- Happy Slapping
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Als Happy Slapping (englisch etwa für lustiges Schlagen) wird eine Körperverletzung auf meist unbekannte Passanten, aber auch Mitschüler oder Lehrer bezeichnet. Happy Slapping begann als Freizeitspaß unter britischen Jugendlichen. Die jugendlichen Angreifer laufen dabei auf ihr Opfer zu und schlagen es unvermittelt z. B. ins Gesicht. Die verdutzte Reaktion des Opfers wird üblicherweise von einem weiteren Beteiligten mit einer Handy- oder Videokamera gefilmt. Die Aufnahmen werden anschließend im Internet veröffentlicht oder per Mobiltelefon verbreitet.
Mitunter werden Opfer auch bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt, anderweitig verletzt, sexuell genötigt oder vergewaltigt. Die Angreifer flüchten daraufhin, ohne sich um das Opfer zu kümmern.
Inhaltsverzeichnis
Einzelfälle
Seit 2004 scheint das Phänomen in England zuzunehmen, woraufhin auch auf dem europäischen Festland von vereinzelten Vorfällen berichtet wurde. Ein besonders gravierender Fall von Happy Slapping wurde am 30. Oktober 2004 bekannt, als eine Jugendbande einen 37-jährigen Barkeeper zu Tode prügelte und seinen Freund schwer verletzte. Im Juni 2005 fanden im schweizerischen Winterthur und Basel mehrere Happy-Slapping-Angriffe statt. Am 18. Juni 2005 verhaftete die Polizei in England vier Jugendliche, die im Zuge einer solchen Aktion ein elfjähriges Mädchen vergewaltigt hatten. Ein ähnlicher Fall führte in Polen zum Suizidfall Ania in Danzig.
Vereinzelt wurden in Deutschland wegen Happy Slapping Schüler vom Unterricht ausgeschlossen. Ein solcher Unterrichtsausschluss ist rechtmäßig.[1]
Berichterstattung und Ausmaß
Über Happy Slapping wurde in der englischen, deutschsprachigen sowie internationalen Presse intensiv berichtet. Es bleibt allerdings unklar, wie verbreitet solche Angriffe tatsächlich sind. Kritiker der medialen Berichterstattung wie der britische Kulturforscher Graham Barnfield meinen, dass es sich hierbei vor allem um ein Medienphänomen handele. Sie belegen das mit der geringen Anzahl der dokumentierten Übergriffe und kritisieren die Massenmedien, die Einzelfälle zu einem Massenphänomen hochzustilisieren und nicht immer objektiv darüber zu berichten. Ebenso seien viele dieser Gewaltvideos inszeniert.[2] Auf der anderen Seite wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, da eine Anzeige aus Schamgefühl meist nicht erwogen wird. In einer Befragung von 3.600 Jugendlichen, durchgeführt vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, äußerte sich jeder zehnte Jugendliche über derartige Gewalterfahrungen. Der JIM-Jugendstudie 2009 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zufolge hat von den 1.200 befragten Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren bereits jeder dritte Jugendliche erlebt, dass eine Prügelei per Handy aufgezeichnet wurde: „Ein Drittel der Handybesitzer hat schon einmal mitbekommen, dass eine Prügelei mit dem Handy aufgezeichnet wurde, dies waren überwiegend echte Auseinandersetzungen (26 %) und keine gestellten Szenen (6 %). Jungen werden bei gestellten Szenen öfter Zeuge als Mädchen. Stärker betroffen sind generell die mittleren Altersstufen zwischen 14 und 17 Jahren. Was den Bildungshintergrund betrifft, sind Hauptschüler doppelt so häufig Zeuge solcher Vorfälle wie Gymnasiasten.“[3]
Motive
Der Medienpädagoge Fred Schell äußerte sich zur solchen Taten zugrundeliegenden Motivation folgendermaßen: „In einer Gesellschaft in der eine mediale Präsentation eigentlich üblich ist – Alles wird medial präsentiert, ob das Waren sind, Dienstleistungen, Menschen, die ganze Politik ist heut 'ne mediale Inszenierung. Dann muss man sich nicht wundern, wenn Jugendliche bei ihren Handlungen und Tätigkeiten sich auch medial inszenieren.“ Der Kriminologe Christian Pfeiffer sagte: „Wir alle tendieren doch dazu, dass wir Höhepunkte unseres Lebens filmisch oder fotografisch festhalten wollen. Jugendliche tun das auf ihre Weise: Für sie ist das der Höhepunkt der Woche, wenn sie jemand anderes beim Prügeln besiegt haben, wenn sie ihn richtig am Boden hatten. Und das wollen sie dann auch noch filmisch dokumentieren, es prahlend anderen zeigen und den Gegner demütigen, das ist das Motiv hinter 'Happy Slapping'.“[4]
Siehe auch
Veröffentlichungen
Literatur
- Judith Hilgers: Inszenierte und dokumentierte Gewalt Jugendlicher: Eine qualitative Untersuchung von Happy slapping-Phänomenen, VS Verlag, 2011, ISBN 978-3531174006
- Lüpke, M./Neumann,U. (2010): Gewaltprävention 2.0 - Digitale Herausforderungen Marburg: Schueren. ISBN 978-3-89472-227-2.
- Birgit Richard, Jan Grünwald & Marcus Recht: Happy Slapping: Medien- und bildanalytische Sicht eines aktuellen Phänomens In: Herbert Scheithauer, Tobias Hayer, Kay Niebank (Hrsg.): Problemverhalten und Gewalt im Jugendalter. Erscheinungsformen, Entstehungsbedingungen und Möglichkeiten der Prävention, Kohlhammer Verlag Stuttgart 2008, ISBN 978-3170195073
- Florian Rötzer: Das brutale Spaß-Happening für die Handy-Kamera, Telepolis, 30. April 2005
- Güner Balci und Anna Reimann: GEWALTVIDEOS AUF DEM HANDY - "Verprügelt, vergewaltigt und gefilmt", Spiegel Online, 13. Juni 2006
Filme
- Philipp Käßbohrer: Gemeinsam Allein, Kurzfilm, 19 Minuten, Deutschland, 2008
Weblinks
- Gewalt-und Sex-Filme auf dem Handy? – Flyer zum Thema "Happy Slapping" für Jugendliche auf www.jugendinfo.de
- Tipps der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes
- Forschungsprojekt zum Thema "Happy Slapping" der AG sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung (asw) e. V. an der Universität Trier
- Rat für Kriminalitätsverhütung in Schleswig-Holstein: Happy Slapping und mehr… (PDF-Datei; 1,12 MB)
- Kurzfilm "ABSEITS Handygewalt" von der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes und dem Informationszentrum Mobilfunk
Einzelnachweise
- ↑ Suspendierung vom Schulunterricht wegen „Happy-slapping“ zulässig – Meldung vom 5. Februar 2010 auf www.kostenlose-urteile.de
- ↑ Es gibt einfach keinen Respekt mehr, Süddeutsche Zeitung, 28. Juni 2005
- ↑ JIM-Studie (Jugend, Informarion, (Multi-)Media) 2009, Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest (Hrsg.), Stuttgart 2009, S. 58 f, (PDF-Datei; 814 kB).
- ↑ Horror-Trend "Happy Slapping", NDR, 28. August 2006
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