Jordansmühler Kultur

Jordansmühler Kultur

Als Jordansmühler Kultur (auch Jordanów-Kultur) wird eine jungneolithische Kultur bezeichnet, welche die Endphase der Lengyel-Kultur (Lengyel IV) im östlichen Mitteleuropa (Schlesien, Böhmen und Mähren) markiert. Die wenigen Siedlungsplätze in Deutschland stehen offenbar durch die Elbe in Verbindung mit dem böhmischen Verbreitungsgebiet und liegen im Raum Dresden, zuzüglich eines Fundplatzes elbaufwärts in Wulfen (Sachsen-Anhalt).

Der Begriff wurde 1906 von Hans Seger, nach dem niederschlesischen Fundort Jordansmühl bei Breslau (heute Jordanów Śląski, Polen) eingeführt. Entsprechend den Hauptverbreitungszentren gibt es eine schlesische und eine böhmische Gruppe.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Einordnung

Vorgängerin der Jordansmühler Kultur ist in Böhmen de Spät-Lengyel-Horizont. Mit der Datierung ca. 4.300–3.900  v. Chr. existiert sie parallel zur Michelsberger Kultur. Nachfolger sind die Trichterbecherkultur (FN C bzw. FN II) und die Baalberger Kultur in Mitteldeutschland.

Siedlungen

Im Hauptverbreitungsgebiet dominieren Höhensiedlungen (z.  B. Jevisovice), außerhalb gibt es nur einen Hausbefund von Wulfen, Lkr. Köthen (Sachsen-Anhalt). Erstmals im nördlichen Mitteleuropa ist eine eigenständige Kupferverarbeitung nachgewiesen, jedoch noch nicht als Großgeräte, sondern als Schmuck: Perlen, Anhänger, Spiralarmringe und Brillenspiralen.

Gräber

In Schlesien meist von Steinpackungen umgebene OW-gerichtete Hockergräber. Frauen liegen auf der rechten Seite, Männer auf der linken. Relativ häufig ist Grabschmuck aus Kupferblech (Perlen aus eingerolltem Blech), außerdem kupferne Spiralarmringe und brillenförmige Doppelspiralen; daneben Abschläge aus Feuerstein und zwei bis vier Gefäße am Kopfende. In Böhmen dominiert dir Brandbestattung.

Inventar

Hoher, rundbodiger Krug mit einem (Böhmen) oder zwei (Schlesien) randständigen Henkeln. Reiche Verzierung mit eingeritzten bzw. eingestochenen Mäandern oder Winkelbändern (in Böhmen z. T. ausgespartes Winkelband). Daneben auch unverzierte Schalen mit hohem Standfuß, Schalen mit eingebogenem Rand, Knickrandschalen und Amphoren.

Die Widderfigur

Die tönerne Kleinplastik eines Widders von Jordansmühl steht mehr als andere Zeugnisse dieser Kultur im Mittelpunkt des Interesses.[1] Im Jahre 1925 wurde sie aus einer Grube geborgen, die nicht mit in Verbindung dem eponymen Gräberfeld steht. Zwei Gefäßreste und ein Messerfragment aus Feuerstein lagen ebenfalls in dieser Grube. Diese Beifunde belegen die Zuordnung zur Jordansmühler Kultur. Die Figur selbst bleibt unikal in der mitteleuropäischen Vorzeit. Der Tierkörper ist mit Ornamentreihen in Schnurverzierung überzogen. Die Gestaltung ist vollendet harmonisch. In die Grube ist die Figur unbeschadet gelangt. Sie ist also nicht entsorgt, sondern offensichtlich intentioneIl vergraben worden.

Literatur

  • Preuß, J. (Hrsg.): Das Neolithikum in Mitteleuropa, Bd. 1-3. Weissbach (Beier & Beran). (1996-1999), (Die Einzelkulturen werden in Band 2 lexikalisch beschrieben.)

Einzelnachweise

  1. Seger H.: Der Widder von Jordansmühl. In: Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst (IPEK) 4 1928 S. 13-17

Weblinks


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