- Kamancha
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Die Kamancheh, Kemāncheh, Kamancha, persisch کمانچه (aus kamān „Bogen“ und der Verkleinerungsform cha, also „Bögchen“) ist ein iranisches Streichinstrument.
Inhaltsverzeichnis
Unterscheidung
Die Kemāncheh wird auch Ghaichak genannt, wobei unter dieser Bezeichnung zwei Typen von Streichlauten verstanden werden: Zum einen die Stachelfideln mit einem einfachen, runden Resonanzkörper und langem, dünnen Hals (Langhalsgefäßspießlauten) wie die Kemāncheh, die alten türkischen Streichinstrumente Rebab und Kabak-Kemane; zum anderen der Sarinda-Typ von Saiteninstrumenten. Letztere haben einen kurzen, teilweise breiten Hals mit einem doppelten oder aus zwei Hälften bestehenden Korpus. Zu dieser Kategorie zählen neben der Streichlaute Sarinda auch das gezupfte afghanische Nationalinstrument Rubab. Weiterentwicklungen der Sarinda in Nordindien führten bei der Sarangi, Dilruba und Esraj zu einem nur noch wenig taillierten Korpus und annährend gleich breitem Hals. Die Kemāncheh ist sprachverwandt, aber nicht bauähnlich mit der türkischen Streichlaute Kemençe. Zwischen dem Mittelmeerraum und Nordindien werden mit unterschiedlichen Schreibweisen des Wortstammes kamān verschiedene gestrichene Langhalslauten oder Kurzhalslauten verstanden.
Bauform und Spielweise
Die Entwicklung der Kemāncheh lässt sich über türkische Streichinstrumente wie die Rebab von der byzantinischen Lyra herleiten. Der Korpus ist relativ klein, rund und aus Hartholz (Walnuss- oder Maulbeerbaumholz) gefertigt. Die kreisrunde Öffnung an der Decke ist mit Fischhaut bespannt, was für die feine und warme Klangfarbe sorgt. Vier Stahlsaiten laufen über einen flachen Steg und ein schmales Griffbrett zu den paarweise gegenüber liegenden Wirbeln. Die vierte Saite kam vermutlich erst Anfang des 20. Jahrhunderts nach Bekanntschaft mit der europäischen Geige hinzu. Die Saiten sind in Quarten oder Quinten gestimmt. Früher wurde das Instrument wie alle Stachelgeigen auf dem Boden sitzend gespielt und senkrecht vor den Körper gehalten. Heute sitzt der Musiker auf einem Stuhl und setzt den Stachel außerhalb des linken Knies auf die Ecke des Stuhls. Der Tonumfang entspricht etwa dem einer Geige. Die Pferdehaare des Bogens werden während des Spiels mit den Fingern gespannt.
Eine Kemāncheh gehört zu praktisch jedem Orchester der iranischen Musik. Klassische Kompositionen, deren Melodien (Radif) sich innerhalb eines Dastgah (einer modalen Tonfolge, die mit dem indischen Raga oder dem aserbaidschanischen Mugham vergleichbar ist) entfalten, werden außer mit der Kemāncheh als weiteren Hauptinstrumenten mit der gezupften Langhalslaute Târ, der Kastenzither Santur, der Längsflöte Nay sowie Perkussionsinstrumenten aufgeführt. Die afghanische Musik der großen Städte war bis Anfang des 20. Jahrhunderts stark von der iranischen klassischen Musik beeinflusst, weshalb auch dort einige der iranischen Musikinstrumente einschließlich der Kemāncheh anzutreffen waren. Im Norden war dagegen die zentralasiatische, zweisaitige Dambura vorherrschend.
Aus der persischen Miniaturmalerei und von ihrem größten Vertreter Behzād (1460–1535) sind zahlreiche Hofmusikszenen, in denen eine Spießgeige abgebildet ist, überliefert.
Bekannte Kemāncheh-Musiker sind Ali-Asghar Bahari (1905–1995);[1] der iranische Kurde Ardeshir Kamkar (* 1962), Mitglied der Gruppe Kamkars; Kayhan Kalhor (*1963),[2] ebenfalls Kurde; Saeed Farajpouri (* 1961), Student von Hossein Alizadeh und Mitglied in dessen Orchester und Rahmatollah Badi'i (* 1936),[3] der als Geigenspieler und Konzertmeister bekannt wurde. Der iranische Komponist Hossein Alizadeh (* 1951 in Teheran) brachte 2006 in der New Yorker Carnegie Hall die Komposition New Work for Kemancheh and String Quartett zur Uraufführung.
Einzelnachweise
- ↑ Ali Asghar Bahari. A very great Master of Radif and Kamancheh. Iran Chamber Society
- ↑ Kayhan Kalhor eigene Webseite
- ↑ Biography of Rahmatollah Badiyi. Parisa Badiyi
Literatur
- John Baily: Music of Afghanistan: Professional Musicians in the City of Herat. Cambridge University Press, Cambridge 1988, S. 14, 18f
- Jean During: La Musique iranienne. Tradition et évolution. Edition Recherche sur les Civilisations, Paris 1984, S. 75–81
Weblinks
- Beschreibung und Klangbeispiele (englisch)
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