allerdings nicht flüssig wie in einem Hochofen, sondern blieb ein teigiger Klumpen. Dieser Luppe genannte Klumpen wurde dann auf den Hämmern so lange ausgeschmiedet und in einem weiteren Ofen erhitzt, bis sämtliche Schlacke und Kohlenreste entfernt waren. Das Eisen konnte anschließend als Schmiedeeisen direkt weiterverwendet werden. Ein nachfolgender Vergütungsprozess wie beim Hochofenverfahren war nicht notwendig.

Verbreitung

Geographisch waren die Eisenhämmer vom Vorhandensein der Wasserkraft abhängig. Gleichzeitig mussten Wälder die Gewinnung großer Mengen von Holzkohle garantieren. Darüber hinaus musste es in der näheren Umgebung Eisenerzvorkommen geben, um kurze Transportwege des eisenhältigen Gesteins bis zur Verhüttung zu ermöglichen. Auch landwirtschaftlich nutzbare Flächen waren für die Ernährung der vielen benötigten Arbeitskräfte wichtig.

Deutschland

Weit verbreitet waren Eisenhämmer seit dem späten Mittelalter in der Oberpfalz, besonders in der Gegend der Städte Amberg und Sulzbach, im Thüringer Wald ("Lauter-" und "Niederhammer" in Suhl schon 1363) im Fichtelgebirge, im Erzgebirge (1352 Hammer in Pleil, um 1380 Hammer Erla, Frohnauer Hammer) und im Harz, sowie im Siegerland an der Sieg (heute um Siegen) und im Sauerland um Hagen. In diesen Gegenden gab es Eisenvorkommen, die mit damaligen Mitteln abzubauen waren. Eine hohe Dichte mit mehreren hundert Anlagen gab es im Wupperviereck.

Dadurch erhielt z.B. die Oberpfalz auch den Beinamen Ruhrgebiet des Mittelalters.

Ortsnamen mit Namensendung -hammer sind in diesen Gegenden sehr häufig. Der zu einem Eisenhammer gehörige Herrschaftssitz wird als Hammerschloss bezeichnet. Diese meist unscheinbaren Schlossanlagen, die als Sitz der Hammerherren dienten, befinden sich in der Regel in unmittelbarer Nähe des Hammerwerks.

Österreich

In Österreich fanden die Eisenhämmer vor allem Verbreitung in der Eisenwurzen im Länderdreieck Niederösterreich - Steiermark - Oberösterreich sowie in den obersteirischen Tälern der Mur und Mürz und deren Seitentälern. Die Sitze der dortigen Hammerherren werden als Hammerherrenhäuser bezeichnet.

Produkte

Typische Produkte der Eisenhämmer waren

Sie gelangten so in den Handel und die Weiterverarbeitung zu Endprodukten erfolgte meistens erst außerhalb des Entstehungsgebietes, im Thüringer Wald allerdings meist vor Ort (Suhl und Zella-Mehlis: Waffen; Schmalkalden, Steinbach-Hallenberg: Werkzeuge).

Bekannte Eisenhämmer

Außenansicht des Frohnauer Hammers
Schwanzhämmer im Tobiashammer

Die hier aufgeführten Anlagen sind überwiegend erhalten und der Öffentlichkeit als Museum zugänglich.

Erzgebirge

Franken

Niederlausitz

  • Eisenhütten- und Hammerwerk in Peitz (Museum)

Oberbayern

  • Hammer- und Glockenschmiede in Ruhpolding (Museum)

Oberbergisches Land

Sauerland

Schwäbische Alb

  • historische Hammerschmiede in Blaubeuren (Museum)

Schwarzwald

Spessart

Thüringer Wald

Weserbergland

Rezeption

In der Literatur hat der Eisenhammer seinen festen Platz durch Friedrich Schillers Ballade "Der Gang nach dem Eisenhammer" (1797) erhalten.

Literatur

  • Lothar Klapper: Geschichten um Hütten, Hämmer und Hammermeister im mittleren Erzgebirge. Teil I. Ein Vortrag zur Geschichte ehemaliger Hütten und Hämmer im Landkreis Annaberg. Streifzüge durch die Geschichte des oberen Erzgebirges. Heft 32. Annaberg-Buchholz 1998. Download (pdf 256 KB)
  • Bernd Schreiter: Hammerwerke im Preßnitz- und Schwarzwassertal. Reihe Weisbachiana, Heft 27, Verlag Bernd Schreiter, Arnsfeld 2006.
  • E. Erwin Stursberg, Geschichte des Hütten- und Hammerwesens im ehemaligen Herzogtum Berg, Remscheid 1964

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hammerherr, der — Der Hammerhêrr, des en, plur. die en, der Eigenthumsherr eines Hammers oder Hammerwerkes …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Heinrich Siegel (Hammerherr) — Heinrich Siegel (* 12. Juli 1612 in Großpöhla; † 16. Juli 1669) war ein frühneuzeitlicher deutscher Unternehmer. Er war Berg und Hammerherr auf Großpöhla, Rittersgrün und Unterblauenthal. Leben Der Sohn von Andreas Siegel, der Hammerherr zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Caspar Wittich — (* 10. Apriljul./ 20. April 1602greg. in Wolfsgrün; † 3. Augustjul./ 13. August 1673greg. in Wittigsthal) war ein deutscher Unternehmer. Er war Hammerherr in Breitenbach, Wittigsthal und Morgenröthe. Leben Caspar… …   Deutsch Wikipedia

  • Johanngeorgenstadt — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Elterlein (Adelsgeschlecht) — Gedenktafel mit dem Wappen derer von Elterlein in Rittersgrün …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Sie — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Gottschaldt — Michael Gottschald, auch Gottschaldt, (* 1597 in Cotta in Böhmen; † 22. April 1674 in Eibenstock[1]) war ein frühneuzeitlicher deutscher Unternehmer. Der Sohn des Handelsmanns Bartholomäus Gottschald wich zusammen mit seinen Eltern als Exulant… …   Deutsch Wikipedia

  • Morgenröthe-Rautenkranz — Gemeinde Muldenhammer Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • Raschau-Markersbach — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Siegel (Begriffsklärung) — Siegel bezeichnet: Siegel, einen Urkundenstempel Gütesiegel, eine Qualitätsmarkierungen Prüfsiegel, eine Prüfmarkierungen an Produkten eine rituelle (Selbst)Verstümmelung der Skopzen Siegel ist der Familienname folgender Personen: Alois Siegel… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”