Informationsbyrån

Informationsbyrån

Informationsbyrån (IB) war ein schwedischer Geheimdienst, der unter der Leitung des schwedischen Verteidigungsministeriums von 1965 bis 1978 tätig war. Seine Aufgabe bestand im Sammeln von Informationen über Personen, die von den Beteiligten als Kommunisten oder als sonstiges Sicherheitsrisiko für den schwedischen Staat eingestuft wurden. Als 1973 die Journalisten Jan Guillou und Peter Bratt die Öffentlichkeit über das Vorhandensein des Geheimdienstes informierten, führte das zu einem Skandal, der den Namen IB-Affäre erhielt. Ein ausführlicher Bericht über die Aktivitäten des IB wurde erst 2002 herausgegeben.

Einrichtung des Geheimdienstes

Schon als 1936 der schwedische Verteidigungsstab gebildet wurde, entstand eine Abteilung, die die Aufgabe hatte, Material zu sammeln, das für die Sicherheit Schwedens von Interesse war. In den 1950er Jahren war die schwedische Armee immer mehr daran interessiert, Personen zu identifizieren, die ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten. Des Weiteren gab es von den USA die Vorgabe, die importierte amerikanische Waffentechnologie zu schützen, so dass diese nicht in Hände von Personen gelangt, die sie an die Sowjetunion weiterleiten würden.

In weiten Teilen der schwedischen Armee war man unzufrieden mit dem Sicherheitsdienst der Polizei (SÄPO) und dessen Herangehensweise an die Beurteilung von Personen, die aus ihrer Sicht ein Sicherheitsrisiko sein könnten. In diesen Armeekreisen bestand die Auffassung, dass eine Organisation gebraucht würde, die Personen ausforscht, welche möglicherweise Sympathien für die Sowjetunion hegten.

In der gleichen Zeit gab es einen politischen Kampf zwischen den schwedischen Sozialdemokraten und der Kommunistischen Partei Schwedens um den Einfluss auf die Gewerkschaften. Die Sozialdemokraten richteten deswegen in den größeren Betrieben Betriebsgruppen ein. Um das Wissen dieser Gruppen zu nutzen, wurde ein Abkommen zwischen dem Verteidigungsstab und hohen Vertretern der sozialdemokratischen Partei geschlossen. Der Verteidigungsstab sollte selbst Kontakt zu mitarbeitswilligen Personen aufnehmen und diese in einer neuen Abteilung führen. Diese Abteilung entstand 1957 und wurde 1965 mit einer armeeeigenen Abteilung zum Informationsbyrån oder kurz IB fusioniert.

Neben der Beschaffung von Informationen arbeitete der Geheimdienst auch am Aufbau einer Organisation, die im Fall einer militärischen Besetzung Schwedens den bewaffneten Widerstand leisten sollte. Der Geheimdienst war auch im Ausland tätig und unterhielt unter anderem Kontakt zu anderen Geheimdiensten, wie der CIA und dem israelischen Schin Bet. 1969 verabschiedete das schwedische Parlament ein Gesetz, in dem eine Registrierung einer Person allein aufgrund ihrer politischen Einstellung durch den Sicherheitsdienst SÄPO ausgeschlossen wurde. IB fühlte sich an dieses neue Gesetz nicht gebunden und setzte seine Tätigkeit fort, ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon erfuhr.

In der Leitung von SÄPO hingegen wusste man Bescheid, was zu einem starken Misstrauen zwischen den beiden Organisationen führte. Später erhielt SÄPO die Erlaubnis, zwei seiner Mitarbeiter beim Verteidigungsstab unterzubringen. So hatte SÄPO einen besseren Einblick in die Tätigkeit des Geheimdienstes. Später stellte sich aber heraus, dass einer dieser Polizisten ein sowjetischer Spion war, den man daraufhin verhaftete.

Aufdeckung

Am 3. Mai 1973 berichteten die Journalisten Jan Guillou und Peter Bratt in der Zeitung Folket i Bild/Kulturfront entscheidende Details über IB. Ihre Veröffentlichungen beinhalteten:

  • dass es einen vorher unbekannten Geheimdienst in Schweden gab
  • dass auch das schwedische Parlament nichts über dessen Existenz wusste
  • dass IB linkspolitische Personen aufgrund ihrer Einstellung registrierte
  • dass IB auch im Ausland tätig war
  • dass IB für einen Einbruch in der ägyptischen Botschaft in Stockholm verantwortlich war
  • dass IB mit dem israelischen Geheimdienst Schin Bet und der amerikanischen CIA zusammenarbeitete.

Der damals amtierende Verteidigungsminister Sven Andersson stritt zunächst alle Anschuldigungen ab. In der folgenden Ausgabe von Folket i Bild berichtete ein Mann, er habe sich im Auftrag von IB bei der schwedischen Sympathiebewegung für den vietnamesischen Vietcong eingeschleust und dabei auch ein Guerillalager in Jordanien besucht. Seine Berichte seien an den israelischen Geheimdienst Schin Bet weitergegeben worden, was zur Bombardierung von Zielen in Jordanien geführt habe. In der gleichen Ausgabe erschien ein Interview mit einem Kapitän, der IB über die Sicherungsmaßnahmen des Hafens von Alexandria informierte.

Später veröffentlichte Folket i Bild Informationen von Håkan Isacsson, einem ehemaligen Angestellten von IB. Dieser behauptete, er sei an Einbrüchen bei links gerichteten Organisationen beteiligt gewesen. Das Verteidigungsministerium bestätigte die wichtigsten Behauptungen. Für die Journalisten Jan Guillou und Peter Bratt sowie ihren Informanten Håkan Isacsson hatte die Veröffentlichung eine Anklage wegen Spionage zur Folge. Sie wurden im Januar 1974 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, doch für Jan Guillou wurde die Strafe wenig später auf zehn Monate verkürzt.

Im November 1973 widersprach Olof Palme allen Behauptungen über Kontakte zwischen IB und der sozialdemokratischen Partei Schwedens. Der frühere SÄPO-Chef Per Gunnar Vinge behauptete aber in seinen Memoiren, es habe regelmäßige Kontakte zwischen dem Leiter von IB, Birger Elmér, und Olof Palme gegeben und IB habe kontinuierlich Berichte an den zuständigen Verteidigungsminister geschrieben, der gleichzeitig sozialdemokratischer Parteisekretär war. Per Gunnar Vinge wurde 1970 als SÄPO-Chef gefeuert, als er beharrlich ohne den geringsten Anhaltspunkt 1969 gegenüber dem Landeshauptmann Ragnar Lassinantti seinem Verdacht äußerte, Olof Palme sei KGB-Agent.

Es gab 1974 Anhaltspunkte dafür, dass IB ein großes Agentennetzwerk in Finnland führte, zu dem auch der finnische Außenminister Väinö Leskinen gehörte. Dessen wichtigster Zweck war die Beschaffung von Informationen über die Sowjetunion. IB unterhielt keine Kontakte zur finnischen Sicherheitspolizei, weil angenommen wurde, sie sei durch sowjetische Agenten infiltriert.

Nach diesen Veröffentlichungen setzte der Geheimdienst seine Tätigkeit in geringerem Umfang fort, bis er 1978 endgültig aufgelöst wurde.

Sicherheitsdienstkommission 1999-2002

Die schwedische Justizbehörde setzte 1999 eine Sicherheitsdienstkommission ein, die auch die Tätigkeit vom IB genauer untersuchte. Nach fast drei Jahren Forschung wurde der Bericht, der mit allen Anhängen über 3.000 Seiten lang war, veröffentlicht. In Zeitungen und Kommentaren fand der Bericht ein starkes Medienecho.


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Informationsbyrån — (Information Office, IB) was a secret Swedish intelligence agency within the Swedish Armed Forces. Its main purpose was to gather information about communists and other individuals who were perceived to be a threat to the nation. The exposure of… …   Wikipedia

  • Informationsbyrå — Informationsbyrån (IB) war ein schwedischer Geheimdienst, der unter der Leitung des schwedischen Verteidigungsministeriums von 1965 bis 1978 tätig war. Seine Aufgabe bestand im Sammeln von Informationen über Personen, die von den Beteiligten als… …   Deutsch Wikipedia

  • Jan Guillou — Infobox Writer name = Jan Oscar Sverre Lucien Henri Guillou imagesize = caption = Jan Guillou at the Göteborg Book Fair in 2005. pseudonym = birthdate = birth date and age|1944|1|17|df=y birthplace = Södertälje, Sweden deathdate = deathplac… …   Wikipedia

  • Folket i Bild/Kulturfront — is a Swedish magazine for reports, art, literature, debate and culture. It s published by the organization of the same name. Purpose The stated aims of the magazine are: # To work for the improvement in the culture of the people # To work for… …   Wikipedia

  • List of defunct intelligence agencies — This is a list of intelligence agencies which no longer exist. Agencies by countryAfghanistan*Khedamat e Etelea at e Dawlati (KHAD)Albania*Drejtorija e Sigurimit të Shtetit (Sigurimi) (Directorate of State Security)Argentina*Batallón de… …   Wikipedia

  • Stay-behind — In a stay behind operation, a country places secret operatives or organisations in its own territory, for use in the event that the territory is overrun by an enemy. If this occurs, the operatives would then form the basis of a resistance… …   Wikipedia

  • Office for Special Assignments — (in Swedish: Kontoret för Särskild Inhämtning , or KSI) is a part of the Swedish Military Intelligence and Security Service and also one of the most covert parts of the Swedish Armed Forces. Former names of the Office include Informationsbyrån… …   Wikipedia

  • History of Sweden (1945–1989) — This article covers the History of Sweden from the end of World War II to the late 1980s.OverviewSweden emerged unharmed by World War II. The Swedish non alignment policy officially remained Sweden rejected NATO membership but joined the United… …   Wikipedia

  • IB — or ib may stand forPlaces*Ib (train station), a station in the Indian Railways system *Imperial Beach, California, located in the extreme southwestern corner of the United StatesCompanies and Organizations*Iberia Airlines, the IATA airline… …   Wikipedia

  • Peter Bratt — (born 29 April 1944) is a Swedish journalist. For many years he worked for the national Swedish newspaper Dagens Nyheter until he stopped there in 2003. Through he career he has written many critical texts on the Swedish Social Democratic Party.… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”