Holtzmaschine

Holtzmaschine

Influenzmaschinen sind elektrostatische Generatoren, die zur Spannungserzeugung das Prinzip der Trennung elektrischer Ladungen durch Influenz nutzen. Im Gegensatz zu elektrodynamischen Generatoren nutzen Influenzmaschinen die Kraftwirkung des elektrischen Feldes auf elektrische Ladungen.

Abb. 1: Eine Influenzmaschine in Betrieb

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der schwedische Physiker Johan Carl Wilcke beschrieb 1762 erstmals den sogenannten Elektrophor. Alessandro Volta entwickelte ihn 1775 weiter, so dass er für Experimente besser genutzt werden konnte. Der Elektrophor wird oft als erste Influenzmaschine bezeichnet, obwohl er keine kontinuierliche Spannungserzeugung erlaubte. Im Jahre 1865 mechanisierte Wilhelm Holtz die Funktionsweise des Elektrophors und baute die erste Influenzmaschine, die kontinuierlich Gleichstrom erzeugte.

Grundlegendes Prinzip der Ladungstrennung

Alle Influenzmaschinen beruhen auf dem Prinzip der Ladungsverschiebung und -trennung, indem leitfähige, meist metallische Körper im Einflussbereich elektrischer Felder bewegt werden.

Verschiebung von Elektronen durch ein benachbartes elektrisches Feld. D ist die Flächenladungsdichte

Im nebenstehenden Bild weichen die frei beweglichen Elektronen auf der rechten Kugel nach rechts aus, sobald von links eine andere negative Ladung genähert wird. Diese Ladungsverschiebung bezeichnet man als Influenz. Ermöglicht man den Elektronen durch eine vorübergehend leitfähige Verbindung, sich noch weiter nach rechts zu bewegen, verlassen sie die Metallkugel. Die positiv geladenen Metallionen, die sich nicht bewegen können – sie sind ja das Material der Kugel – bleiben an ihrem Ort. Wenn nun die leitfähige Verbindung wieder entfernt wird, fehlen der Metallkugel all diese Elektronen und sie ist positiv geladen. Falls sie isoliert montiert ist, bleibt sie positiv geladen, auch wenn die negative Ladung links wieder entfernt wird. Die abgeflossenen Elektronen haben ja keine Möglichkeit, wieder zurückzukommen. An Stelle von Kugeln werden bei der nachfolgend beschriebenen rotierenden Maschine längliche Alu-Folien verwendet, die auf einen Isolator geklebt sind.

Durch diese Schrittfolge

Annähern einer Hilfsladung – Berühren auf der abgewandten Seite – Entfernen der Hilfsladung

kann man jeden leitfähigen, isolierten Körper (entgegengesetzt) elektrisch aufladen. Die Spannungen U liegen meist im Bereich um einige Tausend Volt, die Ladungsmengen Q sind aber nur sehr gering und auf keinen Fall gefährlich. Deshalb kann das kurzzeitige Berühren auch mit dem Finger erfolgen.

Im Regelfall wird die Spannung (nicht die Ladungsmenge!) durch Energiezufuhr erhöht, indem man den Zusammenhang

Q=C\cdot U

ausnutzt, der für jede beliebige Bauart eines Kondensators gilt. Dazu wird der Abstand einer elektrisch geladenen Kugel oder eines beliebig geformten geladenen Körpers von allen anderen Gegenständen vergrößert. Im gleichen Maß, wie der Abstand größer wird, sinkt die Kapazität C und die Spannung U steigt. Man erreicht auf diese Weise durch Auseinanderziehen Spannungen über 100 kV. Höhere Spannungen sind nur schwer erreichbar, weil dann bei konstantem Isolationswiderstand die gespeicherten Ladungen in zu kurzer Zeit wieder abfließen.

In einer Influenzmaschine wird die oben genannte Schrittfolge erweitert zu

  • Verringern des Abstandes zu anderen Körpern, die geerdet oder entgegengesetzt geladen sind
  • Annähern einer Hilfsladung (kein Berühren!)
  • Berühren auf der abgewandten Seite
  • Entfernen der Hilfsladung
  • Vergrößerung des Abstandes zu anderen Körpern
  • Übertragen der Ladung auf den Ausgang

Im Regelfall wird versucht, jede schwerfällig wirkende hin- und hergehende Bewegung durch eine rotierende Anordnung zu ersetzen und gelangt auf diese Weise zum bekannten Aufbau einer Influenzmaschine mit zwei gegensinnig rotierenden Scheiben aus isolierendem Plexiglas mit aufgeklebten Metallfolien. Der Wirkungsgrad η

\eta = \frac{\text{elektrische Energie}}{\text{zugefuehrte mechanische Energie}}

liegt bei nur wenigen Prozent.

Entwicklung und Anwendung

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lieferten Influenzmaschinen dauerhaftere und gleichmäßigere Hochspannung als die zuvor verwendeten Elektrisiermaschinen, die Reibungselektrizität nutzten. Bereits einfache Maschinen können bis zu 100.000 Volt Gleichspannung erzeugen. Der Erfinder James Wimshurst konstruierte Ende des 19. Jahrhunderts Influenzmaschinen mit mehreren parallel auf einer Achse angebrachten Scheiben, die unter anderem zur Stromversorgung von Röntgenstrahl-Röhren eingesetzt wurden.

Eine ganz eigene Form der Nutzung von Influenz hat Lord Kelvin mit seinem Kelvin-Generator gefunden. In diesem so genannten Wassertropfengenerator wird die Influenzierung von Wassertropfen zur Trennung elektrischer Ladungen eingesetzt, wodurch Spannungen von bis zu 4.000 Volt erzeugt werden können.

Modernster Vertreter der Influenzmaschine sind Pelletrons, die in Teilchenbeschleunigern zum Einsatz kommen. Sie gleichen in ihrem Aufbau einem Bandgenerator, besitzen jedoch anstelle des Bandes eine isolierende Kette, an der Rohrstücke oder Kugeln befestigt sind. Pelletrons können Spannungen bis zu 32 Millionen Volt erzeugen.

Aufgrund der schwer zu verstehenden Funktionsweise der Influenzmaschinen halten sich hartnäckig Gerüchte, nach denen Effekte außerhalb der bekannten Physik für die Funktion von Influenzmaschinen verantwortlich sein sollen. Für die Funktion von Influenzmaschinen sind jedoch keine anderen als die in der Physik bekannten Gesetze nötig.

In einigen Sekten und in Parawissenschaften werden Abwandlungen von Influenzmaschinen als Basis von Antrieben für fliegende Untertassen (sogenannten „Levitationsscheiben“) oder als Overunity-Maschinen zur Energiegewinnung gezeigt.

Literatur

  • Gottlieb Christoph Bohnenberger: Beschreibung unterschiedlicher Elektrizitäts-verdoppler von einer neuen Einrichtung, nebst einer Anzahl von Versuchen über verschiedene Gegenstände der Elektrizitätslehre, etc.. Tübingen 1798. 
  • Wilhelm Holtz: Über eine neue Elektrisirmaschine.. In: Johann Poggendorff, C. G. Barth (Hrsg.): Annalen der Physik und Chemie. 126, Leipzig 1865, S. 157 - 171. 
  • Wilhelm Holtz: Über die höhere Ladung isolirender Flächen durch Seitenanziehung und die Übertragung dieses Princips auf die Construction von Influenz-maschinen.. In: Johann Poggendorff, C. G. Barth (Hrsg.): Annalen der Physik und Chemie. 130, Leipzig 1867, S. 128 - 136. 
  • Wilhelm Holtz: Zur Influenzmaschine. In: F. Poske (Hrsg.): Annalen der Physik und Chemie. Julius Springer, Berlin 1904 (siebzehnter Jahrgang, viertes Heft). 
  • O. Lehmann: Dr. J. Fricks physikalische Technik. 2, Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1909, S. 797 (Abteilung 2). 
  • F.Poske: Neue Formen von Influenzmaschinen.. In: F. Poske (Hrsg.): Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht. Julius Springer, Berlin 1893 (siebter Jahrgang, zweites Heft). 

Weblinks


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