Josef Spieler

Josef Spieler

Josef Karl Spieler (* 5. August 1900 in Walldürn; † 27. April 1987 in Karlsruhe) war ein deutscher Psychologe, Pädagoge und Heilpädagoge.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Spielers Eltern waren der Schneidermeister Karl Josef Spieler und Maria Karolina Spieler geb. Hauk. Das Ehepaar besaß neun Kinder. Von 1914 bis 1921 besuchte Josef Spieler das humanistische Gymnasium in Tauberbischofsheim. Anschließend studierte er Philosophie, Psychologie und Pädagogik in Freiburg i. Br. sowie Würzburg. In letztgenannter Stadt promovierte er am 23. Juni 1925. Das Thema seine Dissertation lautete: Politik und Moral bei Kant. Von 1925 bis 1928 war er Assistent, später wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik. Er zeichnete als Herausgeber für das Lexikon der Pädagogik der Gegenwart, das seinerzeit in der Fachwelt hohe Beachtung fand. Zusätzlich studierte Spieler an der Universität und unterrichtete an einer höheren Schule.

Im Jahre 1931 habilitierte sich Spieler an der Universität Fribourg in der Schweiz. Bald darauf wurde er Direktor des vom Caritasverband in Luzern gegründeten Instituts für Heilpädagogik sowie Leiter der heilpädagogischen Beobachtungsstationen in Wangen bei Olten und Knutwil. Ferner war er für die Durchführung und Organisation von heilpädagogischen Veranstaltungen, Kursen und Vorträgen verantwortlich.

1935 übernahm er an der Universität Fribourg eine a. o. Professor für Pädagogik und Heilpädagogik in deutscher Sprache; acht Jahre später wurde er zum Ordinarius ernannt. Nach 1945 wies man Spieler, der seit dem 1. Februar 1940 Mitglied der NSDAP war,[1] aus der Schweiz aus, eine Maßnahme, die mit seiner Kollaboration mit Nazi-Deutschland begründet wurde:

„Ihm wurde vorgeworfen, er habe in Vorlesungen an der Universität das Erziehungssystem des Nationalsozialismus als das am besten geeignete für die Bildung der modernen europäischen Jugend bezeichnet. Spionageverdacht, Verbindung mit schweizerischen Rechtsextremisten und abschätzige Bemerkungen über die Schweiz werden als Grund für die Ausweisung Spielers genannt, der nach allem. was in Erfahrung zu bringen ist, stark von der Ideologie des Nationalsozialismus infiziert war“.[2]

Im Nachkriegsdeutschland konnte Josef Spieler, der sich nicht mit seiner eigenen Vergangenheit sowie seinen Publikationen noch allgemein mit der der Heilpädagogik als Wissenschaft in den Jahren 1933-1945 auseinandersetzte,[3] schnell wieder Fuß fassen. Ein Grund dafür war sicherlich die Unterstützung von „bedeutenden Persönlichkeiten der Caritas in Freiburg/Br., die dem aus der Schweiz ausgewiesenen Professor für Psychologie, Pädagogik und Heilpädagogik die nötigen Entnazifizierungsunterlagen (sog. 'Persilschein') besorgten“.[4] Josef Spieler erhielt bald einen Lehrauftrag am 'Caritasinstitut' in Freiburg/Br. sowie an der Universität in gleichnamiger Stadt und zwei Jahre später eine Professur für Psychologie und Heilpädagogik am Pädagogischen Institut in Weilburg/Lahn. Schließlich wurde er 1952 zum ersten Rektor des Pädagogischen Instituts (ab 1962 Pädagogische Hochschule) in Karlsruhe berufen. 1965 ging er in den Ruhestand. Am 16. September 1969 heiratete er die 21 Jahre jüngere Brigitta Eleonore Meiser-Witte, geb. Witte.[5]

Josef Spieler war Herausgeber der seinerzeit insbesondere bei Eltern und Familienfürsorgern viel beachteten Reihe Bedrohte Jugend -Drohende Jugend (erschien in finnischer, holländischer, französischer, italienischer und spanischer Übersetzung), für die er selbst einige Schriften verfasste.

Ein Teil seines Nachlasses sowie Literatur von und über Josef Spieler befinden sich im Ida-Seele-Archiv.

Ehrungen und Auszeichnungen

Ungeachtet der damals noch nicht bekannten Kritikpunkte wurde Josef Spieler vielfach geehrt. Seine Heimatstadt ernannte ihn 1985 zum Ehrenbürger. Ferner war er Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, Mitglied des Ehrenkonzils des Weltparlaments der Confederation of Chivatry, Commanduer des Ordens Souveraine dela Milice du Saint Sepuilvre, Ritter des Ordens vom weißen Kreuz, Ritter des Ordens von Montissea etc.[6]

Werke (Auswahl)

  • Lexikon der Pädagogik der Gegenwart, Freiburg/Br. 1930 (Bd. 1) und 1932 (Bd.2)
  • Die Erziehungsmittel, Olten 1944
  • Einführung und Anleitung zu wissenschaftlichem Denken und Arbeiten, Olten 1946
  • Schweigende und sprachscheue Kinder. Thymogener Mutismus (Aphrasie voluntaria), Olten 1944

Reihe: Bedrohte Jugend - Drohende Jugend

  • Aber er nässt immer noch, Stuttgart 1944
  • Wenn Kinder lügen, Stuttgart 1947
  • Kinder und Jugendliche in Gefahr, Stuttgart 1947
  • Willenschwache werden willensstark, Stuttgart 1947
  • So lernen Kinder richtig sparen, Stuttgart 1957
  • Kinder und Jugendliche richtig an die Hand nehmen, Stuttgartg o. J.

Literatur (Auswahl)

  • Manfred Berger: Josef Spieler - Sein Leben und Wirken. In: heilpaedagogik.de 2004/Heft 2, S.25-27 (http://bhponline.de/down/public/6xxx-zeitung/7511-20090129-01.pdf)
  • Raab, H.: Die deutschsprachigen Länder. In: Ruffieux, R. u. Rektorat der Universität (Hrsg.): Histoire de l'Université de Fribourg Suisee 1889-1989, Bd. 1, Fribourg 1991, S- 278-307
  • Wolfisberg, C.: Heilpädagogik und Eugenik. Zur Geschichte der Heilpädagogik in der deutschsprachigen Schweiz (1800-1950), Zürich 2002
  • Wolfisberg, C.: Die professionalisierung der Heil-/Sonderpädagogik in der deutschsprachigen Schweiz (1850-1950). In: Horster, D./Hoyningen-Düess, U./Liesen, Ch. (Hrsg.): Sonderpädagogische Professionalität. Beiträge zur Entwicklung der Sonderpädagogik als Disziplin und Profession, Wiesbaden 2004, S. 53-66
  • Ruffin, B.: Josef Spieler. Sein Leben, sein Wirken und seine Bedeutung für die Geschichte der Heilpädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Jahre 1933 - 1945 und der Nachkriegsjahre, München 2004 (unveröffentlichte Diplomarbeit; archiviert im Ida-Seele-Archiv)
  • Ellger-Rüttgardt, S. L.: Geschichte der Sonderpädagogik. Eine Einführung, München/Basel 2008
  • Eberle, G.: Von der Relevanz der Fachgeschichte für die Heilpädagogik und der Feststellung einer 'zweiten Schuld', in: heilpaedagogik.de 2009/H. 1, S. 7-15

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolfisberg 2002, S. 133.
  2. Raab 1991, S. 304.
  3. Vgl. Ellger-Rüttgardt 2008, S. 293 f.
  4. Ruffin 2004, S. 57.
  5. Heiratsurkunde: Ida-Seele-Archiv
  6. Vgl. Ruffin 2004, S. 137 f; Dokumente: Ida-Seele-Archiv.

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