Standarddeutsch

Standarddeutsch

Standarddeutsch (auch Hochdeutsch oder Schriftdeutsch) bezeichnet die in Wortschatz, Aussprache-, Grammatik- und Schreibnormen kodifizierten Sprachvarietäten des Deutschen.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Mit Standarddeutsch werden alle standardisierten Sprachvarietäten im deutschen Sprachraum bezeichnet und so von den nicht standardisierten Sprachvarietäten abgegrenzt: den Dialekten, Umgangssprachen, Fachsprachen und Soziolekten. Standardisierte Sprachvarietäten werden zur überregionalen Verständigung verwendet.

Der Begriff Standarddeutsch ist insofern problematisch, als es im deutschen Sprachgebiet keine legitimierte Instanz gibt, die Standards im Sinne von Regeln für Grammatik und Aussprache der deutschen Sprache festlegen könnte. Anders als z. B. in Frankreich, wo die Académie française offiziell reguliert, was „richtiges“ Französisch ist, gibt es somit kein für alle Bürger „richtiges“ Deutsch. Im Rahmen von Dienstvorschriften gibt es für deutsche Beamte (somit auch Lehrer) und Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, ein (somit) „amtliches Hochdeutsch“. Ebenso sind Arbeitnehmer meist per Arbeitsanweisung zur Einhaltung z. B. der „Neuen deutschen Rechtschreibung“ angewiesen (z.B. Journalisten). Eine Privatperson darf (in ihrer Freizeit) (deutsch) schreiben und sprechen wie es ihr beliebt, ohne dass dies „falsch“ wäre.

Maßstäbe haben die Handbücher einzelner Gelehrter oder Gruppen von Gelehrten gesetzt. Diese sind aber nie unumstritten geblieben, da ihre Autoren, auch wenn sie sich auf Sprachbeobachtung stützten, nach eigenen Kriterien entschieden haben, was als Standard gelten soll und was nicht. Die Folge dessen ist, dass derartige Werke zahlreiche Neubearbeitungen erfahren haben, in denen dann anerkannt wurde, was zuvor als standardwidrig galt. Für die Aussprache ist als Beispiel Theodor SiebsDeutsche Aussprache zu nennen, dessen ursprünglicher Titel „Deutsche Bühnenaussprache“ zeigt, dass zunächst kein allgemeiner Standard beabsichtigt war. Für den Bereich der Grammatik hat der 4. Band (Die Grammatik) der Duden-Reihe Bedeutung erlangt, weil deren 1. Band (Die deutsche Rechtschreibung) per Kultusministererlass in der „alten” Bundesrepublik (d. h. vor 1990) über Jahrzehnte als „maßgebend in allen Zweifelsfällen“ (so der Untertitel noch der 20. Auflage von 1991) anzuwenden war. Die 3. und 5. Auflage der Duden-Grammatik haben Neubearbeitungen erfahren, die neueren Entwicklungen zum einen in der Linguistik und zum anderen in der Sprache selbst gefolgt sind. Sowohl die theoretischen Bedingungen, nach denen Kriterien für die Standards aufgestellt werden, als auch die Sprachpraxis, die immer mehr von den vorgeblichen Standards abwich, haben zur Formulierung neuer Standards geführt. Solche und konkurrierende Grammatiken sind daher eher deskriptiv als normativ und für viele potenzielle Nutzer nur schwer zur Orientierung zu verwenden.

Die standarddeutschen Varietäten sind Ausgleichssprachen auf plurizentrischer Grundlage. Ein Deutsch, das mit allen Wörtern und Wendungen überall identisch ist, gibt es nicht.

Unter den Dialektgruppen weisen die Thüringisch-Obersächsische Dialektgruppe, die Anhaltische Mundart und die Ostfränkische Dialektgruppe die meisten Parallelen zur Schriftsprache auf. Die niederdeutsche Substratsprache hat dabei die Aussprache verändert. Einer verbreiteten Auffassung zufolge wird eine der schriftdeutschen Standardsprache nahe kommende Umgangssprache („das beste Hochdeutsch”) in Hannover und Umgebung gesprochen. Niederdeutsche Mundarten werden dort kaum noch gesprochen. Bis zum frühen 20. Jahrhundert galt allerdings das Prager Deutsch als „das beste Hochdeutsch”.

Siehe auch

Literatur

  • Ulrich Ammon, Hans Bickel, Jakob Ebner, u. a.: Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie in Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol. Walter de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-016575-9.
  • Werner Besch: Die Entstehung der deutschen Schriftsprache. Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, ISBN 3-531-07290-0.
  • Werner Besch: Die Rolle Luthers in der deutschen Sprachgeschichte. Carl Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0881-2.
  • Ruth Brons-Albert: Gesprochenes Standarddeutsch. Telefondialoge. Stauffenburg (Studien zur deutschen Grammatik 18), Tübingen 1984, ISBN 3-86057-408-6.
  • Christa Dürscheid und Martin Businger (Hrsg.): Schweizer Standarddeutsch. Beiträge zur Varietätenlinguistik. Gunter Narr, Tübingen 2006, ISBN 3-8233-6225-9.
  • Alfred Lameli: Standard und Substandard. Regionalismen im diachronen Längsschnitt. Franz Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08558-0.
  • Michael Clyne: The German Language in a Changing Europe. Cambridge University Press, 1998, ISBN 0-521-49970-4.

Weblinks


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