Johann Heinrich Samuel Formey

Johann Heinrich Samuel Formey
Porträt Formeys im Alter von 59 Jahren

Jean Henri Samuel Formey (* 31. Mai 1711 in Berlin; † 8. März 1797 ebenda) war Theologe, Philosoph und Historiker, Mitarbeiter an der „Encyclopédie“ von Diderot und d'Alembert und langjährig führendes Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Formey stammte aus einer Familie von Hugenotten, die als Flüchtlinge aus der Champagne nach Berlin gekommen waren. Von 1720 bis 1727 war er Schüler des Collège Français in Berlin, als Primus der Abschlussklasse hielt er die lateinische Rede zum Geburtstag des preußischen Königs. Nach Abschluss eines zweijährigen Theologiestudiums wurde er Prediger der französisch-reformierten Gemeinde Brandenburg und erhielt eine Stelle an der französischen Kirche Berlin-Friedrichstadt. Sein Interesse an Philosophie und Humanismus veranlassten ihn, sich 1737 um eine Anstellung am Collège Francais zu bewerben. Nachdem er dort zwei Jahre lang Rhetorik unterrichtet, gleichzeitig aber eine halbe Pfarrstelle beibehalten hatte, wurde er 1739 zum Professor der Philosophie berufen - auf den wichtigsten und angesehensten Lehrstuhl der Schule - und bat den König darum, ihn von seinen Pflichten als Prediger zu entbinden. Während der folgenden 50 Jahre erteilte er am Collège Unterricht in Philosophie und wurde dafür 1789 besonders geehrt.

Vielfältige wissenschaftliche Arbeiten führten dazu, dass Formey im Jahre 1744 in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen und schon im darauffolgenden Jahr zu deren Historiographen ernannt wurde. Seit 1746 war er Assistent des „Beständigen Sekretärs“ (secretarius perpetuus) der Akademie, seit 1748 dessen Nachfolger. Von 1788 bis 1797 leitete er die philosophische Abteilung der Akademie. Zusammen mit anderen Mitgliedern setzte er sich erfolgreich dafür ein, dass die Veröffentlichungen der Akademie jetzt in Französisch, statt wie bisher in Latein erfolgten. Generell hatte Formey sich lebenslang darum bemüht, Geist und Sprache der Hugenotten in Berlin zu verankern. Er selbst erlernte Deutsch nur unvollkommen – nicht ungewöhnlich für besser gestellte Angehörige der französischen Kolonie im Berlin des 18. Jahrhunderts - , seine Schriften und Briefe verfasste er ausschließlich in französischer Sprache. Für seine wissenschaftlichen Aktivitäten erfuhr er zahlreiche Ehrungen, gehörte verschiedenen internationalen Gesellschaften an und war Mitglied der Akademien der Wissenschaften von Sankt Petersburg und London.

Formey wohnte in der Behrenstrasse in der Berliner Friedrichstadt und war zweimal verheiratet.

Werke

Zwischen 1746 und 1759 erschien die Zeitschrift „Nouvelle Bibliothèque Germanique“, die Formey zunächst zusammen mit anderen Akademiemitgliedern, ab 1750 aber allein herausgab. Die Publikation enthielt Informationen zum Stand der Geistes- und Naturwissenschaften in Europa und berücksichtigte besonders die Arbeit der verschiedenen nationalen Akademien. Als Mitarbeiter oder Herausgeber war Formey an weiteren Zeitschriften mit internationaler Zielsetzung beteiligt: „Journal littéraire d´Allemagne“, „Bibliothèque critique“ und „Annales typographique germaniques“. In den Schriften der Akademie finden sich 140 Texte von ihm, darunter mehr als fünfzig Nachrufe für verstorbene Mitglieder – nützliches Quellenmaterial für die Wissenschaftsgeschichte.

Überaus zahlreich waren seine Schriften zu philosophischen, historischen und theologischen Themen. Er wird zitiert mit der Bemerkung: „Wenn ich ein Buch lese, so denke ich darüber nach, wie ich bei gelegner Zeit über denselben Gegenstand ein anderes machen kann“. So entstand ein Gesamtwerk von etwa 600 Titeln. Ein Schwerpunkt seiner Schreibtätigkeit lag in der Beschäftigung mit den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz und Christian Wolff. 1746 erschien das Lehrbuch „Elementa philosophiae Wolffianae“, zwischen 1751 und 1756 kamen die sechs Bände des philosophischen Romans „La belle Wolffienne“ heraus, mit dem Formey die Absicht verfolgte, die Anschauungen Wolff´s leicht verständlich darzustellen. Die literarische Form des Romans lässt zu wünschen übrig, es gilt aber als sicher, dass dieses Werk ganz wesentlich dazu beigetragen hat, die Gedankenwelt Wolff´s auch in Frankreich bekannt zu machen.

Formey vertrat eine Religionsphilosophie, die sich auf die Gedanken Leibniz´ stützte, wonach die wahre Religion entsteht, wenn Religion und Vernunft in genaue Übereinstimmung gebracht werden. So war Formey überzeugt von einer natürlichen Religion, in der Glaubensgrundsätze wie die Existenz Gottes oder die Unsterblichkeit der Seele allein durch Anwendung von Vernunft bewiesen werden könnten. Mit den französischen Aufklärern wie Denis Diderot und Jean-Jacques Rousseau, die einen stärker atheistischen Ansatz vertraten, setzte er sich kritisch-polemisch auseinander, zum Beispiel in den Schriften „Le philosophie chretien“ (1750-1756, vier Bände), „Anti-Emile“ und „Emile chretien“ (1763 bzw.1764, beide gegen den Bildungsroman „Èmile“ von Rousseau gerichtet).

Offenbar verfolgte Formey noch vor den französischen Enzyklopädisten die Idee, eine Zusammenfassung des Wissens seiner Zeit herauszugeben, verwirklichte diesen Plan aber nicht. Das Material, das er dafür zusammengestellt hatte, verarbeitete er jedoch zu 81 Artikeln, die auf rund 1800 Textseiten in das Werk Diderots und d´Alemberts aufgenommen wurden, ungeachtet aller grundsätzlichen Differenzen.

Korrespondenz

Formey hinterließ eine überaus umfangreiche aktive und passive Korrespondenz. Die Angaben schwanken zwischen 17 000 und der – wahrscheinlich zu hoch angesetzten – Zahl von 40 000 Stücken. Der Briefwechsel ist heute zersplittert und wird in vier großen Sammlungen aufbewahrt, je zwei davon in Berlin und in Krakau. Im Rahmen eines Forschungsprojektes der Universität Potsdam wurde bzw. wird die gesamte Korrespondenz intensiv und systematisch ausgewertet und dabei in Zusammenhang gestellt mit der französisch beeinflussten Ideengeschichte in Brandenburg-Preußen.

Bedeutung

Die Bedeutung Formeys wird unterschiedlich beurteilt. Manchen gilt er als zu Recht über lange Zeit vergessener Vielschreiber, dessen beinahe unglaubliche Produktivität allein schon ein Indiz sei für seine Oberflächlichkeit als Wissenschaftler. Bekanntheit und Renommee habe er nur dadurch erlangt, dass er durch seine herausgehobene Stellung in der Akademie diese angesehene Institution in zahllosen, langjährigen Kontakten nach außen vertreten habe.

Andere sehen gerade in dieser intensiven Tätigkeit, in seinen vielen Veröffentlichungen und persönlichen Briefen sein wesentliches Verdienst. Denn die Korrespondenzen der Literaten und Gelehrten, der direkte Austausch von Ansichten und Informationen bildeten neben Zeitschriften und Büchern eine weitere, wichtige Kommunikationsebene, auf der die Aufklärung in Europa vorangebracht wurde. Vorwiegend wird daher Formey heute als ein Mann beurteilt, der durch sein Wirken über die Grenzen seiner Heimat hinaus dazu beigetragen hat, das Gedankengut der Aufklärung zu verbreiten und Berlin zu einem bedeutenden Standort für die intellektuellen Diskussionen des 18. Jahrhunderts zu machen.

Literatur

  • Jürgen Storost: 300 Jahre romanische Sprachen und Literaturen an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Lang, Frankfurt a.M. 2000, Teil 1, S. 43–57.

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