Horwagen Marmor

Horwagen Marmor
Marxgrüner Marmor in der typischen Erscheinungsform

Marxgrüner Marmor[1][2][3] bzw. Horwagener Marmor[4] (auch Horwagen[3], Marxgrün[5], Deutsch Rot[3][6], Deutsch-Rot-Marmor[6] oder Deutsch-Rot-Kalkstein[6], Bayrisch Rot[5]) wird ein Naturwerkstein genannt, der auf Grund seines lebendigen Farbspiels sehr oft für Innenausstattungen Verwendung fand und zu den schönsten Dekorationsgesteinen Deutschlands zählt. Es handelt sich um einen Kalkstein aus dem Oberdevon[6]. Der Steinbruch ist heute ein Geotop.

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Marmor wurde in einem einzigen Steinbruch beim Ort Horwagen in Oberfranken gewonnen und im nahegelegenen Bahnhof Marxgrün auf die Eisenbahn verladen. Die Name Marxgrüner Marmor geht auf den Verladebahnhof zurück. Die Bezeichnungen als Deutsch Rot weisen auf Herkunftsland und Farbe hin, Horwagener Marmor schließlich bezieht sich auf die Lage des Steinbruchs beim Ort Horwagen, einem Ortsteil der ehemaligen Gemeinde Bobengrün, die mittlerweile zusammen mit Horwagen nach Bad Steben eingemeindet ist.

Abbau

Die Anfänge des Abbaus können nicht genau benannt werden. Mit großer Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass im frühen 19. Jahrhundert ein Werksteinbruch bestand. Eine frühe Erwähnung findet sich 1833 bei Wolfram[7], der Marmorabbau bei Steben nennt. Der Steinbruch Horwagen liegt rund drei Kilometer südlich des früheren Bergbauortes und heutigen Kurortes Bad Steben.

Ab 1887 bestand ein Bahnanschluss unweit der Gewinnungsstätte.[8] Dadurch konnten die Rohblöcke relativ kostengünstig zur weiteren Verarbeitung abtransportiert werden. Viele andere deutsche Vorkommen erlitten gegenüber ausländischen Sorten Wettbewerbsnachteile, da sie über keinen nahegelegenen Eisenbahnanschluss verfügten.

Bereits in den 1920er Jahren ist der Abbau mit einer Helikoidalsäge (spezielle Seilsäge) belegt, was auf eine schonende und qualitätsbewusste Gewinnung schließen lässt. Die traditionelle Weiterverarbeitung der gewonnenen Rohblöcke geschah über längere Zeit in Bad Aibling. Der Steinbruchsbetrieb wurde in den frühen 1990er Jahren eingestellt.

Geologie, Gesteinsbeschreibung und Nutzung

Zahlreiche Kalklinsen im Thüringer Schiefergebirge und dem südlich anschließenden Frankenwald waren in den vergangenen Jahrhunderten die Quellen für den regional benötigten Baukalk. Auf dieser Grundlage entwickelte sich bei Eignung der Lagerstätte oft eine Werksteingewinnung. Weil diese Kalksteinvorkommen linsenförmig vom Umgebungsgestein eingeschlossen werden, verfügen sie meist nur über sehr begrenzte Vorräte. Die Lagerstätte des Marxgrüner Marmors ist etwa 60 Meter mächtig.

Bereits in älterer Literatur wird diese Art von Kalkstein als Flaserkalk bezeichnet. Die eingeregelten Tonmineralien erzeugen die Flaserstruktur. Die linsenförmige Kalklagerstätte ist von farbigen Tonschiefern eingeschlossen. In den Kontaktzonen geht der Kalkstein in eine schiefrige Struktur über. Im Steinbruch folgte man im Abbau den auf 66 ° nach Süden einfallenden Kalkschichten. Nach dem Lösen der Rohblöcke vom Fels hob ein drehbarer Kran sie heraus.

Variationen des Marxgrüner Marmors (Auswahl)

Dieser Werkstein besitzt in seiner typischen Ausprägung eine helle fleischrote Farbe und wird von dünnen grünen Adern durchzogen. Diese Äderung ist eine Folge von Chloriteinlagerungen und häutchenartig verteilten Tonmineralien sowie Tuffitanteilen. Ferner kreuzen helle Calcitadern die Textur und bereichern das ästhetische Bild dieses Steins. Manche Bereiche der Lagerstätte zeigen eine ausgeprägte trümmerhafte Brekzienstruktur, wodurch das Gesamtbild dieses Dekorationsgesteins sehr lebendig erscheint. Die eingelagerten Tonhäutchen erzeugen die typischen Schwachstellen und an ihnen entlang neigt der Stein zum Bruch. Trotzdem ist Marxgrüner Marmor im 19. und 20. Jahrhundert umfassend für exklusive Innenausstattungen eingesetzt worden. Typische Anwendungen sind Wandverkleidungen, Bodenbeläge, Möbelplatten, Einlegearbeiten oder künstlerische und bauliche Massivteile in der Innenarchitektur. Ferner kommen kunsthandwerkliche Objekte mit Gebrauchseigenschaften vor, beispielsweise Uhrengehäuse und Sockel aller Art.

Zu dem bereits seit älteren Zeiten eingeführten Namen Marxgrüner Marmor traten im 20. Jahrhundert die Bezeichnungen Deutsch Rot oder Bayerisch Rot. In der gewerblichen Praxis wurden Farbsortierungen mit dem Zusatz Rot, Rosa, Rot-Grün, Flammig und Dunkel versehen. Die Handelsbezeichnung Deutsch-Grün (auch Bayerisch Grün) tritt bei diesem Werkstein und einer anderen bayerischen Naturwerksteinsorte auf.

Anwendungsbeispiele

Der Sockel des Helmholtz-Denkmals in Berlin ist aus Marxgrüner Marmor und die Statue aus Laaser Marmor
  • Humboldt-Universität in Berlin (Ehrenhof: Sockel des Hermann-von-Helmholtz-Denkmals)
  • Neues Rathaus in Kassel
  • Kunstmuseum in Kiel
  • Glyptothek in München (Fußboden, in den Sternelementen des Heroensaals), erbaut 1816 bis 1830[9]
  • Paulskirche in München (Georgsaltar und Taufstein)
  • zahlreiche Münchner Wohngebäude mit repräsentativen Charakter (oft Täfelungen in Hauseingängen)
  • Walhalla bei Regensburg (obere Wandfelder in der Ehrenhalle)
  • Neue Hofburg in Wien (Festsaal und seine Galerien: Pfeilersockel, Säulensockel)

Außerdem wurde der Marxgrüner Marmor nach Belgien, Großbritannien und Übersee exportiert.

Siehe auch

  • Saalburger Marmor, geologisch verwandte und als Werkstein genutzte Kalksteinvorkommen, etwa 20 Kilometer vom fränkischen Abbaugebiet entfernt

Literatur

  • J. H. Schroeder (Hrsg.): Naturwerksteine in Architektur und Baugeschichte von Berlin. 2. Auflage, Berlin (Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V.) 2006 ISBN 978-3-928651-12-7
  • C. Gäbert / A. Steuer / Karl Weiss: Die nutzbaren Gesteinsvorkommen Deutschlands. Berlin (Union Dt. Verl.-ges.) 1915
  • Arndt / Henrich / Laubmann et.al.: Die nutzbaren Mineralien, Gesteine und Erden Bayerns. I. Bd. Frankenwald, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald. München (Oldenbourg und Piloty&Loehle) 1924
  • Friedrich Müller: Bayerns steinreiche Ecke. Hof (Ackermann Verlag) 1990

Weblinks

Einzelnachweise

  1. C. Gäbert / A. Steuer / Karl Weiss, 1915, S. 306
  2. Arndt / Henrich / Laubmann et.al., 1924, S. 138
  3. a b c Friedrich Müller, 1990, S. 83
  4. http://www.lfu.bayern.de/geologie/fachinformationen/geotope_schoensten/oberfranken/14/index.htm
  5. a b A. Herbeck: Der Marmor. München (Callwey) 1953, S. 90
  6. a b c d Wolf-Dieter Grimm: Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Lipp-Verlag, München 1990, Gesteins Nr. 147 Deutsch-Rot-Kalkstein
  7. Wolfram, Ludwig Friedrich: Vollständiges Lehrbuch der gesammten Baukunst; Erster Band: Lehre von den natürlichen Baustoffen, Erste Abtheilung. Von den natürlichen Baustoffen; Stuttgart (Carl Hoffmann), Wien (Carl Gerold’sche Buchhandlung) 1833, S. 59
  8. Bernhard Kosmann: Die Marmorarten des Deutschen Reichs. Berlin (Verl. Leonhard Simion) 1888, S. 56
  9. Otto M. Reis:Die Gesteine der Münchner Bauten und Denkmäler. München (Ges. f. Bay. Landeskunde)1935, S. 159

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