Jerome Bruner

Jerome Bruner

Jérôme Seymour Bruner (* 1. Oktober 1915 in New York) ist Psychologe mit pädagogischen Interessen. Er leistete wichtige Beiträge zur kognitiven Lerntheorie und war ein Initiator der sogenannten kognitiven Wende der Psychologie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bruner wurde als jüngstes von vier Kindern in einem New Yorker Vorort geboren. Mit 16 Jahren kaufte Bruner mit Freunden zusammen ein motorisiertes Rennboot, an dem sie herumbastelten. 1932 gewannen sie damit das Rennen um Manhattan.

Ab seinem 18. Lebensjahr studierte Bruner an der Duke University Psychologie. 1937 schloss er dort das Studium mit dem Bachelor ab und ging nach Harvard, wo er vier Jahre später promovierte.

1972, im Alter von 57 Jahren, überquerte Bruner mit seiner Frau und ein paar Freunden den Atlantik in einem Segelboot. In einem autobiographischem Essay von 1983 schreibt Bruner: "Ich glaube, ich hatte ein gutes Leben ... die Psychologie hat dabei sicher geholfen - Psychologie als Art, Fragen zu stellen, und nicht als eine Quelle der Weisheit"[1].

Leistungen

Bruner lehrte Psychologie als Professor in Harvard (1952–1972), Oxford (1972–1980) und an der School of Law der New York University (seit 1980). Er war Mitbegründer des Center for Cognitive Research in Harvard und auch dessen Direktor. Mit seinen entwicklungspsychologischen Studien hat er bahnbrechende wie umstrittene Theorien zur Entwicklung des Denkens und Sprechens vorgestellt. Dabei zeigt er die Bedeutung der Umwelt für das Lernen auf. So stellt er in seiner Theorie des Spracherwerbs (1983) die Bedeutung der Mutter-Kind-Interaktion im Spiel in der vorsprachlichen Phase für die Ausbildung logischer Strukturen im Denken wie der Subjekt-Objekt-Differenzierung heraus. Damit erweitert er Noam Chomskys Ansatz des angeborenen Spracherwerbssystems (LAD: Language Acquisition Device) um den eines elterlichen Spracherwerb-Unterstützungssystems (LASS: Language Acquisition Support System). Kritiker wenden ein, dass die vorgetragenen Fallbeispiele schichtspezifisch seien und als solche nicht verallgemeinert werden könnten.

Die Menschen bilden nach Bruner Konzepte, um die Umwelt zu vereinfachen und herauszufinden, wie sie in dieser agieren sollen. Die Konzepte dienen auch zur Kategorisierung der Welt, wodurch diese vereinfacht und damit operationalisierbar wird. In Folge dieser Theorie erforschte Bruner unterschiedliche Arten von Konzepten sowie Strategien des Konzepterwerbs. Wenngleich seine Ergebnisse teilweise nur schwer für das Alltagsleben generalisierbar sind[2], so sind sie dennoch von systematischer Relevanz.

Bruner plädiert dafür der "Bedeutung" als einem zentralen psychologischen Konzept mehr Geltung zu verschaffen. Die Konstruktion von Bedeutung – das meint die Frage, wie Menschen aus dem Durcheinander physikalischer Sinneseindrücke einen Sinn entwickeln – soll nach Bruner verstärkt erforscht werden. Die Bedeutung des Selbst im Kontext der Kultur greift Bruner in jüngeren Schriften ebenso auf. Eine Erklärung des menschlichen Zustandes können keinen Sinn ergeben, „wenn sie nicht im Licht der Symbolwelt interpretiert wird, die die Grundlage menschlicher Kultur bildet“[3], schreibt Bruner 1990.

In der Schulpraxis bekannt geworden ist Bruners Vorschlag, Lernstoff in Form eines Spiralcurriculums anzuordnen. Aber auch die Repräsentationsmodi (enaktiv = handelnd, ikonisch = bildhaft, symbolisch = sprachlich) sind auf ihn zurückzuführen, deren Entwicklung beim heranwachsenden Kleinkind er als Addition beschreibt. Wirkungsvoll war sein Eintreten für entdeckendes Lernen als Weg zum Wissenserwerb. Er gilt dabei als Kontrahent von David Ausubel, der die Leistung eines Lehrers in Form von Anleitung und Erklärung (auch als Lehrervortrag) höher bewertet. Bruners Lerntheorie weist Anknüpfungspunkte mit einer konstruktivistischen Lerntheorie auf.

Auszeichnungen

  • 1987: Balzan-Preis für seine Beiträge zur Humanpsychologie

Einzelnachweise

  1. zitiert nach Lefrançois, G. R.: Psychologie des Lernens. 4., überarb. u. erw. Aufl. Heidelberg: Springer, 2006. S. 192.
  2. Vgl. Lefrançois, G. R.: Psychologie des Lernens. 4., überarb. u. erw. Aufl. Heidelberg: Springer, 2006. S. 200.
  3. zitiert nach Lefrançois, G. R.: Psychologie des Lernens. 4., überarb. u. erw. Aufl. Heidelberg: Springer, 2006. S. 203.

Schriften

  • A Study of Thinking, zusammen mit J. J. Goodnow und G. A. Austin, New York: Wiley, 1956.
  • The Process of Education, 1960.
  • Child's Talk: Learning to use Language, New York: Norton. Deutsch: Wie das Kind sprechen lernt, Bern: Hans Huber, 1987 ISBN 3-456-83891-3.
  • Entwurf einer Unterrichtstheorie, München 1974
  • In search of mind: essays in autobiography. New York u.a: Harper & Row, 1983.
  • Actual Minds, Possible Worlds, Cambridge: Harvard University Press, 1987.
  • The Culture of Education, Cambridge: Harvard University Press, 1996.
  • Acts of Meaning, Cambridge: Harvard University Press, 1991.

Weblinks


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