Internierungslager Grossau

Internierungslager Grossau

Im Schloss Grossau in Grossau bei Raabs an der Thaya im niederösterreichischen Waldviertel bestand zwischen 1914 und 1918 ein Internierungslager für Staatsbürger aus mit Österreich-Ungarn im Krieg befindlichen Staaten. Aber auch Staatsbürger der Donaumonarchie wurden hier interniert, falls sie freundschaftlicher Gesinnung für einen Feindstaat verdächtigt wurden.

Am 29. August 1914 wurde das Schloss Grossau des kaiserlichen Rats Natonek von der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya laut Kriegsleistungsgesetz in Anspruch genommen.

Belegt wurde das Schloss am 7. September 1914 durch die Verlegung von etwa 130 Personen aus dem Internierungslager Karlstein an der Thaya, welches wegen der teilweisen Einsturzgefahr des dortigen Schlosses kurzfristig geräumt werden musste. Ende Oktober wurde die Kapazität des neuen Lagers durch die Besiedelung des Schüttkastens aufgestockt. Im Mai 1915 wurde dieser aber wieder geräumt.

Im Oktober 1914 erhielt die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya als Lagerverwaltung die Genehmigung, im Schloss ein Zentralkrankenhaus für alle von der BH Waidhofen an der Thaya verwalteten Internierungslager einzurichten. Dieses Krankenhaus hatte eine Kapazität von 80 Betten.

Der ursprüngliche Besitzer von Gut Grossau verkaufte im Lauf des Jahres an den Besitzer der Burg Raabs an der Thaya, Baron Robert Freiherr von Klinger. Dadurch wurden Neuverhandlungen über die Nutzung des Schlosses als Internierungslager notwendig. Auf Wunsch des neuen Besitzers wurde das Krankenhaus geschlossen und ins Internierungslager Drosendorf verlegt.

Nach dem feindlichen Kriegseintritt Italiens wurde das Platzangebot durch die Errichtung von Baracken um 400 Plätze aufgestockt. Am 10. August 1915 wurde die Fertigstellung dieser Unterkünfte gemeldet.

Ende 1915 wurden die Räumlichkeiten im Schloss geräumt und neu errichtete Baracken bezogen.

Am 1. Mai 1917 war das Lager geräumt, nachdem am 29. April 1917 die bisher hier einquartierten Engländer und Franzosen aus Grossau verlegt wurden. Zu den Internierten im Lager Grossau gehörte auch der Bruder von James Joyce, Stanislaus Joyce, der vom Internierungslager Kirchberg an der Wild hierher verlegt worden war.

An ihre Stelle traten "russophile Inländer" - Staatsbürger Österreich-Ungarns, denen man eine Zusammenarbeit mit Russland zutraute - aus dem Internierungslager Thalerhof bei Graz in der Steiermark. Sie wurden hier aber "nur" konfiniert.

Das bedeutete, dass sie im Barackenlager untergebracht und verköstigt wurden und bei Bedarf neue Kleidung erhielten. Ihre Bewegungsfreiheit war zeitlich und räumlich auf etwa 5 Kilometer im Umkreis begrenzt.

Ende Oktober 1917 wurde das Lager durch Entlassungen und Verlegungen in andere Lager wieder einmal geräumt. Die Neubelegung am 10. Jänner 1918 erfolgte durch die Verlegung von montenegrinischen Offizieren und Zivilisten aus dem westungarischen Lager Boldogasszony (Frauenkirchen, Burgenland). Diese wurden ebenfalls konfiniert.

Bis zur Auflösung des Internierungslagers Grossau bei Raabs an der Thaya waren nur noch Menschen aus Montenegro hier einquartiert.

Literatur

  • Reinhard Mundschütz: Internierung im Waldviertel. Die Internierungslager und -stationen der BH Waidhofen an der Thaya 1914 – 1918. Wien 2002 (Wien, Universität, Dissertation, 2002).
  • Leo Leitner: A Letter from Ulysses. James Joyce und sein Bruder, der Erste Weltkrieg und das Waldviertel. Eine erfolgreiche Spurensuche. In: morgen. 8, 2004, S. 48–52.
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