Hermann Weber (Zoologe)

Hermann Weber (Zoologe)

Hermann Robert Weber (* 21. November 1899 in Bretten; † 18. November 1956 in Tübingen) war ein deutscher Zoologe, der vor allem als Insektenforscher bekannt wurde.[1]

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftlicher Werdegang und Bedeutung

Weber trug nach einem Jahr Kriegsdienst von der folgenden Grippepandemie bleibende Schäden an Herz und Gehör davon. Er studierte von 1919 bis 1921 an der TH Stuttgart Physik und wurde Mitglied des Corps Rhenania Stuttgart. 1922 wurde er in Tübingen mit einer Arbeit über den Thorax der Hornisse promoviert. Ab 1928 war er Privatdozent in Bonn, von 1930 bis 1935 außerordentlicher Professor für Zoologie in Danzig. Während dieser Zeit schloss er sich dem Corps Baltica an. 1935/36 hatte er die Lehrstuhlvertretung für Forstzoologie in Freiburg inne. Er war von 1936 bis 1939 ordentlicher Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie in Münster, von 1939 bis 1941 in Wien und von 1941 bis 1944 an der neu gegründeten „Reichsuniversität Straßburg“.[2] 1940 wurde er Präsident der Deutschen Zoologischen Gesellschaft.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Weber von 1951 bis 1956 ordentlicher Professor und Direktor des Zoologischen Instituts der Universität Tübingen.

Weber lieferte bedeutende Beiträge zur Entomologie, insbesondere zur Anatomie der Insekten. Sein Lehrbuch der Entomologie (1933) und später sein kürzer gefasster Grundriß der Insektenkunde galten jahrzehntelang als vorbildliche Darstellungen des Gesamtgebiets der Insektenkunde, die die Morphologie und Physiologie, die Entwicklungsgeschichte, Systematik und Ökologie der Insekten gleichermaßen fundiert zusammenfassten. Die letzte von ihm selber revidierte Auflage des Grundrisses erschien 1954, eine unveränderte vierte Auflage 1966 posthum; auch das ausführliche Lehrbuch wurde 1968 noch einmal nachgedruckt.

Ein bedeutsames Konzept, das auf Hermann Weber zurückgeht, ist das der Konstruktions-Morphologie. Er prägte diesen Begriff, da er an der klassischen Formenlehre (Morphologie) Kritik übte und darauf hinwies, dass die Morphologie nicht nur einfach eine Methode des Vergleichens sein darf, sondern über die Beschreibung und Gegenüberstellung hinauszugehen habe. Morphologische Forschung müsse, wenn sie als eigenständige Disziplin Geltung behalten wolle, die Dynamik eines Organismus, d.h. sein ontogenetisches und evolutionsgeschichtliches Werden genauso berücksichtigen wie die funktionellen Zusammenhänge einzelner Strukturen im Gesamtverband eines Lebewesens.

1954 und (posthum) 1963 war er Träger der Fabricius-Medaille.

Politische Aktivitäten im Nationalsozialismus

Weber gehörte zum Kreis der „alten Nationalsozialisten“[2], was für einen Eintritt in die NSDAP vor 1933 spricht. Er wurde Mitherausgeber der vom SS-Ahnenerbe übernommenen Zeitschrift Der Biologe[2] und schrieb 1942: „Das Begriffspaar ›Organismus und Umwelt‹ bedeutet in der Sprache der Biologen nichts anderes als in der Sprache der Politik das Wort von ›Blut und Boden‹“.[3] Am 27. Juli 1942 war er Mitunterzeichner eines Briefes des Vorstands der Deutschen Zoologischen Gesellschaft an die Reichskanzlei, in dem er als Vorstandsmitglied alle „Maßnahmen“ gegen die Juden angesichts der „ungeheuren Schärfe des Kampfes des Judentums gegen das deutsche Volk“ ausdrücklich billigte.[3]

Werke

  • Der Thorax der Hornisse. Ein Beitrag zur vergleichenden Morphologie des Insektenthorax. Jena 1925
  • Biologie der Hemipteren. Eine Naturgeschichte der Schnabelkerfe. Berlin 1930
  • Lehrbuch der Entomologie. Jena 1933
  • Grundriß der Insektenkunde. 1938, 3. Aufl. Stuttgart 1954

Sekundärliteratur

  • Salvini-Plawen, L., Mizzaro, M.: 150 Jahre Zoologie an der Universität Wien. Verh. Zool.Bot.Ges. Österr. 136 (1999), 1 - 76.
  • Peter Wenk: Biographisches zu Hermann Weber.- Entomol. Gener. 31 (2009): 109–112

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Wenk: Biographisches zu Hermann Weber. Entomol Gener, 31(2):109-112, Stuttgart 2008-09, ISSN: 0171-8177
  2. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 657.
  3. a b Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 657.

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