Ivo Sanader

Ivo Sanader
Ivo Sanader (2009)

Ivo Sanader [ˈiːʋɔ saˈnaːdɛr] (früher Ivica Sanader[1]; * 8. Juni 1953 in Split) ist ein kroatischer Politiker (HDZ), der von 2003 bis 2009 Premierminister Kroatiens war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sanader stammt aus einer gläubigen katholischen Arbeiterfamilie und verbrachte seine Jugend in Split. Er studierte in Rom und an der Universität Innsbruck, wo er 1982 mit einer Arbeit in Philologie zum Dr. phil. promovierte.[2] Er spricht neben Kroatisch fließend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Sanader ist verheiratet mit Mirjana Sanader.

1990 gründete Sanader in Österreich[3] eine Zweigstelle der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ). 1991–1992 war er Intendant des Kroatischen Nationaltheaters in Split. 1992 wurde er Mitglied des kroatischen Parlaments (Sabor). Sanader war – mit einer kurzen Unterbrechung – 1993 bis Januar 2000 stellvertretender Außenminister Kroatiens. 2000 wurde Sanader nach dem Tod des Präsidenten Franjo Tuđman († 1999) zum Vorsitzenden der HDZ gewählt und entmachtete die ultrarechten Kreise der Partei, was ihm den Namen „Drachentöter“ einbrachte. Dann führte er die HDZ Richtung Mitte und auf einen klar proeuropäischen Kurs. Nachdem die HDZ bei den Parlamentswahlen zur stärksten Partei geworden war, wurde er im Dezember 2003 als Nachfolger Ivica Račans Premierminister von Kroatien. Sanader war 2003 mit dem Ziel angetreten, sein Land in die NATO und die EU zu führen. Nach den Parlamentswahlen 2007 blieb die HDZ auch weiterhin die stärkste Partei, so dass Sanader in seinem Amt bestätigt wurde. Seit 2008 setzte sich Sanader für den Ausbau der Kernenergie in Kroatien (zusätzlich zum Strombezug aus dem slowenischen Kernkraftwerk Krško), nachdem er diese vorher abgelehnt hatte,[4] sowie für den zügigen Bau der 380 km langen Autobahn Zagreb-Split ein.

Am 1. Juli 2009 gab er seinen Rücktritt vom Amt des Premierministers und Parteivorsitzenden bekannt, ohne dafür konkrete Gründe zu nennen. [5] Am 3. Januar 2010 kündigte er überraschend an, doch wieder eine aktive Rolle in der Politik einnehmen zu wollen, woraufhin er am Folgetag von seiner Partei ausgeschlossen wurde.

Korruptionsvorwürfe, Verhaftung und Prozess

Ermittlungen der kroatischen Antikorruptionsbehörde USKOK ergaben im August 2010, dass Sanader während seiner Regierungszeit in großem Umfang an Korruption beteiligt war, die dem Land einen Schaden von 1,4 Mrd. Kuna (200 Mio. Euro) zugefügt haben soll.[6] Am 9. Dezember wurde seine parlamentarische Immunität aufgehoben, woraufhin er am selben Tag das Land Richtung Slowenien[7] verließ, noch bevor ein Haftbefehl ausgestellt wurde.[8] Tags darauf fand in den frühen Morgenstunden eine Durchsuchung seines Hauses statt. Der internationale Haftbefehl lautete auf den Verdacht des Amtsmissbrauchs und Bildung einer kriminellen Vereinigung.[9] Noch am selben Tag wurde er auf der Tauern Autobahn in Salzburg aufgegriffen und verhaftet.[10] Am 9. Mai 2011 genehmigte ein Salzburger Gericht die Auslieferung an Kroatien[11] und am 18. Juli wurde er schließlich an die slowenische Grenze gebracht, von wo aus er nach Kroatien weitergebracht wurde.[12][13]

Inzwischen hat in Zagreb der Prozess gegen ihn begonnen. Insgesamt muss er sich in sechs Verfahren wegen Korruption verantworten.[14]

Werke (als Ivo Sanader)

  • — (Hrsg.): Globalisierung: Standort Kroatien. Gesammelte Aufsätze zum internationalen Symposium „Kleine Länder und Völker im Umfeld der Globalisierung“ am 19. und 20. Oktober 1998 auf der Insel Brijuni. Ministerium des Äußeren der Republik Kroatien, Zagreb (u.a.) 1999, ISBN 3-00-005357-3.
  • —, Ante Stamać (Hrsg.): In der Stunde höchster Not. Kroatische Lyrik im Krieg. Originaltitel: U ovom strašnom času, übersetzt von Irena Vrkljan und Benno Meyer-Wehlack. Bastei-Lübbe-Taschenbuch, Band 13914. Bastei-Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 1997, ISBN 3-404-13914-3.

Auszeichnungen

Weblinks

 Commons: Ivo Sanader – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Prime Minister Earned His Doctoral Degree as Ivica
  2. Ivica Sanader: Die Weltanschauung im Theaterschaffen Jean Anouilhs. Dissertation. Universität Innsbruck, Innsbruck 1982, Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund, Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.
  3. Interview mit inhaftiertem Ex-Premier Ivo Sanader. In: salzburg.com, Salzburger Nachrichten, 21. Jänner 2011, abgerufen am 22. Jänner 2011 (deutsch).
  4. Kroatien will Atomkraft nutzen (oe24.at, 7. Juni 2008)
  5. Tagesschau:Kroatiens Ministerpräsident Sanader wirft hin (nicht mehr online verfügbar)
  6. Millionenschaden durch Staatskorruption in Kroatien. In: Handelsblatt online. 13. August 2010, abgerufen am 21. Dezember 2010 (deutsch). in Berufung auf USKOK istražuje 16 milijuna kuna. Jurak je najslabija karika do 'krupnih riba'. In: Jutarnji list online. 10. August 2010, abgerufen am 21. Dezember 2010 (kroatisch).
  7. Haftbefehl gegen kroatischen Ex-Regierungschef. In: Neue Zürcher Zeitung. 10. Dezember 2010, abgerufen am 10. Dezember 2010 (deutsch).
  8. Ex-Premier Sanader hat Kroatien verlassen. In: ORF. 9. Dezember 2010, abgerufen am 9. Dezember 2010 (deutsch).
  9. Hausdurchsuchung bei Kroatiens Ex-Premier Sanader. In: ORF. 10. Dezember 2010, abgerufen am 10. Dezember 2010 (deutsch).
  10. Kroatiens Ex-Premier Sanader in Österreich verhaftet. In: Die Presse. 10. Dezember 2010, abgerufen am 10. Dezember 2010 (deutsch).
  11. Sanader darf an Kroatien ausgeliefert werden. In: ORF. 9. Mai 2011, abgerufen am 9. Mai 2011 (deutsch).
  12. Sanader soll noch heute ausgeliefert werden. In: ORF. 18. Juli 2011, abgerufen am 18. Juli 2011 (deutsch).
  13. Österreich liefert Ivo Sanader an Kroatien aus, focus.de, 19. Juli 2011
  14. Ivo Sanader sieht sich nicht als "Kriegsprofiteur", nzz.ch vom 3. November 2011, abgerufen am 3. November 2011
  15. Justiz (…) 14 Jahre lang in Tirol gelebt. In: tirol.orf.at, 16. Dezember 2010, abgerufen am 22. Jänner 2011 (deutsch).

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