Alpha und Omega

Alpha und Omega

Der erste und der letzte Buchstabe des klassischen (ionischen) griechischen Alphabets Alpha und Omega (Α und Ω) stellen nach alter Vorstellung die Schlüssel des Universums dar. Sie sind ein Symbol für das Umfassende, die Totalität, für Gott und insbesondere für Christus als den Ersten und Letzten. Alpha und Omega tauchen häufig als Begleitmotiv zum Christusmonogramm auf.

Daneben wird A und O synonym für das Wesentliche, den Kern einer Sache, deren Quintessenz gebraucht.

Inhaltsverzeichnis

Biblischer Ursprung

Apsismosaik, Sant’Apollinare in Classe, Ravenna

In der Offenbarung des Johannes (Kap. 22,13) bezeichnet sich der erhöhte Jesus Christus als „das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ In dieser Selbstvorstellung Christi werden drei Begriffspaare aufgenommen, die bereits vorher in der Offenbarung erwähnt wurden. Zum einen bezeichnet sich Gott selbst als „Alpha und Omega“ (τὸ ἄλφα καὶ τὸ ὦ[1]; Offb 1,8 und 21,6) und als „Anfang und Ziel“ (ἡ ἀρχὴ καὶ τὸ τέλος; Offb 21,6 und nach einigen Handschriften auch in 1,8). Zum anderen hat sich Christus in Offb 1,17 und 2,8 als „Erster und Letzter“ (ὁ πρῶτος καὶ ὁ ἔσχατος) vorgestellt. Die Kombination der drei Begriffspaare in Offb 22,13 als Selbstvorstellung Christi deutet auf eine Wesensidentität Christi mit Gott hin. Diese Wesensidentität begründet im Zusammenhang von Offb 22,13 seine Funktion als Richter (Offb 22,12).

Traditionsgeschichtlicher Hintergrund des Gottes- bzw. Christusattributes „Alpha und Omega“ in der Offenbarung des Johannes ist das im zweiten Teil des Buches Jesaja wiederholt vorkommende Gottesattribut „Erster und Letzter“ (Jes 44,6: רִאשׁוֹן und אַחֲרוֹן, ähnlich: Jes 41,4 und 48,12). Die Offenbarung nimmt dieses Gottesattribut wahrscheinlich direkt aus dem hebräischen Text[2] der genannten Stellen auf und platziert es in Offb 22,13 (vgl. Offb 1,17 und 2,8) direkt neben das Christusattribut „das Alpha und das Omega“. Alpha und Omega erscheinen so als „prägnante und anschauliche Umschreibung“ des alttestamentlichen „Erster und Letzter“.[3]

Somit lässt sich, auch mit dem zweiten verbundenen Christus- bzw. Gottesattribut „Anfang und Ende“ (Offb 22,13 vgl. 21,6), recht gut der Sinn des Attributes „das Alpha und das Omega“ in der Offenbarung des Johannes erschließen: Christus und Gott sind „der Anfangende und der Abschließende, der Schöpfer und der Vollender, der, ‚aus dem und zu dem‘ alles ist“.[4] Gott und Christus sind der Offenbarung zufolge diejenigen, „welche die ganze Wirklichkeit umgreifen und also Macht über alle Wirklichkeit haben“.[5]

Verbreitung

Die Chiffre Alpha und Omega findet in nachneutestamentlicher Zeit rasche Verbreitung. Durch einen ergänzenden Text oder ein Emblem bezieht sich der Ausdruck immer auf Jesus Christus.[6] Ältestes Beispiel für die frühe Verbreitung könnte das Rotas-Opera-Quadrat aus Pompeji, das heißt vor 79 n. Chr., sein. Es bietet, wie das in der Antike verbreitete Sator-Quadrat, eine symmetrische Anordnung von fünf mal fünf Buchstaben in einem Quadrat. Die Buchstaben ergeben neu zusammengesetzt zweimal Paternoster und zweimal AO.[7] Im 2. Jh. bieten uns Irenäus und Clemens Belege für eine Verbreitung des Ausdrucks in gnostischen Kreisen, die Buchstabenspekulationen pflegten[8].

Der Gebrauch geht wahrscheinlich auf die vorkonstantinische Zeit zurück. Im 4. Jahrhundert ist er im Festlandsgriechenland und in Kleinasien, Palästina, Arabien und Nubien, Italien, Gallien und Nordafrika besonders verbreitet. Man findet die Symbole hauptsächlich auf Grabinschriften, Sarkophagen und in liturgischen Büchern, später auch auf Amphoren und anderen Gefäßen, auf Ringen und Münzen, Ziegeln und zahlreichen Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Auf Fresken der Katakomben in Rom (Santo Poziano, Santi Pietro e Marcellino), Neapel (S. Gennaro) und Syrakus tauchen Α und Ω nicht vor dem 5. Jahrhundert auf. Das Mosaik in S. Aquilino, Mailand, und das Kreuzmedaillon im Apsismosaik der Kirche Sant’Apollinare in Classe, Ravenna, zählen zu den bekanntesten Darstellungen.

Wirkungsgeschichte und Deutungen

Frontseite einer Kieler Kirche
  • Aperire octavusa“ (Offenbarung des achten Teils): Diese Aussage findet man oft in alten Glaubensbüchern. Im Zusammenhang mit der in der Offenbarung des Johannes niedergeschriebenen Aussage Alpha und Omega lässt sie sich also wie folgt übertragen: Die Offenbarung d. J offenbart in sich und sich selbst durch die 7 apokalyptischen Engel (Alpha), auf deren Wirken letztlich das Reich Gottes folgt (Omega). In der Theologie spricht man auch von „in sich selbst überschneidend“.
  • Alpha und Omega sind der Anfang und das Ende des klassischen (ionischen) griechischen Alphabets, so kann man die Aussage „von Alpha bis Omega“ dahingehend interpretieren, dass sich alle Buchstaben dazwischen durch den ersten und den letzten (Buchstaben) zusammenfügen und etwas Vollkommenes darstellen. Betrachtet man die Bibel wie das Alphabet im übertragenen Sinn, so wird hier die Vollkommenheit, aber auch das Zusammenführen der Schriften dargestellt. Die Bibel erhält dadurch eine bildliche Bestätigung der Vollkommenheit.
  • Da jedes menschliche Leben einen Anfang und ein Ende hat, soll durch die biblische Aussage das Sich-dessen-bewusst-Werden angeregt werden. So geht die Bibel ja auch in vielen anderen Büchern davon aus, ein vollkommenes Leben zu führen bedeute, sich bewusst zu sein, dass man „kam, ist und gehen wird“ sowie das Sich-bewusst-Werden der Allgegenwärtigkeit Gottes. Somit sind Alpha und Omega ein Sinnbild für Vollkommenheit und Ästhetik bzw. repräsentieren etwas Ultimatives.
  • Sie repräsentieren zudem die ultimative Gültigkeit und verdeutlichen die Wichtigkeit dieser Glaubenssätze. Auch heute gebraucht man die Redewendung „Das ist das A und das O …“ noch und will damit sagen, dass etwas „das Wichtigste“ sei.
  • Gewisse Quellen behaupten auch, dass es durch die leichten Andeutungen der Vokale „A“ beim Einatmen und „o“ beim Ausatmen die wichtigste Funktion im Leben beschreibt, da das Atmen unverkennbar für Tier und Mensch das „A und O“ ist.

Heraldik

Wappen mit Alpha und Omega

Alpha und Omega im Wappen sind in der Heraldik eine Gemeine Figur und vorrangig in Wappen von Bischöfen und ähnlich geistlichen Personen anzutreffen. Die beiden griechischen Buchstaben stehen symbolisch für den Anfang und das Ende. Es gibt zwei Möglichkeiten der Darstellung in einem Wappen: entweder die Buchstaben werden einfach nur ins Schild gestellt, oder sie werden in einem aufgeschlagenem Buch gezeigt – gemäß der heraldischen Darstellung rechts das Alpha und links das Omega.

Literatur

  • Ernst Lohmeyer: A und O. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 1, Stuttgart 1950, Sp. 1–4.
  • Gerhard Kittel: ΑΩ. In: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Bd. 1, Stuttgart 1933, S. 1–3.
  • Traugott Holtz: Alpha Omega. In: Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Bd. 1, Stuttgart, 2. Auflage 1992, Sp. 155–156 (dort weitere Literatur).
  • Otfried Hofius: Das Zeugnis der Johannesoffenbarung von der Gottheit Jesu Christi. In: Geschichte – Tradition – Reflexion. FS Martin Hengel, hrsg. v. Hubert Cancik u. a. Bd. III: Frühes Christentum, hrsg. v. Hermann Lichtenberger, Tübingen 1996, S. 511–528.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Alpha und Omega – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Christliche Symbolik (1854) – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Alle alten Textzeugen bieten ἄλφα (Alpha) als Wort und ὦ (Omega) als Zeichen. Der Name ὦ μέγα (Omega) ist erst viel später entstanden und konnte zur Zeit des NT nur als Zeichen (ὦ) geschrieben werden (Kittel, S. 1, Anm. 1).
  2. Die Septuaginta gibt an keiner der genannten Stellen אַחֲרוֹן mit ἔσχατος wieder. Daher bezieht sich der Seher Johannes direkt auf den hebräischen Text, indem er ἔσχατος für אַחֲרוֹן benutzt (vgl. Kittel, S. 2).
  3. Vgl. Kittel, S. 1 Z. 17 f.
  4. Kittel, S. 1, Z. 10f. (im Original kursiv).
  5. Holtz, Sp. 156.
  6. Vgl. Lohmeyer, Sp. 2.
  7. So die Deutung und Ausführung bei Franz Dornseiff: Das Rotas-Opera-Quadrat, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 36, 1937, 222-238; Monica-Elena Herghelegiu, Siehe, er kommt mit den Wolken! Studien zur Christologie der Johannesoffenbarung, Frankfurt a.M. 2002, S. 149–151.
  8. Clemes, Stromateis 6, 141, 6; Irenäus, Adversus haereses I 14,6; I 15,1f.
  9. Otto Böcher: Die Bildwelt der Apokalypse des Johannes. In: Jahrbuch für Biblische Theologie 13, 1998, S. 96.

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