Saalburger Marmor

Saalburger Marmor
Saalburger Marmor, Sorte Altrot Muster ca. 24 x 14 cm

Saalburger Marmor ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe thüringisch-vogtländischer Naturwerksteine. Im petrographischen Sinne sind die meisten von ihnen keine Marmore, sondern Kalksteine aus der Gegend in und um die Gemeinde Saalburg-Ebersdorf sowie dem Landkreis Greiz in Thüringen. Bekannt sind einzelne Gesteinsvorkommen seit 1743, die technisierte Gewinnung und Verarbeitung von Natursteinen in der Region Saalburg begann im Jahre 1886. Diese Gesteine gibt es in unterschiedlichen Farbtönen und haben eine deutsche Tradition; schrieben und schreiben Architekturgeschichte. Insbesondere die Verwendung dieser Kalksteine und der Verbleib derselben aus der Neuen Reichskanzlei Hitlers gab und gibt weiterhin Anlass für Gerüchte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Saalburger Marmorwerke

Die Säulen an der Fassade des Berliner Doms bestehen aus Saalburger Marmor

Im Jahre 1743 wird der Saalburger Marmor vom Archivar Johann Gottfried Büchner als De Mamibus in Voigtlandia zitiert. Im Jahre 1886 pachtete der Bauunternehmer Magnus Rödel mit dem Baumeister Christian Heidecke den Schieferbruch Franzenberg bei Grumbach in der Nähe von Wurzbach. Heidecke wurde auf den Kalksteinbruch an der sogenannten Schafbrücke unterhalb der Bärenmühle bei Wurzbach aufmerksam und pachtete diesen am 1. Januar 1887. Beide kauften 1888 die sogenannte Herrenmühle und bauten diese zu den Saalburger Marmorwerken aus. Es wurden Gattersägen, Steinschleifmaschinen und Steinsägen gekauft und 1890 wurde die Maschinenhalle fertiggestellt. In diesen Werkstätten entstanden beispielsweise die einen Meter dicken Säulen des Berliner Doms. 1889 hatte das Werk 70 Arbeiter und ein Jahr später 80. Vor dem Ersten Weltkrieg erhielten die Saalburger den Auftrag für Säulen für den Kaiserpalast in Peking. Die Steinladung nach Peking ging nach dem Kriegsbeginn auf dem Seeweg verloren und zehn hohe Säulen blieben in den Werkstätten liegen. Nach dem Krieg führten die Baumeister Heidecke und der Ministerialrat Johannes Grube und der Bremer Fritz Kaye die Firma weiter, ab 1925 Heidecke alleine. Im Frühjahr 1931 führte Heidecke mit Josef Hauser die Saalburger Marmorwerke gemeinsam. Die Stadt Saalburg erhielt einen Eisenbahnanschluss und das Werk siedelte nach Saalburg um, da das Unternehmen von der Stadt einen kostenlosen Bauplatz mit Bahnanschluss zur Verfügung gestellt bekam.

Josef Hauser übernahm nach dem Tod durch Ertrinken von Georg Heidecke im Jahre 1932 in der Bleilochtalsperre die Anteile der Heideck'schen Erben und führte den Betrieb alleine weiter. Diese schicksalhafte Wendung hatte für das Saalburger Marmorwerk große Bedeutung, denn Hauser war ein überzeugter Nationalsozialist und suchte die Nähe führender Nazis wie Adolf Hitler und Fritz Sauckel. Hauser gründete in seinem Betrieb eine sogenannte Werkschar, die sich in Uniform anlässlich der 50-Jahr-Feier in der Festschrift unter einer Standarte mit Hakenkreuz präsentierte. Das Personal wird durch ihn zur Gefolgschaft bzw. zu Gefolgschaftsmitgliedern und der Parteigenosse Hauser zum Betriebsführer.[1] Hauser ließ sich in der 50-Jahre-Broschüre mit dem Parteiabzeichen der NSDAP am Revers abbilden, in der auch ein Vorwort von Fritz Sauckel samt dessen Porträt abgedruckt ist.

Neue Reichskanzlei

Besonders bekannt waren die Einbauten von Saalburger Marmor im Speisesaal und in den weiteren Anbauten der Neuen Reichskanzlei in Berlin:

„Der Führer selbst hatte für diese 12 wuchtigen Säulen von über sechs Meter Höhe, 16 Wandlisenen und 4 Ecklisenen, die für den Speisesaal der Reichskanzlei bestimmt waren, im Deutschen Museum in München Buntrosa-ruhig ausgewählt. Die Arbeiten begannen im Gottschall-Bruch. […] Die Arbeiten wurden zur gesetzten Frist abgeliefert und fanden die Anerkennung des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler. Josef Hauser stand vor dem Führer im Speisesaal und durfte diese Anerkennung entgegennehmen.“[2]

Der Verbleib der Säulen und der massiven Einbauten der Neuen Reichskanzlei blieb nach dem Krieg ungeklärt. Nach 1945 wurde in der DDR für repräsentative Bauten Saalburger Marmor verbaut. Daher entstanden zahlreiche Gerüchte über die Wiederverwendung des Materials aus der Neuen Reichskanzlei. Diese Vermutungen betreffen das Foyer der Humboldt-Universität, den U-Bahnhof Mohrenstraße und die sowjetischen Ehrenmale (Treptower Park, Tiergarten und Schönholzer Heide) in Berlin. Nach einer genauen petrographischen Untersuchung der dort verarbeiteten Steinmaterialien haben diese Gerüchte keinen Bestand.[3]

Nach 1945

Fußboden aus verschiedenen Sorten, um 1960-61

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma als VEB Saalburger Marmorwerke weiter betrieben. Nach der Wende gründete sich im November 1991 die Saalburger Marmorwerke GmbH als Verarbeiter von Naturstein und die TNW Natursteinwerke GmbH und Co. KG als Rohstofflieferant. Die TNW Natursteinwerke produziert heute vorrangig Brechprodukte fur den Straßenbau.

Ausgewählte genutzte Gesteinsvorkommen

Den Kalkstein gab es mit mehreren Handelsnamen und aus unterschiedlichen Steinbrüchen des Thüringer Schiefergebirges und angrenzenden Teilen des Thüringischen Vogtlands:

  • bei Tegau im Vogelsberg-Steinbruch (ab 1907) und Gottschall-Steinbruch (ab 1897): Saalburg Altrot (Farbe tiefdunkelrot). Saalburg Buntrosa-ruhig (Gottschall-Steinbruch) und Saalburg Buntrosa lebhaft, ferner Saalburg Edelgrau-Forelle
  • im Steinbruch Kapfenberg bei Pahren: Kapfenberg (dunkel- bis schwarzgrau)
  • im Steinbruch Tanna: Saalburg Königsrot (Farbe dunkelrot bis violettrot mit weißen oder rötlich gefärbten Calcitadern.
  • im Steinbruch von Rothenacker: Saalburg Violett, lebhaft strukturiert
  • im Steinbruch des Pößnigstales (heute in der Bleilochtalsperre): Saalburg Meergrün und Saalburg Schwarz

Heute findet lediglich in einzelnen Steinbrüchen Materialabbau statt.

Bauwerke und Werksteinarbeiten

Fassadenelemente des Hotel Elephant in Weimar bestehen aus Saalburger Marmor
  • Säulen für den Kaiserpalast in Peking
  • Säulen und zahlreiche weitere Interieurteile für den Berliner Dom
  • Sarkophag für die Herzogin von Mecklenburg
  • Regierungsgebäude von Havanna
  • Kriegerdenkmal in Surrey (England) für gefallene Amerikaner
  • Kassensaal im Reichsbankneubau in Dresden
  • Innenräume von den Gebäuden (Ladengeschäfte, Treppenhäuser) der Nachkriegs-Altmarktbebauung und angrenzender Strassenzüge in Dresden
  • Dresdner Zwinger, Fußböden (teilweise durch neuzeitliche Sanierungen entfernt)
  • Festsaal der ehemaligen Militärakademie in Dresden
  • Massivsäulen im Kirchenschiff der Lukaskirche von Dresden
  • TU Chemnitz (Foyer im Anbau aus den 1960er Jahren an der Straße der Nationen) in Chemnitz
  • Palast-Lichtspiele in Zwickau
  • Fußboden und Treppen im Verwaltungsgebäude der NSDAP in München
  • Fußboden und Treppen im Führerbau in München
  • Fußboden und Treppen im Haus der Deutschen Kunst in München
  • Mosaikboden in der Schwimmhalle auf dem Reichssportfeld in Berlin
  • Mosaikboden und Fußboden für die Schwimmhalle der Leibstandarte Hitlers
  • Massiver Handlauf im Gebäude der Städtischen Feuersozietät Berlin
  • Werksteinarbeiten für das Rathaus Magdeburg
  • Werksteinarbeiten für das Hotel Elephant, Weimar
  • Werksteinarbeiten für den Speisesaal und Anbau der Neuen Reichskanzlei in der Voßstraße in Berlin
  • Fußboden im Foyer der Deutschen Staatsoper Berlin (darunter der Original Grüne Saalburger Marmor)

Siehe auch

  • Marxgrüner Marmor, geologisch verwandtes und als Werkstein genutztes Kalksteinvorkommen, etwa 20 Kilometer vom thüringischen Abbaugebiet entfernt

Literatur

  • 50 Jahre Arbeit, Saalburger Marmorwerke, 1888 - 1938. Am Tag des 50jährigen Bestehens, Kupp, Reichenstein & Helmrich, Schleiz o.J. (1938).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Saalburger Marmorwerke, S. 4, siehe Lit.
  2. Saalburger Marmorwerke, S. 22, siehe Lit.
  3. Hans-Ernst Mittig: Marmor der Reichskanzlei. In: Dieter Bingen, Hans-Martin Hinz (Hrsg.): Die Schleifung, Zerstörung und Wiederaufbau historischer Bauten in Deutschland und Polen. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05096-9.

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