Kanzleisprache

Kanzleisprache

Als Kanzleisprache wird allgemein dasjenige Idiom bezeichnet, das für amtliche Schriftsätze der (zumeist) höfischen Kanzleien Verwendung findet. Der Begriffsgebrauch ist seit dem 18. Jahrhundert nachweisbar.[1] Die Kanzleisprache spielt bei der Herausbildung von Sprach- und Schriftstandards der jeweils verwendeten Sprache eine wichtige Rolle. Die standardisierende Wirkung der Kanzleisprache beruht zum einen auf der Ausstrahlung des Herrschaftszentrums, sei sie machtpolitisch, diplomatisch oder durch die besondere kulturelle Vorbildlichkeit des jeweiligen Hofes begründet. Zum anderen ergibt sie sich in vielen Fällen durch die Bevorzugung überregionaler Ausgleichsformen durch die Kanzleischreiber, sei es durch bewusste Sprachwahl oder durch die Beteiligung von Sprechern bzw. Schreibern aus verschiedenen dialektalen Regionen der verwendeten Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgebrauch

  • In allgemeinster Definition bezeichnet der Begriff „Kanzleisprache“ den besonderen administrativen Schriftsprachgebrauch unabhängig von Ort und Zeit (aber eingeschränkt auf eine örtlich konzentrierte Verwaltung), also zum Beispiel auch den spezifischen Stil der Palastbürokratie antiker Königreiche und Stadtstaaten.
  • In engerer Definition bezieht sich der Terminus nur auf den besonderen Sprachstil der herrschaftlichen Kanzleien Europas in Mittelalter und Neuzeit, oft eingeengt auf die nichtlateinische/nichtgriechische Schriftsprache.
  • Oft wird der Begriff „Kanzleisprache“ in engster Definition auf die besonderen Ausformungen im deutschen Sprachraum bezogen, wo historisch im oberdeutschen Raum die Maximilianische Kanzleisprache, das am Hof in Prag verwendete Prager Kanzleideutsch, sowie die Kanzleisprache in Wien eine wichtige Rolle spielten. Eine noch größere Bedeutung für die Herausbildung der neuhochdeutschen Sprache hatten aber die im mitteldeutschen Raum verwendeten Formen aus Meißen und Dresden (Sächsische Kanzleisprache). In dieser Bedeutung wird das deutsche Wort auch in anderen Sprachen verwendet.

Quellen

  1. http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd2/drw/e/ka/nzle/ispr/ache/kanzleisprache.htm Hier auch Belegstellen im Einzelnen für den erst im 18. Jahrhundert vereinzelt belegten Begriff der „Kanzleisprache“

Literatur

  • Hannick, Christian (Hrsg.): Kanzleiwesen und Kanzleisprache im östlichen Europa. Köln 1999 (Beihefte zum Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 6)
  • Ewald, Konrad: Terminologie einer französischen Geschäfts- und Kanzleisprache vom 13. bis 16. Jahrhundert. Grauwiller Liestal 1968 (Dissertation Basel)
  • Stang, Chr. S.: Die westrussische Kanzleisprache des Grossfürstentums Litauen. Oslo 1935
  • Gerhard Kettmann: Die kursächsische Kanzleisprache zwischen 1486 und 1546. Studium zum Aufbau und zur Entwicklung. Berlin 1967

Weblinks

  • http://www.kanzleisprache.de (Seite eines DFG geförderten Projektes zur Kanzleisprache des 17. Jahrhunderts: Untersuchungen zu Sprache und Kommunikation in Hexenverhörprotokollen )

Siehe auch


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