- Kaiserglocke
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Die Kaiserglocke („Gloriosa“) war bis 1918 die größte Glocke des Kölner Domes. Ihre Nachfolgerin ist seit 1923 die St. Petersglocke.
Die 1875 von Andreas Hamm (Frankenthal) – nach dreimaligem Umgießen – gegossene Glocke hatte den Schlagton cis0. Sie wog 26,250 t bei einem Durchmesser von 342 cm; die Schlagringstärke der Glocke betrug 29 cm. Im Juli 1918 wurde die Glocke im Glockenturm zerlegt und ihr Metall zu Kriegszwecken abgeliefert.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
Am 10. Dezember 1870, in der Mitte des deutsch-französischen Krieges, schrieb der Zentral-Dombau-Verein einen Bittbrief an die preußische Regierung. Sie baten um eine Anzahl erbeuteter Kanonen. Zweiundzwanzig Kanonenläufe, sowie etwa 5 t Zinn, waren für den Guss der Glocke erforderlich. Da diese Kanonen eine „Spende“ des deutschen Kaisers waren, erhielt die Glocke diesen Namen.
Der Gießer, Andreas Hamm, wurde per Vertrag verpflichtet, den Ton c0 auch genau zu treffen. Doch der erste Guss misslang. Am 13. November 1873 erfolgte ein zweiter Guss. Doch auch dieser Guss war nicht zufriedenstellend, der gewünschte Schlagton konnte immer noch nicht ganz erreicht werden. Aber es wurde kein weiterer Guss beschlossen; vielmehr sollten der Klöppel und die Aufhängung geändert werden. Beim Probegeläut wurde dann festgestellt, dass statt einem gefordertem c0, die Glocke im Ton cis0 erklingt.
Am 7. August 1878 wurde die Kaiserglocke in den Südturm hinaufgezogen. Gut zwei Dutzend Deutzer Kürassiere hingen in den Seilen, wenn die Kaiserglocke läuten sollte. 30 Jahre lang misslangen die Versuche, wenigstens einen technisch einwandfreien Anschlag zu erzielen. Im Volk wurde die Kaiserglocke „Große Schweigerin“ oder einfach „die Stumme von Köln“ genannt. Am Pfingstsamstag, dem 6. Juni 1908, brach die Klöppelöse und der gesamte Klöppel der Kaiserglocke stürzte in den Glockenstuhl.
Als Klöppel diente nun eine vom Bochumer Verein konstruierte, 18 Zentner[1] (= 900 kg) schwere Stahlkugel, die an Seilen in der Glocke aufgehängt war. Sie ist noch heute im eigens eingerichteten Glockenmuseum unter der Glockenstube des Südturmes zu begutachten.
Der Glocke war kein langes Leben beschert. Bereits im Jahr 1918 wurde sie zur Gewinnung von kriegswichtigem Material im Südturm zerlegt und abtransportiert.
Gestaltung
Krone
Die sechs Henkel, welche die Krone der Kaiserglocke bildeten, waren mit Engelsköpfen geziert und liefen an den Befestigungspunkten in Löwenklauen aus. Der reiche Schmuck der Glocke entstammte einem Entwurf des Dombaumeisters Voigtel; die Modelle zu den Bildnissen und Ornamenten waren von Prof. Fuchs angefertigt worden.
Inschriften
Um die Schulter – unterhalb der Krone – verlief eine dreizeilige Inschrift in gotischen Buchstaben:
GUILELMUS, AUGUSTISSIMUS IMPERATOR GERMANORUM,REX BORUSSORUM PIE MEMOR COELESTIS AUXILII ACCEPTI IN GERENDO FELICISSIME CONFICIENDOQUE NUPERRIMO, BELLO GALLICO, INSTAURATO IMPERIO GERMANICO, BELLICA TORMENTA CAPTIVA AERIS QUINQUAGINTA MILLIA PONDO IUSSIT CONFLIARI IN CAMPANAM SUSPENDENDAM IN HAC ADMIRANDAE STRUCTURAE AEDE EXAEDIFICATIONI TANDEM PROXIMA.
CUI VICTORIOSISSIMI PRINCIPIS PIETISSIMAE VOLUNTATI OBSECUTA SOCIETAS PERFICIENDO HUIC TEMPLO METROPOLITANO CONSTITUTA F. G. PIO P. IX. V. PONTIFICI ROMANO PAULO MELCHERS ARCHIEP. COLONIEN. A. D. MDCCCLXXIV.(Wilhelm, der allerdurchlauchtigste deutsche Kaiser und König von Preußen, in frommer Erinnerung an die himmlische Hilfe, die ihm bei der so glücklichen Führung und Beendigung des jüngsten französischen Krieges zuteil wurde, hat nach Wiederaufrichtung des deutschen Kaisertums aus eroberten Geschützen im Gewichte von 50 000 Pfund eine Glocke zu gießen befohlen, die auf diesem herrlichen, seinem Ausbau endlich nahe gerückten Gotteshaus aufgehängt werden solle. Solchem frommen Willen des sieggekrönten Fürsten entsprechend, hat der zur Vollendung dieses Domes gegründete Verein dieselbe herstellen lassen unter dem römischen Papst Pius IX. und dem Erzbischof von Köln Paul Melchers, im Jahre des Herrn 1874.[1])
Auf der vorderen Flanke war ein Relief des hl. Petrus, darunter folgende Inschrift:
VOCE MEA COELI POPULO DUM NUNTIO SORTES
SURSU CORDA VOLANT AEMULA VOE SUA.
PATRONUS QUI VOCE MEA TEMPLI ATRIA PANDIS
JANITOR ET COELI LIMINA PANDE SIMUL.(Künd’ ich mit meiner Stimme dem Volk die himmlische Botschaft,
Schwingen die Seelen sich auf, stimmen voll Eifer mit ein.
Der Du durch meine Stimme des Tempels Hallen eröffnest,
Oeffne des Himmels Tür, himmlischer Pförtner, zugleich.[1])Gegenüber dessen war ein Abbild des deutschen Reichswappens, unter dem folgende Inschrift geschrieben stand:
Die Kaiserglocke heiss’ ich, Des Kaisers Ehren preis ich,
Auf heil’ger Warte steh’ ich, Dem Deutschen Reich erfleh’ ich,
Dass Fried’ und Wehr Ihm Gott bescheer’![1]Namensverwandte
Deutschland
- Kaiserglocken im Bamberger Dom. Gemeint sind die Heinrichsglocke von 1311 (179,9 cm, ~5.000 kg, cis1) und die Kunigundenglocke aus der Zeit um 1185 (159,5 cm, ~3.450 kg, c1).
- Kaiserglocke von 1905 (~6.400 kg, g0) in der Bad Homburger Erlöserkirche
- Kaiserglocke (Kaiser-Ruprecht-Glocke) von 1949 (321 cm, ~14.000 kg, es0) in der Stiftskirche zu Neustadt an der Weinstraße
- Kaiserglocke von 1822 (208 cm, 5.350 kg, g0) im Speyerer Dom
Österreich
- Kaiserglocke von 1845 (215 cm, 6.374 kg, gis0) in der Liebfrauenkirche zu Kitzbühel
Italien
- Kaiserglocke (St. Augustin) von 1895 (201 cm, 5.026 kg, gis0) in der Benediktinerabtei zu Muri-Gries
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Ernst & F. Wiebel: Die Glocken und das Läutewerk des Domes zu Cöln. Ernst & F. Wiebel, M. Gladbach 1909, S. 19–23.
Literatur
- Wilhelm Kaltenbach: Die ehemalige Kaiserglocke des Kölner Doms. In: Willy Weyres & Herbert Rode (Hrsg.): Kölner Domblatt – Jahrbuch des Zentral-Dombauvereins 38./39. Folge. Bachem, Köln 1974, S. 121–146.
- Martin Seidler: Die Kölner Domglocken. 2. Auflage. Kölner Dom, Köln 2000.
- Ernst & F. Wiebel: Die Glocken und das Läutewerk des Domes zu Cöln. Ernst & F. Wiebel, M.Gladbach 1909.
Weblinks
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