Helizität

Helizität

Die Helizität (griechisch ἕλιξ, helix „das Gewundene“) ist die Komponente des Spins eines Teilchens in Richtung seines Impulses.

Die Helizität ist definiert als h = \vec S \cdot \hat p, wobei \vec S den Vektor des Spins und \hat p = \vec p / |\vec p| die Impulsrichtung bezeichnet. Für ein massebehaftetes Teilchen mit Gesamtspin S kann die Helizität 2S + 1 verschiedene Eigenwerte −S, −S+1, …, S−1, S annehmen. Für ein masseloses Teilchen sind nur die beiden Werte −S und +S möglich; die Helizität fällt in diesem Fall (bis auf einen Faktor S) mit der Chiralität zusammen.

Manchmal wird die Helizität auch als die Komponente des Gesamtdrehimpulses in Impulsrichtung definiert, h\,=\,\vec J \cdot \hat p. Die beiden Definitionen sind aber äquivalent, weil der Bahndrehimpuls immer senkrecht auf dem Impulsvektor steht und daher zu dem Skalarprodukt nicht beitragen kann (\vec L \cdot \hat p = 0).

A: rechtshändige Schraubenlinie (Helix) B: linkshändige Schraubenlinie

Anschaulich definiert die Helizität den Drehsinn oder die Händigkeit eines Teilchens. Betrachtet man den Begriff im Sinne der klassischen Mechanik, so bedeutet positive Helizität, dass die Drehachse des Teilchens nach „vorne“, d. h. in Richtung der Bewegungsrichtung, geneigt ist. Die Richtung der Drehachse ist dabei so festgelegt, dass die Drehung des Teilchens in Richtung der Finger der rechten Hand erfolgt, wenn der Daumen derselben Hand in Richtung der Drehachse zeigt. Betrachtete man die Bahn eines Punktes auf der Oberfläche eines solchen klassischen Teilchens, durchliefe dieser eine „rechtshändige Schraubenlinie“ wie man sie vom Gewinde einer üblichen Schraube kennt. Teilchen mit positiver Helizität bezeichnet man daher als rechtshändig, solche mit negativer Helizität entsprechend als linkshändig. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass es sich um Analogiebetrachtungen zur Veranschaulichung handelt, die die wahre quantenmechanische Natur der Teilchen nicht vollständig wiedergeben.

Im Rahmen der Relativitätstheorie ist die Helizität nur für masselose Teilchen (die sich stets mit Lichtgeschwindigkeit bewegen) eindeutig bestimmt. Für alle anderen massebehafteten Teilchen lässt sich immer ein Bezugssystem wählen, das das Teilchen „überholt“, wodurch sich die Richtung seines Impulses und damit seine Helizität umkehrt.

In der Quantentheorie verwendet man die Lorentz-invariante Größe der Chiralität. Den geladenen Strömen der schwachen Wechselwirkung (Austausch von W-Bosonen) unterliegen nur Teilchen mit linkshändiger Chiralität und ihre Antiteilchen mit rechtshändiger Chiralität. Für masselose Teilchen, die sich stets mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, sind Chiralität und Helizität identisch; für Teilchen nahe der Lichtgeschwindigkeit gilt dies näherungsweise.

Da für Neutrinos experimentell lange keine Ruhemasse nachgewiesen werden konnte, weil sie nur schwach mit Materie wechselwirken, nahm man an, dass es nur linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos gibt. Aus der Entdeckung der Neutrinooszillationen folgte aber, dass Neutrinos eine nicht verschwindende Ruhemasse besitzen müssen. Das bedeutet, dass Neutrinos sich nicht ganz mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Daraus folgt nach aktuellem physikalischem Wissen, dass es auch rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos geben muss.

Literatur


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