Handloser

Handloser

Siegfried Handloser (* 25. März 1885 in Konstanz; † 3. Juli 1954 in München) war Chef des Wehrmachtsanitätswesens. Im Nürnberger Ärzteprozess wurde er wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.

Siegfried Handloser als Angeklagter im Nürnberger Ärzteprozess

Leben

Handloser wurde als Sohn des Musikdirektors Konstantin und dessen Ehefrau Anna Maria geboren. 1903 trat er in die Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen in Berlin ein, an dem er 1910 sein medizinisches Staatsexamen ablegte. 1911 promovierte er mit einer Arbeit über die „spezifische Behandlung des Typhus abdominalis“. Es folgte eine Zeit an der Gießener Uniklinik und an einem Lazarett. 1928 bis 1932 war er Referent in der Heeres Sanitäts-Inspektion des Reichswehrministeriums, um danach als Korps- und Wehrkreisarzt V in Stuttgart sowie als Generalstabs- und Heeresgruppenarzt 3 in Dresden (1935-1938), um danach in Wien beim Heeresgruppenkommando 3 (1938) zu wirken.

Seit Juni 1942 bekleidete er im Oberkommando der Wehrmacht das neu eingerichtete Amt eines Chefs des Wehrmachtsanitätswesens und wurde damit Hauptverantwortlicher für das gesamte Sanitätswesen der Wehrmacht und mithin auch für alle medizinischen Verbrechen, die im Rahmen des Wehrmachtsanitätswesens besonders an Kriegsgefangenen begangen wurden.

Weiterhin war Handloser der Initiator zahlreicher Maßnahmen zur Zwangsprostitution für Frauen in den besetzten Ländern. Er plante in Berlin eine Prostitutionssteuerung auf europäischer Ebene, die zuerst im besetzten Frankreich bis ins Detail verwirklicht wurde. Im Januar 1943 wurden ihre Eckpunkte für die ganze Wehrmacht festgeschrieben. Die Untersuchung von Insa Meinen belegt diese Tätigkeit und ihre Verwirklichung durch Heinrich Löhe im einzelnen.

Nach 1945

Nach Kriegsgefangenschaft stand er vom 9. Dezember 1946 bis zum 19. Juli 1947 im Nürnberger Ärzteprozess unter Anklage und wurde wegen Kriegsverbrechen und des Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen.

Die Verteidigung Handlosers hat versucht, eine Urteilsbestätigung mit der Begründung zu verhindern, dass die im Prozess behandelten Menschenversuche (Erfrierungs-, Sulfonamidgabe- sowie Fleckfieber-Infektions-Experimente) ausschließlich in Konzentrationslagern und nicht von Angehörigen der Wehrmacht durchgeführt worden seien. Das Urteil hatte aber Bestand, weil Handloser als Chef des Wehrmachtsanitätswesens nicht nur die Chefs des Sanitätswesens von Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine, sondern auch der Reichsarzt SS und Polizei Ernst-Robert Grawitz unterstand, so dass sich der Aufsichtsbereich Handlosers auch auf alle von SS-Ärzten zu verantwortenden Menschenversuche erstreckte.

Am 31. Januar 1951 erfolgte die Umwandlung des Urteils in 20 Jahre Haft durch den US-Hochkommissar John J. McCloy. Später wurde Handloser aus Gesundheitsgründen und einer notwendig gewordenen komplizierten Operation vorzeitig entlassen. Er starb am 3. Juli 1954 in einer Münchener Klinik.

Literatur

  • Wolfgang U. Eckart: Generaloberstabsarzt Prof. Dr. med. Siegfried Handloser; in: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Vom Kriegsbeginn bis zum Weltkriegsende Bd. 2, Primus Verlag, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-089-1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft ISBN 3-534-12678-5, Seite 88-92
  • Insa Meinen: Wehrmacht und Prostitution während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Frankreich Temmen, Bremen 2002 ISBN 3861087898

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Siegfried Handloser — (* 25. März 1885 in Konstanz; † 3. Juli 1954 in München) war Chef des Wehrmachtsanitätswesens. Im Nürnberger Ärzteprozess wurde er wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Siegfried …   Deutsch Wikipedia

  • Siegfried Handloser — Siegfried Adolf Handloser (25 March, 1895 3 July, 1954) was a Doctor, Prof. Dr. med., Lieutenant General of the German Armed Forces Medical Services, Chief of the German Armed Forces Medical Services. He was one of the accused in the Doctors… …   Wikipedia

  • Ärzteprozess — Karl Brandt bei der Urteilsverkündigung Der Nürnberger Ärzteprozess fand vom 9. Dezember 1946 bis zum 20. August 1947 als erster der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus… …   Deutsch Wikipedia

  • Хандлозер, Зигфрид — Зигфрид Хандлозер Siegfried Handloser …   Википедия

  • Nürnberger Ärzteprozess — Karl Brandt bei der Urteilsverkündigung Der Nürnberger Ärzteprozess fand vom 9. Dezember 1946 bis zum 20. August 1947 als erster der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus im …   Deutsch Wikipedia

  • Хандлозер — Хандлозер, Зигфрид Зигфрид Хандлозер Siegfried Handloser фото во время Нюрнбергского процесса над врачами …   Википедия

  • Doctors' Trial — Not to be confused with Doctors plot. A sentence of death by hanging is pronounced by a U.S. War Crimes Tribunal upon Adolf Hitler s personal physician, 43 year old Karl Brandt. Brandt was also Reich Commissar for Health and Sanitation. The… …   Wikipedia

  • Mountaineer Hotel — U.S. National Register of Historic Places …   Wikipedia

  • Heeres-Sanitätsinspekteur — Der Heeres Sanitätsinspekteur (H San Insp) war bei der deutschen Wehrmacht ab dem 1. September 1939 als oberster Sanitätsoffizier des Heeres verantwortlich für die Organisation des Sanitätsdienst seiner Teilstreitkraft. Den Dienstposten …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Han–Hap — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”