Haus der Freundschaft

Haus der Freundschaft

Das Haus der Freundschaft in Rostock (umgangssprachlich: HdF, seit 2008 Peter-Weiss-Haus) gehört zu den weniger bekannten, wenngleich kultur- und baugeschichtlich besonders interessanten Baudenkmalen der Hansestadt. Es befindet sich in der Doberaner Straße 21 in unmittelbarer Nähe zum Doberaner Platz, der die beiden Rostocker Stadtteile Mitte (historische Altstadt und Steintor-Vorstadt) und Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV) verbindet. Das ab den 1860er Jahren in mehreren Stufen errichtete und erweiterte Gebäude wurde im Jahr 2000 unter Denkmalschutz gestellt. Zusammen mit den gegenüberliegenden Ruinen der früheren Malzfabrik (zuletzt Anker Spirituosen) und einem anschließenden Sanatorium (Frauen-, Augen- und Hals-Nasen-Ohren-Klinik), welches noch heute als Krankenhaus genutzt wird, ist es Teil eines Ensembles aus halbrepräsentativen Zweckbauten des späten 19. Jahrhunderts, die damals noch neben der eigentlichen Stadt errichtet worden waren.

Inhaltsverzeichnis

Namensgebung

Der weiterhin gebräuchliche Name HdF wird seit den 1950er Jahren benutzt und bezieht sich auf die offizielle Bezeichnung „Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“. Als solches diente es dem kulturellen Austausch zwischen der damaligen DDR und der damaligen Sowjetunion, wobei im Einzelfall weniger politische Agitation als ein laufendes Veranstaltungsprofil zur Deckung kulturellen Bedarfs der Bevölkerung im Vordergrund stand. Um 1948 firmierte der Bau kurzfristig auch als „Maxim-Gorki-Haus“.

Geschichte

Doberaner Platz 1911
Haus der Freundschaft 2007
Peter-Weiss-Haus FREIGARTEN 2009
StudioHdF im Peter-Weiss-Haus 2010

Die vorzufindende Struktur wurde zwischen den 1860er und 1930er Jahren in drei Abschnitten errichtet. Wichtige Beteiligte waren die Architekten Gotthilf Ludwig Möckel in den 1890er (auch Ständehaus in Rostock) sowie Walter Butzek in den 1930er Jahren. Ein dem Bau vorangegangener Lagerkeller ist bis heute als Tiefgeschoss vorhanden und der älteste Teil des Gebäudes. Er wurde in das 1864 eröffnete Ausflugslokal „Steinbecks Keller“ einbezogen und überbaut. Damals gab es keine technischen Kühlsysteme. Über die nahegelegene Warnow eingeschifftes Eis wurde in den Keller verbracht und hielt ihn monatelang kalt. Die erste bauliche Anlage einer Gaststätte bestand aus einem Saalgebäude mit Bühne und Ausschank, sowie einem aufragenden Turm mit verglastem Aussichtsgeschoss. In der Straßenflucht leicht zurückgesetzt waren diese Bauten von Veranden und Laubengängen umzogen, die in einen ostseitigen „Concertgarten“ überleiteten. Das Gebäude befand sich als Eckabschluss des Brauereikomplexes westlich der alten Stadt, die Entwicklung der Kröpeliner-Tor-Vorstadt stand erst am Anfang.

Im Jahr 1884 übernahm die Aktiengesellschaft Mahn & Ohlerich die Steinbecksche Brauerei. Um 1890 wurde die Anlage um neogotische Anbauten erweitert, im Besonderen einen weiteren doppelgeschossigen Saal mit innen sichtbarer Deckenkonstruktion. Der so genannte „Möckelsaal“ umzeichnet zur Straße hin den bis heute unverkennbaren Giebel - der zuvor städtebaulich dominante Turm trat in seiner Wirkung zurück. Gotthilf Möckel ist für die Innengestaltung des Saals verantwortlich. Obgleich vollständige Baudokumente fehlen, nimmt das Rostocker Denkmalamt Möckels weitreichende Beteiligung an allen Eingriffen in dieser Bauphase an.

Im Zuge einer Erweiterung der Brauerei zwischen 1936 und 1938 durch Walter Butzek wurde die Ausflugsgaststätte weiteren Umbauten unterworfen. Der zuvor tief in das Grundstück ragende, alte große Saal von 1864 wurde abgebrochen, um Platz für ein neues Kesselhaus zu geben. Der danach neu errichtete Lichtspielsaal wurde um 90 Grad gedreht an den verbliebenen Baukörper gelegt. Auch die Laubengänge wurden abgerissen und durch weitere Anbauten ersetzt. Butzek konnte als Verantwortlicher für die industriell geprägten Zweckbauten auf dem Brauereigelände seinen - zu jener Zeit erwünscht auf Industriebauten beschränkten, klassisch modernen Ausdruck auch am Baukörper der Ausflugsgaststätte anwenden. Die nunmehr vorzufindende kompakte, dennoch locker erscheinende Fügung der Bauabschnitte wurde von Butzek in professioneller Weise und Vervollständigung des hohen Niveaus Möckels abgeschlossen. Butzeks Planvorlagen sind weitgehend erhalten und im Rostocker Bauarchiv verfügbar.

Nach 1938 muss es weitere Umbaumaßnahmen gegeben haben, die augenfällig mit einer drastischen Vereinfachung des Straßengiebels am Möckelsaal einhergingen, außerdem der Entfernung des Geländers auf den östlichen Anbauten von 1938 zu Füßen des Turms. Verschiedene Öffnungen wurden geschlossen, die interne Erschließung vereinfacht. Zeitraum und Umfang dieser Maßnahmen sind bis auf genannte Spuren in Ermangelung ihrer Dokumentation nicht mehr feststellbar. Fotografischen Quellen folgend, fanden die Umbauten vor 1960 statt, nicht im Zuge der letzten größeren Renovierungsmaßnahmen zwischen 1975 und 1977. Bis 1990 wurden im Innenbereich zahlreiche konstruktive Einbauten hinzugefügt (u.a. massive Kühlräume). In der langen Nutzungsphase als Kulturhaus wurde die Innenausstattung in zahlreichen Räumen um Schmuck- und Täfelarbeiten ergänzt, so etwa eine wandfüllende Karte der Sowjetunion mit wichtigen Standorten sozialistischer Produktion. Auffallend sind verschiedene Bleiglas-Arbeiten mit darstellerischem Fokus auf produktive Menschen.

Peter-Weiss-Haus

Im Januar 2009 kaufte der "Peter Weiss Haus e.V." das Gebäude samt dem angrenzenden ehemaligen "Concertgarten", um es als freies Bildungs- und Kulturhaus zu betreiben. Das nunmehr "Peter-Weiss-Haus" wird im Zusammenhang der neuen Nutzung vollständig saniert. Im Peter-Weiss-Haus befindet sich der Verein Soziale Bildung e.V. mit der "Offenen Kinder- und Jugendarbeit" für die Rostocker Zentrumsstadtteile "Mitte" und "Kröpeliner-Tor-Vorstadt" und dem Bildungsbereich. Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Bundes Deutscher PfadfinderInnen hat seinen Sitz ebenfalls im Peter-Weiss-Haus. Seit Januar 2010 ist das Peter-Weiss-Haus auch Sitz des Literaturhauses Rostock im Netzwerk deutschsprachiger Literaturhäuser. Im Rahmen der Kulturbewirtschaftung der Immobilie wurde im Mai 2009 die Subraum eG ausgegründet - sie bewirtschaftet seit Ende 2009 Teile des Gebäudes kommerziell und unterstützt die Arbeit der niedergelassenen gemeinnützigen Träger. Das Peter-Weiss-Haus kooperiert neben der gemeinsamen Arbeit mit Trägern der Jugend-, Bildungs- und Kulturarbeit vor Ort insbesondere überregional in den Programmschwerpunkten Dokumentation und Theaterarbeit.

Weblinks

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