Joseph Campbell

Joseph Campbell

Joseph Campbell (* 26. März 1904 in White Plains (New York); † 30. Oktober 1987 in Honolulu) war ein US-amerikanischer Professor und Autor, bekannt für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Mythologie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Joseph Campbell gilt neben Carl Gustav Jung, Robert von Ranke-Graves, Mircea Eliade und Heinrich Zimmer (mit denen er in zum Teil regem Kontakt gestanden hat) als bedeutender Mythenforscher des 20. Jahrhunderts. Beeinflusst vor allem durch Jung, Zimmer, Nietzsche und Schopenhauer, aber auch von Autoren wie James Joyce und Thomas Mann, in deren Werken er den Geist des Mythos auf zeitgemäße Weise vergegenwärtigt sah, entwickelte er eine populäre Sichtweise von Mythologie, Religion und den von diesen verwendeten Symbolen.

Campbell, als Sohn irischer Einwanderer römisch-katholisch erzogen, zeigte schon im Kindesalter ein tiefes Interesse für die Mythen der amerikanischen Ureinwohner. Er studierte Englisch, Literaturwissenschaft und Sprachen in Dartmouth, an der Columbia University und an der Sorbonne[1]. Er war beinahe vier Jahrzehnte als College-Lehrer am Sarah Lawrence College, Bronxville, New York tätig[2]. Sein Ruhm erlangte aber erst nach seinem Tod seinen Höhepunkt, ausgelöst durch die Fernsehserie „Joseph Campbell and the Power of Myth“, einer sechsteiligen Interview-Reihe mit dem TV-Journalisten Bill Moyers, aufgenommen z. T. auf der Skywalker Ranch des Star Wars-Regisseurs George Lucas. Die Reihe erreichte unmittelbar nach Campbells Tod 1987 ein Millionenpublikum.

Werk

Das erste Buch schrieb Campbell in Co-Autorschaft mit Henry Morton Robinson, ein wegweisendes Werk über James Joyce mit dem Titel A Skeleton Key to Finnegans Wake (1939). Campbell und Robinson lieferten damit einen Schlüssel für das Verständnis eines zentralen, jedoch schwer zugänglichen zeitgenössischen Werkes. Campbells erstes Buch als alleiniger Autor war Der Heros in tausend Gestalten (amerikanische Erstveröffentlichung 1949). Das Werk war zunächst nur einem kleinen Publikum bekannt, wurde im Laufe der Jahrzehnte jedoch zu einem Klassiker über Mythologie und das Motiv der Heldenreise. Campbells Ideen beeinflussten Filmemacher wie George Lucas genauso wie den Dichter Robert Bly oder die Rockband Grateful Dead.

Campbells Analysen zeigen in Religion und Mythos universelle Erfahrungsmuster, die sich in allen Mythologien dieser Erde nachweisen lassen. Dabei greift er auch auf die Tradition von Carl Gustav Jungs Tiefenpsychologie zurück und zeigt, dass sich dieselben universellen Erfahrungsmuster auch in der Struktur der Psyche jedes Menschen wiederfinden. Das Ziel dieser vergleichenden Mythenforschung besteht für Campbell darin, zwischen universellen Strukturen der Mythen und lokalen Besonderheiten derselben Mythen sorgfältig zu unterscheiden.

In seiner Vortragsreihe zwischen 1981-1984 in San Francisco analysiert Campbell diesen Unterschied eingehend (Die Mitte ist überall, Kösel). Demnach finden sich Elementargedanken zur Struktur des menschlichen Lebens wie Heldenreise, Kundalini oder die Balance zwischen Sonne (männlich, Feuer) und Mond (weiblich, Wasser) in Mythologien der ganzen Welt - und zwar auch nachweislich unabhängig voneinander entstanden. Sie galten als lebenswichtige Orientierung im Leben jedes Menschen - eine Orientierung, die Menschen in der heutigen Zeit nicht mehr haben. Es fehlen überzeugende Mythen, mit denen sie Sinn und Ausrichtung des eigenen Lebens gewinnen könnten.

Daneben hatte jede Mythologie auch die Aufgabe, das soziale Miteinander des Stammes, der Stadt, des Staates zu regeln. Diese waren zum großen Teil auf lokale Besonderheiten - insbesondere geographische - abgestimmt. Für Menschen innerhalb dieser Gemeinschaft galten Regeln, die ein harmonisches Miteinander sichern sollten. Für Menschen außerhalb der Gemeinschaft galten diese Regeln nicht. Sie wurden - etwa in Ägypten oder auch in Griechenland - als Barbaren, Heiden oder gar nicht als Menschen im eigentlichen Sinne angesehen und entsprechend behandelt. Auch diese lokale Beschränkung findet sich in (fast) allen Mythologien wieder. "... die soziale Funktion einer Mythologie sorgt ... nicht dafür, daß der Geist sich öffnet, sondern bewirkt eine Abkapselung, damit die lokale Bevölkerung dadurch gegenseitigen Rückhalt findet und zusammengebunden wird... " (Die Mitte ist überall" S.27)

Campbell zeigt nun, dass diese zweite Funktion der Mythologie zum ersten Mal in Babylonien zu Zeiten des Sargon von Akkad (2356 v. Chr. bis 2300 v. Chr.) zur dominanten Funktion wurde. Der Mythos des Sargon erzählt davon, dass Sargon seinen Anspruch auf das Königsamt durch die Liebe der Göttin Ischtar legitimierte. Mythologie wird hier primär als Rechtfertigung eines Herrschaftsanspruchs eingesetzt. Dasselbe Muster findet sich später bei Moses und ähnlich in allen großen monotheistischen Religionen.

Mit der Legitimationsfunktion des Mythos für politische Herrschaft aber wird der universelle Gedanke, den Menschen selbst - qua Menschsein - als ein göttliches Wesen zu verstehen, zu einem Störfaktor und immer weiter verdrängt. Religionskriege und Götter mit dem Anspruch von Allmacht waren die Folge, das eine wie das andere ist Gift für den langsamen Prozess der Reife eines Menschen von einem abhängigen Geschöpf zu einem selbstverantwortlichen Schöpfer seines Lebens.

Diese Entwicklung, so Campbell, hat mit dem Zweiten Weltkrieg seinen nicht mehr zu überbietenden Höhepunkt gefunden. Seit dieser Katastrophe setzt sich langsam aber stetig die Einsicht durch, dass nicht dieser oder jener Landstrich, sondern die Erde die Heimat des Menschen ist. Einen Mythos der Menschheit - in dem die Erde die Heimat des Menschen ist - gibt es noch nicht. Ihn zu erschaffen, hält Campbell für unumgänglich. Allerdings: "Die nächste Mythologie läßt sich ebensowenig wie der Traum der kommenden Nacht vorhersagen, denn eine Mythologie ist keine Ideologie. Sie wird nicht vom Gehirn entworfen, sondern vom Herzen erfahren" (ebd., S. 20).

Werke

Literatur

  • Robert Ellwood, The politics of Myth. A Study of C.G. Jung, Mircea Eliade, and Joseph Campbell, New York 1999, ISBN 079144306X

Weblinks

Anmerkungen

  1. Ellwood, 149f.
  2. Ellwood, 136f.

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