Interkontinentales Derby

Interkontinentales Derby
Galatasaray SK Fenerbahçe SK

Als Interkontinentales Derby (tr. Kıtalar Arası Derbi) werden in der Türkei die Begegnungen im Fußball zwischen den beiden erfolgreichsten und beliebtesten[1] [2] Sportvereinen der Türkei Galatasaray und Fenerbahçe bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Begriffserläuterung

Der Begriff leitet sich unter anderem von der Tatsache ab, dass sich die Gründungszentren der beiden Istanbuler Vereine auf den verschiedenen Seiten des Bosporus befinden. Außerdem betreibt Galatasaray seine Anlagen bis auf wenige Ausnahmen auf der europäischen Seite; so befindet sich z. B. die Türk Telekom Arena im europäischen Stadtteil Seyrantepe. Die Anlagen von Fenerbahçe hingegen sind auf der asiatischen Seite zu finden. Die Heimspiele trägt der Verein im Şükrü-Saracoğlu-Stadion im Stadtteil Kadıköy aus.

Hintergründe

Die ersten Logos bis 1927 Die ersten Logos bis 1927

Im Gegensatz zu anderen bekannten Derbys sind hier für den oft aggressiv geführten Wettstreit, abgesehen von der Lokalrivalität, keine ausschlaggebenden Gründe bekannt. Von 1911 bis 1934 bestritten die Vereine ihre Begegnungen gegen ausländische Teams sogar mit einer gemeinsamen Auswahl. Für diese Begegnungen wurden Trikots mit den Farben beider Mannschaften entworfen. In diesen Jahren war die Fusion beider Vereine nicht selten ein Thema, so verfassten die damaligen Vereinspräsidenten Ali Sami Yen (Galatasaray) und Hulusi Hüsnü Kayacan (Fenerbahçe) sogar schon die Statuten für den neuen Sportverein. Dieser Plan wurde jedoch immer wieder aufgeschoben, um ab dem 23. Februar 1934 vollständig verworfen zu werden. Denn an diesem Tag kam es während des Derbys zu einer Schlägerei zwischen den Spielern. Die hitzige Stimmung übertrug sich rasch auf die Tribünen und so wurde eine Massenschlägerei unter den Anhängern beider Teams ausgelöst.[3] In Erinnerung an dieses Ereignis wurden die folgenden Begegnungen mit großer Spannung erwartet und ausgetragen. Mit zunehmender Beliebtheit des Fußballs in der Türkei und der Vereine stieg auch die Brisanz des Derbys. Fans beider Teams behaupten, Anhänger des größten Vereins der Türkei zu sein. Während Fenerbahçe seinem Gegner in den Duellen öfter überlegen ist, kann Galatasaray mehr nationale und internationale Titel, sowie den größeren Bekanntheitsgrad außerhalb der Türkei vorweisen.

Fans

In den Anfangsjahren bildete sich die Anhängerschaft von Galatasaray, beeinflusst durch die Gründungsgeschichte, meist aus dem Bildungsbürgertum und der Mittelschicht der Stadt, wohingegen Fenerbahçe vermehrt die Arbeiterklasse ansprach.[4] Heutzutage ist jedoch eine soziale Zuordnung nicht möglich, da in allen Bevölkerungsteilen und -schichten Anhänger beider Vereine anzutreffen sind. Fenerbahçe ist heute durch die Unterstützung erfolgreicher Geschäftsleute der finanziell stärkere Verein.[5] Laut mehrerer repräsentativer Umfragen sind sie außerdem bei Bürgern mit mehr als 1500,- YTL Monatseinkommen am beliebtesten[6](zum Vergleich: Durchschnittslohn/Monat 2005 = 1190 YTL[7]).

Statistiken

Spielstatistik

Im direkten Vergleich sticht die Überlegenheit Fenerbahçes in den direkten Duellen innerhalb der nationalen Wettbewerbe hervor. Die beiden Vereine trafen bisher insgesamt 361 Mal aufeinander, wobei die “Blau-Gelben” 136 Spiele für sich entscheiden konnten. Galatasaray ging 116 Mal als Sieger vom Platz, und 109 Mal endeten die Begegnungen unentschieden. Auf die 503 Treffer von Fenerbahçe antwortete Galatasaray mit 461 Toren (Stand: 13. November 2008). Das allererste Derby konnte Galatasaray am 17. Januar 1909 auf dem Gelände des heutigen Şükrü-Saracoğlu-Stadions mit 2:0 für sich entscheiden.[8] Erwähnenswert ist, dass Fenerbahce seit der Saison 2000/2001, jedes Ligaspiel zuhause gegen Galatasaray gewinnen konnte bis 2010/11 (0:0), also, 10 Spiele am Stück.[9]

Höchste Siege

Den bisher höchsten Sieg konnte Galatasaray mit 7:0 am 12. Februar 1911 davontragen. Kurios dabei ist, dass Galatasaray nur mit sieben Mann auf dem Feld stand, da es wegen schlechten Wetters Anreiseprobleme gab.


Andere hohe Siege mit fünf Toren Differenz (oder mehr):

Datum Wettbewerb Ergebnis (G.Saray–F.Bahçe)
12. Februar 1911 Istanbul Liga 7:0
4. Mai 1913 Vorbereitung 6:0
1. Oktober 1914 Vorbereitung 6:1
23. Februar 1936 Istanbul Liga 1:6
15. März 1942 Istanbul Pokal 5:0
18. Dezember 1960 Süper Lig 5:0
12. Dezember 1976 Privat Turnier 1:6
16. August 1980 TSYD 0:5
6. November 2002 Süper Lig 0:6
11. Mai 2005 Türkischer Pokal 5:1

Erfolgreichste Torschützen

Name Team Tore
Zeki Rıza Sporel Fenerbahçe 27
Alaattin Baydar Fenerbahçe 24
Lefter Küçükandonyadis Fenerbahçe 20
Metin Oktay Galatasaray 19
Hakan Şükür Galatasaray 14
Tanju Çolak Galatasaray 14
Tanju Çolak Fenerbahçe 8

Sicherheitsvorkehrungen

Mit der zunehmenden Brisanz des Derbys und der Organisation der Fangruppen stieg auch die Gewaltbereitschaft vieler Anhänger. Die Spiele werden unter größten Sicherheitsvorkehrungen ausgetragen. Über 4.000 Polizeibeamte und Ordner werden bei den Begegnungen in den und um die Stadien eingesetzt.[10] In bestimmten Anlaufstellen größerer Fangruppen, wie z. B. Bahnhöfen und Fähranlegestellen, gibt es ausgedehnte Polizeikontrollen. Es wird streng darauf geachtet, dass die Fans während ihrer Anreise zum Austragungsort nicht aufeinandertreffen. So werden z. B. die Fans der Gastmannschaft mit Polizeibussen zum Stadion gefahren. Personen, die keine gültige Eintrittskarte für das Spiel besitzen und vorzeigen können, werden nicht einmal in das Umfeld des Stadions gelassen.[11] Eine Zeit lang war es den Gästefans verboten, Derbys im Stadion des Gegners zu besuchen.

Gewalt außerhalb des Stadions

Obwohl man das Aufeinandertreffen der Fans beider Teams durch strenge Kontrollen zu vermeiden versucht, gelingt es immer wieder einigen Gruppen, die Sicherheitskontrollen zu überwinden, um größere Anlaufstellen gegnerischer Zuschauer zu stürmen. Diese Provokationsversuche enden nicht selten in gewalttätigen Auseinandersetzungen. Bedingt durch das unvorhersehbare und plötzliche Erscheinen dieser Gruppen sind die daraus folgenden Konflikte durch die Sicherheitskräfte sehr schwer in den Griff zu bekommen. So kommt es bereits im Vorfeld der Begegnung zu Verletzungen und Verhaftungen. Häufig fallen auch Journalisten den Ausschreitungen zum Opfer. Die Sicherheitsvorkehrungen bestehen auch nach dem Spiel noch, da dann die Stimmung, je nach Ergebnis, oft gereizter ist als vor der Begegnung, und es wird dafür gesorgt, dass die Gästezuschauer unversehrt sowohl das Stadion, als auch den Stadtteil verlassen können.

Gewalt innerhalb des Stadions

Nicht selten werden die sanitären Einrichtungen im Stadion durch Gästezuschauer beschädigt.[12] Nachdem es fast zur Tradition geworden ist, dass sich die gegnerischen Fans mit bengalischen Feuern, Sitzschalen und anderen Gegenständen bewerfen, wird der Gästeblock in den Stadien mit Sicherheitsnetzen umhüllt. Die Vereine werden nach einem Derby regelmäßig durch den Verband bestraft, da die Vereinsvorstände derartige Ausschreitungen nie wirklich verhindern können. Die Strafen variieren, je nach Vergehen, von Geldstrafen bis zu Stadionsperren. Der wohl mit Abstand schlimmste Vorfall ereignete sich beim Derby am 19. Mai 2007 im Ali-Sami-Yen-Stadion. Nachdem sich die Anhänger von Galatasaray zunächst eine Schlacht mit der Polizei geliefert hatten, warfen sie während des gesamten Spiels bengalische Feuer, Plastikflaschen, Münzen und Sitzschalen aufs Spielfeld. Die Partie musste zwei Mal unterbrochen werden. Gegen Ende der Begegnung wurden in einigen Tribünenblöcken die Sitze angezündet. Nach dem Spiel waren nahezu alle Sitzschalen im Stadion beschädigt. Galatasaray erhielt für diesen Vorfall eine Stadionsperre von fünf Heimspielen.[13]

Gewalt an Spielern und Trainern

Die Spieler und der Trainerstab der Gästemannschaft bekommen diese Rivalität ebenfalls oft durch Beleidigungen und Wurfgeschosse zu spüren. Auch sie kennen die Atmosphäre dieser Begegnungen und unterlassen zum größten Teil provozierende Gesten. Graeme Souness jedoch unterschätzte im Pokalfinale am 24. April 1996 die Brisanz des Derbys und platzierte in der Euphorie über den Pokalsieg kurzerhand eine riesige Galatasaray-Fahne inmitten des Spielfelds. Die Fenerbahçe Fans gerieten daraufhin derart in Aufruhr, dass es Souness nur unter Polizeischutz möglich war das Stadion zu verlassen.[14] Höhepunkte erreichten diese Gewalttaten bei den Derbys der Saison 2006/07. Bei der Begegnung am 3. Dezember 2006 im Sükrü Saracoglu-Stadion von Fenerbahce fielen die Spieler von Galatasaray, besonders Ümit Karan und Faryd Mondragon sowie der Trainer der Gelb-Roten Eric Gerets den Aggressionen zum Opfer. Ümit Karan und Eric Gerets erlitten durch Wurfgeschosse tiefe Wunden am Kopf. Der Torhüter Faryd Mondragon wurde sogar durch eine Schallbombe für mehrere Minuten außer Gefecht gesetzt, setzte das Spiel aber fort.[15] Er beschwerte sich nach dem Spiel noch über Gehörprobleme.[16] Beim Rückspiel rächten sich die Galatasaray Anhänger indem sie die Fenerbahçe Spieler permanent mit Flaschen und anderen Gegenständen bewarfen und sorgten so für mehrere Spielunterbrechungen. Die Spieler waren kaum in der Lage Eckstöße oder Einwürfe auszuführen.

Weitere Zahlen und Rekorde

  • Das erste Tor in der Geschichte des Derbys schoss Emin Bülent Serdaroğlu von Galatasaray.
  • Fenerbahçe musste fünf Jahre auf den ersten Sieg und das erste Tor gegen den heutigen Erzrivalen warten. Am 4. Januar 1914 gewann man im 8. Derby mit 4:2. Das erste Tor für Fenerbahçe machte Hasan Kamil Sporel.
  • Die niedrigste Zuschauerzahl wurde am 17. November 1922 gemeldet. Unter strömendem Regen, wo sogar der Schiedsrichter das Spiel unter einem Regenschirm leitete, verfolgten 14 Zuschauer das Spiel.
  • Die höchste Zuschauerzahl erreichte man am 21. September 2003. Im Atatürk-Olympiastadion wurden 70.125 Zuschauer gemeldet.
  • Der Spieler, der sich am häufigsten bei diesen Derbys das Trikot überstreifen konnte, ist mit 55 Mal Turgay Şeren von Galatasaray.
  • Galatasaray konnte nach dem gewonnenen Derby am 17. Mai 1942 in 18 Partien nicht als Sieger vom Platz gehen. Erst am 1. Dezember 1946 triumphierten sie wieder über den Erzrivalen.
  • Eine ähnliche Durststrecke musste Fenerbahçe nach dem Derbysieg vom 20. November 1949 durchlaufen. Sie konnten den Gegner in 11 Begegnungen nicht bezwingen bis sie am 22. Februar 1953 den Bann brachen.
  • Die meisten Tore in einem Spiel erzielten insgesamt vier Spieler. Mit vier Treffern in einer Partie gingen Celal Ibrahim, Cemil Gürgen und Metin Oktay von Galatasaray und Zeki Riza Sporel von Fenerbahçe in die Derbyhistorie ein.
  • Die höchsten Ergebnisse in der regulären Spielzeit meldete man am 5. Juni 1983 und am 7. Februar 2001. Beide Spiele gingen mit 4:4 aus.
  • Galatasaray konnte seit dem mit 2:1 gewonnenen Derby am 22. Dezember 1999 über 10 Jahre lang nicht im Şükrü-Saracoğlu-Stadion gewinnen.
  • Einer der höchsten Sieg in der "heutigen Zeit" konnte Fenerbahce am 6. November 2002 erzielen. Über 55.000 Fans schauten sich dieses Spektakel im Şükrü-Saracoğlu-Stadion an und am Ende hieß es 6:0 für Fenerbahçe Istanbul. Erwähnenswert ist auch dass Fenerbahce nach dem 2:0 nur noch zu zehnt auf dem Platz stand, da Ariel Ortega in der 58. Minute rot sah.

Einzelnachweise

  1. repräsentative Umfragen zur Beliebtheit 1
  2. repräsentative Umfragen zur Beliebtheit 2
  3. sabote.com – Kavgalı Maç
  4. Kein Glanz und trotzdem Neid
  5. Faninfo bei footballderbies.com
  6. repräsentative Umfrage nach sozialem Stand
  7. Länderinfo Türkei
  8. Statistiken bei haber5.com vom 26. April 2008
  9. LigTV - Maraton
  10. Bericht über die Sicherheitsvorkehrungen 1
  11. Bericht über die Sicherheitsvorkehrungen 2
  12. kenthaber.com[1]
  13. Olaylı Derbi
  14. Pokalfinale vom 24. April 1996
  15. Ausschreitungen vom 3. Dezember 2006
  16. Ausschreitungen vom 3. Dezember 2006 von Mondragon

Weblinks


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