Ampel (Lebensmittelkennzeichnung)

Ampel (Lebensmittelkennzeichnung)
Beispiel einer Ampelkennzeichnung.

Die Ampel auf Lebensmittelverpackungen soll leicht verständlich den Gehalt an Nährstoffen bewerten, wie z. B. an Fetten, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Ausgewiesen werden jeweils der Gehalt an Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz. Die Kennzeichnung erfolgt einerseits farblich in den Farben Grün für einen niedrigen, Gelb für einen mittleren und Rot für einen hohen Gehalt. Zusätzlich werden die Werte beziffert. Da mehr als drei Zeichen ausgewiesen werden, handelt es sich um eine multiple Ampel. Sie soll gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung angebracht werden. Die Werte richten sich nach Angaben der britischen Lebensmittelbehörde Food Standards Agency (FSA) und beziehen sich auf jeweils 100 Gramm beziehungsweise 100 Milliliter des Produktes.

Kriterien für die multiple Ampel bei Lebensmitteln pro 100 g [1]
Inhaltsstoff Grün (niedriger Gehalt) Gelb (mittlerer Gehalt) Rot (hoher Gehalt)
Fett weniger als 3 g zwischen 3 g und 20 g mehr als 20 g
gesättigte Fettsäuren weniger als 1,5 g zwischen 1,5 g und 5 g mehr als 5 g
Zucker weniger als 5 g zwischen 5 g und 12,5 g mehr als 12,5 g
Salz weniger als 0,3 g zwischen 0,3 g und 1,5 g mehr als 1,5 g
Kriterien für die multiple Ampel bei Getränken pro 100 ml
Inhaltsstoff Grün (niedriger Gehalt) Gelb (mittlerer Gehalt) Rot (hoher Gehalt)
Fett weniger als 1,5 g zwischen 1,5 g und 10 g mehr als 10 g
gesättigte Fettsäuren weniger als 0,75 g zwischen 0,75 g und 2,5 g mehr als 2,5 g
Zucker weniger als 2,5 g zwischen 2,5 g und 6,3 g mehr als 6,3 g
Salz weniger als 0,3 g zwischen 0,3 g und 1,5 g mehr als 1,5 g

Da bei den meisten Produkten nur der Natriumgehalt angegeben wird, kann der Salzgehalt nach Angabe der FSA durch die Multiplikation des Natriumgehaltes mit 2,5 ermittelt werden. Der Salzgehalt wird mit 0 g angegeben, wenn der Natriumgehalt weniger als 0,03 g bei 100 g oder 100 ml beträgt. Bei einem Gehalt an Fett beziehungsweise gesättigten Fettsäuren unter 0,1 g bei 100 g oder 100 ml wird ebenfalls der Gehalt mit 0 g angegeben. Bei Milcherzeugnis-/Joghurtgetränken wird bei der Einstufung der Nährwertgehalte die Kriterien der Lebensmittel zugrunde gelegt.[2]

Hintergrund

Um der Fehlernährung in der Bevölkerung entgegenzuwirken, wurde von Parteien und Einrichtungen innerhalb verschiedener europäischer Länder eine leicht verständliche Kennzeichnung der Lebensmittelverpackungen gefordert. Diese sollte es dem Verbraucher ermöglichen, schon vor dem Erwerb zu erkennen, ob das Produkt bestimmte Grenzen von Nährstoffgehalten überschreitet und so zu einer ungesunden Ernährung beiträgt.

Dazu wurde die sogenannte „Ampel“ eingeführt. Erstmals 2004 in Großbritannien durch die FSA eingesetzt, kennzeichnet sie den Gehalt von verschiedenen Nährstoffen mit den bekannten Farben einer Ampel. Ist beispielsweise in einem Produkt überdurchschnittlich viel Zucker enthalten, wird der Begriff Zucker rot hinterlegt. Entsprechend werden die Farben Gelb und Grün verwendet.

Effekte

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

Eine Analyse (2007) von 58 zwischen 2003 und 2006 erschienenen Studien zu den EU-15-Ländern kommt zu dem Schluss, dass es praktisch keine Hinweise gebe, wie Lebensmittelkennzeichnungen in alltäglichen Einkaufssituationen genutzt werden und sich auf das Ernährungsverhalten auswirken.[3] Dieses Ergebnis bestätigt die Schlussfolgerung eines 2004 erschienenen Reviews, dass der Zusammenhang zwischen Nährwertangaben und Qualität der Ernährung größtenteils ungeklärt ist. Nur 9 % der darin analysierten 103 Publikationen seien wissenschaftlich hochwertigen Kriterien zufolge durchgeführt worden.[4] Eine Untersuchung aus dem Vereinten Königreich, wo die Ampel eingeführt wurde, fand keine gesundheitlich relevanten Auswirkungen auf Konsumentscheidungen.[5]

Sonstige Resonanz

Eine Verbraucherbefragung der britischen Verbraucherorganisation Which? im Sommer 2006 ergab, dass im Vergleich zu anderen Kennzeichnungsformen die Ampel von über 90 % der Befragten als leicht und schnell verständlich bewertet wurde. Das gesetzte Ziel wurde damit erreicht. In dem Zeitraum der Verwendung wurde festgestellt, dass sich das Konsumverhalten der Verbraucher und mitunter auch die Rezepturen der Hersteller änderten.

Nachdem die Einführung des Ampel-Systems auch in Deutschland ins Gespräch kam, kritisierte unter anderem die Lebensmittelindustrie das System. Eine Auflistung der enthaltenen Nährstoffe könne sie nicht ersetzen. So führt der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) - ein Interessenverband der Lebensmittelwirtschaft - eine Vielzahl von Kritikpunkten[6] am Ampelsystem an. So seien die Kriterien der Einteilung der Ampel für den Konsumenten nicht nachvollziehbar und auch wissenschaftlich nicht begründbar. Weiterhin könne der unterschiedliche Bedarf von Menschen (z. B. altersabhängig) an Nährstoffen nicht berücksichtigt werden.
Die wahren Gründe für die Ablehnung der Industrie werden jedoch teilweise in befürchteten Umsatzeinbußen bei kalorienreichen Produkten gesehen.[7] Verbraucherschützer meinen, der wahre Nährwertgehalt der Produkte würde mithilfe der bislang aufgedruckten GDA-Kennzeichnung eher verschleiert als transparent gemacht.[8]

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages kam zu dem Schluss, der Ampelkennzeichnung sei vielmehr eine bessere Aufklärung und Erziehung zur gesunden Ernährung vorzuziehen.[9]

Laut einer Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch ermöglicht die Ampelkennzeichnung eine deutlich einfachere Einschätzung gegenüber der GDA-Kennzeichnung. Beim Vergleich ähnlicher Produkte konnten durch die Ampelkennzeichnung deutlich mehr Studienteilnehmer die kalorienhaltigeren Produkte identifizieren als durch die herkömmliche Kennzeichnung.[10] Zudem wurde kritisiert, dass sich Gegner der Lebensmittelampel auf Studien berufen, die von der Lebensmittelindustrie durchgeführt bzw. finanziert wurden und deren Ergebnisse somit nicht der Wahrheit entsprächen.[11]

Nach einer weiteren Umfrage, die von Foodwatch in Auftrag gegeben und im Juli 2009 von Emnid durchgeführt wurde, befürworten mehr als zwei Drittel der Bundesbürger das neue System.[12]

Im August 2009 forderten die gesetzlichen Krankenkassen die Bundesregierung und die für die Bereiche Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz zuständigen Europa-Politiker auf, sich für die Kennzeichnung von Lebensmitteln anhand des Ampel-Systems einzusetzen. In dem offenen Brief schrieben sie unter anderem: „Die Intransparenz über die Zusammensetzung eines ständig wachsenden Lebensmittelangebots und die hinzukommenden irreführenden Werbeversprechen der Hersteller konterkarieren unser Engagement für einen gesunden Lebensstil.“[13]

Im März 2010 forderten Vertreter des deutschen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte sowie der Vereinigung der europäischen Kinderärzte die Einführung des Ampel-Systems. An die Abgeordneten des EU-Parlaments schrieben sie unter anderem: „Wir bitten Sie dringend, nicht nur die Interessen der Nahrungsmittelindustrie zu unterstützen.“[14]

Situationen in einzelnen Ländern und der EU

Europäische Union

Laut eines im Auftrag von Foodwatch durchgeführten Rechtsgutachtens führt das Modell zur Nährwertkennzeichnung, das von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde, dazu, dass kein Staat der EU das Ampelmodell vorschreiben könne.[15]

Großbritannien

Die Ampel wird seit 2006 in Großbritannien erprobt. Da nicht alle Hersteller an der Kennzeichnung teilnehmen, werden Aussagen über Erfolg oder Misserfolg teilweise angezweifelt.

Deutschland

Die Einführung der Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Ampel wurde durch die Grünen im Bundestag beantragt aber durch die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP am 6. März 2008 gemäß Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz abgelehnt. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung plant Horst Seehofer, ehemaliger Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die Ampelkennzeichnung auf freiwilliger Basis einzuführen. Dies soll – entgegen der ursprünglichen Ablehnung – aufgrund des Wunsches der CSU und verschiedener Bundesländer geschehen.[7]

Nach Aussage von Foodwatch sprechen sich mehr als 70 % der Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2009 für die Einführung der Lebensmittelampel in Deutschland aus. Ca. 20 % seien gegen das Ampel-Modell, vorwiegend Mitglieder der CDU und FDP.[16]

Der Tiefkühlproduzent Frosta kündigte am 6. Juni 2009 an, dass vier seiner rund 50 Produkte ab August mit einer Ampel gekennzeichnet werden.[17]

Verbraucherschützer und Gesundheitsorganisationen fordern und unterstützen die Einführung der Lebensmittelampel und werfen der Bundesregierung Untätigkeit vor.[18] Umfragen zufolge wünschen sich mehr als zwei Drittel der Bürger, dass sich die Bundesregierung für die Einführung der Ampelkennzeichnung einsetzt.[12]

Die Firma barcoo bietet seit März 2009 eine Software an, mit dem sich per Barcode-Scan eines Lebensmittels auf dem Mobiltelefon eine Ampel-Kennzeichnung anzeigen lässt.[19][20]

Schweiz

Die Einführung der Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Ampel wurde beschlossen.

Einzelnachweise

  1. Food Standards Agency (November 2007): Front-of-pack. Traffic light signpost labelling. Technical Guidance. Vol 2. Abgerufen am March 18, 2010.
  2. Was ist die „Ampelkennzeichnung“? Verbraucherzentrale Bundesverband, abgerufen am 7. Juni 2009 (deutsch).
  3. Klaus G. Grunert & Josephine M. Wills (2007): A review of European research on consumer response to nutrition information on food labels. Journal of Public Health. Band 15, Nr. 5, S. 385-399.
  4. Gill Cowburna & Lynn Stockley (2005): Consumer understanding and use of nutrition labelling: a systematic review. Public Health Nutrition, Band 8, S. 21-28.
  5. Sacks G, Rayner M, Swinburn B. (2009): Impact of front-of-pack 'traffic-light' nutrition labelling on consumer food purchases in the UK. Health Promotion International, Band 4, S. 344-52.
  6. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.: BLL: Lebensmittelwirtschaft begrüßt Absage des Bundestages an die Ampel
  7. a b Netzzeitung: Rot für den Pudding, Grün für das Knäckebrot, 29. Mai 2008
  8. lifestyle.t-online.de: Verbraucherschützer enttarnen Kalorienbomben, 23. Mai 2008
  9. Deutscher Bundestag - Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Drucksache 16/7726 vom 15. Januar 2008
  10. Spiegel-online: Lebensmittel-Ampel schlägt Modell der Industrie, 15. Juni 2009
  11. foodwatch: Wissenschaft spricht für Ampelfarben, 8. September 2009
  12. a b foodwatch: 77 Prozent der Bürger sagen Nein zum Ampel-Verbot, 24. Juli 2009
  13. Spiegel-online: Krankenkassen fordern Lebensmittelampel, 27. August 2009
  14. Spiegel-online: Kinderärzte mobilisieren gegen Lebensmittelindustrie, 15. März 2010
  15. Spiegel-online: Verbraucher wollen Lebensmittel-Ampel, 24. Juli 2009
  16. foodwatch: Mehrheit der Bundestagskandidaten für die Ampel, 23. September 2009
  17. Frosta führt Ampel-Kennzeichnung ein. Mitteldeutsche Zeitung, abgerufen am 15. Juni 2009.
  18. sonnenseite.com: Nahrungsindustrie will die Ampel verhindern, 4. Juni 2009
  19. barcooblog.de: Endlich ist es soweit - Deutschland hat die Lebensmittel-Ampel!, 17. März 2009
  20. Areamobile.de: Barcodescanner jetzt auch für das iPhone, 10. Dezember 2009

Weblinks


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