Heinz Kohut

Heinz Kohut

Heinz Kohut (* 3. Mai 1913 in Wien; † 8. Oktober 1981 in Chicago) war ein amerikanischer Psychoanalytiker österreichischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heinz Kohut wuchs in einer bürgerlichen Wiener Familie als Einzelkind auf und wurde bis zu seinem zehnten Lebensjahr von einem Hauslehrer unterrichtet. Der Vater Felix Kohut war vor dem Ersten Weltkrieg Pianist gewesen und danach ein zwar wohlhabender aber wenig erfolgreicher Geschäftsmann. Kohut erbte von seiner Mutter Else, geb. Lampl und dem Vater die lebenslange Liebe zur Musik. Er besuchte das humanistische Döblinger Gymnasium und hatte zu Hause weiterhin einen Tutor. Die jüdische Herkunft des Vaters und die katholische Religion der Mutter spielten im Hause Kohut keine Rolle. Kohuts wichtigste Lektüre waren Der Zauberberg und Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Kohut schloss 1938 sein Medizinstudium an der Universität Wien ab. Er befand sich zu dieser Zeit in einer Lehranalyse bei August Aichhorn und musste aber seiner jüdischen Herkunft wegen nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich über England in die USA emigrieren, wo er im März 1940 eintraf. Er arbeitete dort als Neurologe und begann sich in der neuen sprachlichen Umwelt zurechtzufinden. Ab 1948 hatte er eine Lehranalyse bei Franz Alexander, veröffentlichte seine erste psychoanalytische Arbeit aber erst 1959. Neben seiner Praxis war er von 1961 bis 1973 Organisator der US-amerikanischen Psychoanalytischen Gesellschaft und zeitweise Vizepräsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. 1965 hielt seinen ersten Vortrag Forms and Transformation of Narcissm und schrieb 1972 über die narzisstische Wut. Seine Theorien führten zum Ausschluss aus den Organisationen der Freudianischen Psychoanalyse.

Kohut gilt als Begründer einer eigenständigen psychoanalytischen Tradition. Er begründete die selbstpsychologische Richtung der Psychoanalyse und erarbeitete damit eine spezifische Behandlung des pathologischen Narzissmus bzw. narzisstischer Störungen. Kohut unterscheidet einen gesunden Narzissmus als Ausdruck eines starken, lebensfähigen Selbst, das seine Fähigkeiten erweitern und seine Bedürfnisse befriedigen will, und einen pathologischen Narzissmus eines schwachen Selbst, das nur über die Vortäuschung der eigenen Grandiosität stabilisiert werden kann. Gelingt dies nicht, folgt die Depression. Er erweiterte damit das Spektrum der psychoanalytisch behandelbaren Störungen und schuf eine wesentliche Ergänzung zur Freudschen Triebtheorie und der ich-psychologischen Richtung. Aufbauend auf Kohuts Werk und unter Einbeziehung der Erkenntnisse der neueren Säuglings- und Kleinkindforschung entwickelte sich in den letzten Jahren die intersubjektive Schule der Psychoanalyse.

Trivia

Die Protagonistin in Elfriede Jelineks Roman von 1983 Die Klavierspielerin trägt den Namen Erika Kohut.

Schriften

  • Formen und Umformungen des Narzißmus. Die psychoanalytische Behandlung narzißtischer Persönlichkeitsstörungen. In: Kohut, H.: Die Zukunft der Psychoanalyse. suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt a. M. 1975
  • Narzißmus. Eine Theorie der psychoanalytischen Behandlung narzißtischer Persönlichkeitsstörungen. suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt a. M. 1976 [am. Orig.: The Analysis of the Self. A Systematic Approach to the Psychoanalytic Treatment of Narcissistic Personality Disorders. International Universities Press, New York 1971]
  • Die Heilung des Selbst. suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt a. M. 1979 [am. Orig.: The Restoration of the Self. International Universities Press, Madison CO 1977]
  • Wie heilt die Psychoanalyse? suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt a. M. 1989 [am. Orig.: How does Analysis cure? The University of Chicago Press, Chicago/London 1984]
  • Auf der Suche nach dem Selbst: Kohuts Seminare zur Selbstpsychologie und Psychotherapie. Pfeiffer, München 1993 [am. Orig.: The Kohut Seminars on Self Psychology and Psychotherapy with Adolescents and Young Adults. W. W. Norton & Company, New York 1987]
  • The Chicago Institute Lectures. The Analytic Press, Hillsdale NJ/London 1996

Literatur

  • Ralph J. Butzer: Heinz Kohut zur Einführung. Junius, Hamburg 1997, ISBN 3-88506-964-4.
  • Charles B. Strozier: Heinz Kohut: The Making of a Psychoanalyst. The Other Press, Paperback Edition, 2004, ISBN 1-59051-102-6.
  • Die neuen Narzißmustheorien: Zurück ins Paradies?. Herausgegeben vom Psychoanalytischen Seminar Zürich. Mit einer Einleitung von Fritz Morgenthaler. Europäische Verlagsanstalt, eva taschenbuch 18, ISBN 978-3-434-46018-3.
  • Werner Röder; Herbert A. Strauss, (Hrsg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945, Vol II, 2 München : Saur 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 643f
  • Uwe Henrik Peters: Psychiatrie im Exil : die Emigration der dynamischen Psychiatrie aus Deutschland 1933 - 1939, Düsseldorf : Kupka , 1992 ISBN 3-926567-04-X, S. 263-277

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