- Heldenreise
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Die Taten eines Helden in Mythen, Romanen und Filmen ereignen sich auf einer Heldenfahrt oder Heldenreise, manchmal auch Quest genannt, die durch typische Situationsabfolgen und Charaktere gekennzeichnet ist. Diese archetypische Grundstruktur wird, nach einem Begriff von James Joyce, auch als Monomythos bezeichnet.
Als ein Grundmuster von Mythologien weltweit, hat vor allem der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell das Motiv der Heldenfahrt erforscht. Darauf aufbauend hat die Heldenfahrt (Hero’s Journey) sowohl in Therapie als auch Literatur großen Einfluss erlangt. Zu besonderer Popularität führte dabei die Adaption im (vor allem amerikanischen) Kino. So basieren die Star Wars Filme von George Lucas auf den Motiven der Heldenreise. In Hollywood hat insbesondere Christopher Vogler mit seinem Buch The Writer’s Journey (Die Odyssee des Drehbuchschreibers) das Modell bekanntgemacht. Im deutschsprachigen Raum wurde das Modell von der Medienwissenschaftlerin Michaela Krützen weiterentwickelt (Dramaturgie des Films), die die Heldenreise zur Analyse von Filmen wie The Silence of the Lambs oder Pretty Woman verwendet.
Der von Campbell beschriebene Zyklus der Heldenfahrt wurde von zahlreichen Therapeuten und Coachs, wie beispielsweise Paul Rebillot oder Martin Weiss zu einem psychologischen und initiatorischen Training weiterentwickelt.
Inhaltsverzeichnis
Der Zyklus der Heldenreise nach Campbell
Die Stationen einer Heldenreise stellen sich nach Campbell wie folgt dar:
- Ruf: Erfahrung eines Mangels oder plötzliches Erscheinen einer Aufgabe
- Weigerung: Der Held zögert, dem Ruf zu folgen, beispielsweise, weil es gilt, Sicherheiten aufzugeben.
- Aufbruch: Er überwindet sein Zögern und macht sich auf die Reise.
- Auftreten von Problemen, die als Prüfungen interpretiert werden können
- Übernatürliche Hilfe: Der Held trifft unerwartet auf einen oder mehrere Mentoren.
- Die erste Schwelle: Schwere Prüfungen, Kampf mit dem Drachen etc., der sich als Kampf gegen die eigenen inneren Widerstände und Illusionen erweisen kann.
- Fortschreitende Probleme und Prüfungen, übernatürliche Hilfe.
- Initiation und Transformation des Helden: Empfang oder Raub eines Elixiers oder Schatzes, der die Welt des Alltags, aus der der Held aufgebrochen ist, retten könnte. Dieser Schatz kann in einer inneren Erfahrung bestehen, die durch einen äußerlichen Gegenstand symbolisiert wird.
- Verweigerung der Rückkehr: Der Held zögert in die Welt des Alltags zurückzukehren.
- Verlassen der Unterwelt: Der Held wird durch innere Beweggründe oder äußeren Zwang zur Rückkehr bewegt, die sich in einem magischen Flug oder durch Flucht vor negativen Kräften vollzieht.
- Rückkehr: Der Held überschreitet die Schwelle zur Alltagswelt, aus der er ursprünglich aufgebrochen war. Er trifft auf Unglauben oder Unverständnis, und muss das auf der Heldenreise Gefundene oder Errungene in das Alltagsleben integrieren. (Im Märchen: Das Gold, das plötzlich zur Asche wird)
- Herr der zwei Welten: Der Heros vereint Alltagsleben mit seinem neugefundenen Wissen, und lässt somit die Gesellschaft an seiner Entdeckung teilhaben.
Der Zyklus der Heldenreise nach Vogler
Christopher Vogler entwarf diesen Weg des Helden als Anleitung für Drehbuchautoren, welche insbesondere in Hollywood Beachtung findet. Sein Konzept basiert auf dem von Joseph Campbell entworfenen Modell.
- Ausgangspunkt ist die gewohnte Welt des Helden.
- Der Held wird zum Abenteuer gerufen.
- Diesem Ruf verweigert er sich daraufhin zumeist.
- Ein Mentor überredet ihn daraufhin die Reise anzutreten, und das Abenteuer beginnt.
- Der Held überschreitet die erste Schwelle, nach der es kein Zurück mehr gibt.
- Daraufhin wird er vor erste Bewährungsproben gestellt und trifft dabei auf Verbündete und Feinde.
- Nun dringt er bis zur tiefsten Höhle vor und trifft dabei auf den Gegner.
- Hier findet die entscheidende Prüfung statt: Konfrontation und Überwindung des Gegners.
- Der Held wird belohnt, indem er z.B. den Schatz oder das Elixier raubt.
- Nun tritt er den Rückweg an, während dessen es zur Auferstehung des Helden kommt.
- Diese Auferstehung ist nötig, da er durch das Abenteuer zu einer neuen Persönlichkeit gereift ist.
- Anschließend tritt der Held mit dem Elixier den Heimweg an.
Der Prozess der Heldenreise nach Rebillot
Paul Rebillot entwickelte aus der Gestalttherapie, dem Psychodrama und dem von Campbell dargestellten mythischen Zyklus den Selbsterfahrungsprozess der Heldenreise. Durch Phantasiereisen, Inszenierungen, Tanz, Körperarbeit, Methoden der Gestalttherapie und kreativer Techniken wie Malerei soll es den in der Gruppe arbeitenden Teilnehmern möglich werden, ihre unbewussten „wahren“ Ziele sowie einschränkende, negative Selbst- und Weltbilder zu erkennen und durch Rituale aufzulösen und zu verändern.
Literatur
- Joseph Campbell: Die Kraft der Mythen, Artemis & Winkler 1994, ISBN 3-7608-1101-9
- Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten, Insel 1999, ISBN 3-458-34256-7
- Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 1998, ISBN 3-8615-0228-3
- Paul Rebillot und Melissa Kay: Die Heldenreise. Das Abenteuer der kreativen Selbsterfahrung, Eagle Books Wasserburg 2011, ISBN 978-3-9813672-0-1
- Franz Mittermair: Neue Helden braucht das Land, Eagle Books Wasserburg 2011, ISBN 978-3-9813672-1-8
- Michaela Krützen: Dramaturgie des Films: Wie Hollywood erzählt, Frankfurt a.M.: Fischer 2004, ISBN 3-596-16021-9
- Martin Weiss: Quest, Junfermann 2004, ISBN 3-87387-570-5
- Joachim Hammann: Die Heldenreise im Film. Drehbücher, aus denen die Filme gemacht werden, die wirklich berühren, Zweitausendeins 2007, ISBN 978-3-86150-762-8
- Thomas Bohrmann: Die Reise des Helden im Hollywoodkino. Ein Erzählmuster populärer Mediengeschichte, in: Münchener Theologische Zeitschrift, Heft 58, Jg. 2007, S. 291–304.
Weblinks
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