- Karatschai-Balkarische Sprache
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Karatschai-Balkarisch Gesprochen in
Russland Sprecher 250.000 Linguistische
Klassifikation- Altaische Sprachen (umstritten)
- Turksprachen
- Kiptschakische Sprachen
- Karatschai-Balkarisch
- Kiptschakische Sprachen
- Turksprachen
Offizieller Status Amtssprache von Karatschai-Tscherkessien (Karatschaiisch)
Kabardino-Balkarien (Balkarisch)
Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: krc
ISO 639-3: krc
Die Karatschai-Balkarische Sprache (karatschai-balkarisch Къарачай-малкъар тил Qarachay-malqar til) ist eine westtürkische Sprache der pontisch-kaspischen Untergruppe.[1] Die Kurzbezeichnung ist Karatschai-Balkarisch.
Karatschai-Balkarisch zerfällt dialektal in die Einzelidiome Karatschaisch und Balkarisch. Die sprachlichen Unterschiede zwischen beiden Dialekten sind jedoch minimal, sodass die Turkvölker der Karatschaier und Balkaren sie als einheitliche Sprache ansehen. Dennoch werden sie mitunter in der Klassifikation der Turksprachen als Einzelsprachen gewertet. (siehe auch Klassifikationsmöglichkeiten)
Inhaltsverzeichnis
Sprachbezeichnungen
Vom 17. Jahrhundert bis in die 1920er Jahre wurde das Karatschai-Balkarische (fälschlich) als Tatarisch oder differenzierter als Bergtatarisch bezeichnet. Die damaligen Eigenbezeichnungen der Sprache waren Tuvh til bzw. Tuvh tili, was man mit „Gebirgssprache“ („Tuvh“ = Berg; vergleiche auch türkisch „Dağ“) übersetzen kann.
Hauptverbreitung
Karatschai-Balkarisch ist heute die Schriftsprache von rund 250.000 Menschen. Hauptverbreitungsgebiet der Sprache ist die heutige Republik Karatschai-Tscherkessien im südlichen Russland an der georgischen Grenze nordöstlich des Schwarzen Meeres. Ab 1944 waren die Sprecher des Karatschai-Balkarischen nach Zentralasien deportiert worden; 1957 konnten sie unter Auflagen wieder in ihre alten Siedlungsgebiete zurückkehren.
Bei der letzten offiziellen Volkszählung der Sowjetunion (1989) gaben noch 151.000 oder 98% der Karatschaier ihre Variante der Sprache, das „Karatschaische“. Von den benachbarten Balkaren gaben 79.702 Balkaren an, „Balkarisch“ als Muttersprache zu haben.
10.000 Karatschaier und eine unbekannte Zahl von Balkaren leben heute in der Türkei (Eskişehir) und 4.000 in den USA (New Jersey).
Klassifizierung
Karatschai-Balkarisch wird mit unter verschieden klassifiziert. So listet das „Fischer Lexikon Sprachen“ (1987) diese Sprache wie folgt ein.[2]
- Turksprachen
- Westlicher Zweig
- Kiptschakische Gruppe
- Kiptschakisch-oghusische Gruppe
- Karatschaisch
- Balkarisch
- Kiptschakisch-oghusische Gruppe
- Kiptschakische Gruppe
- Westlicher Zweig
Dagegen wird diese Sprache im „Metzler Lexikon Sprache“ (1993) wie nachstehend klassifiziert.[3]
- Turksprachen
- Westtürkisch (Kiptschakisch)
- Pontisch-Kaspisch (Kiptschak-Oghusisch)
- Karatschaisch
- Balkarisch
- Pontisch-Kaspisch (Kiptschak-Oghusisch)
- Westtürkisch (Kiptschakisch)
Die aktuelle Klassifikation wird im Artikel Turksprachen aufgeführt.
Alphabete
Die turksprachigen Völker der Region verwendeten im Mittelalter ein osttürkisches Idiom, das Tschagataiische, als Schriftsprache, das mit dem persisch-arabischen Alphabet geschrieben wurde. Ab dem 17. und 18. Jahrhundert wurde das Tschagatai durch das „Tatarische“ abgelöst, das aber ebenfalls mit dem arabischen Alphabet geschrieben wurde. Dieses „Tatarische“ wurde vor allem aus zwei Turksprachen gebildet, die damals in der Kaukasusregion neben dem Arabischen eine Art „Lingua franca“ bildeten: das Kumykische und Aserbaidschanische. Daneben hatte aber auch das Persische im 17. und 18. Jahrhundert einen großen Einfluss auf die Sprache, da es als „Sprache der hohen Poesie“ im Kaukasus weit verbreitet war und dessen Einfluss erst mit den russischen Eroberungen des 19. Jahrhunderts zu Gunsten des Russischen erlosch.
Eigenständige Schriftsprache wurde Karatschai-Balkarisch erst im Jahr 1924, als das arabische Alphabet durch ein „Latein-Alphabet“ abgelöst und eine eigenständige Grammatik und Rechtschreibung nach dem Vorbild des Aserbaidschanischen eingeführt wurde. (siehe auch nachfolgende Tabelle.)
A a B в C c Ç ç D d E e F f G g Ƣ ƣ I i J j K k Q q L l M m N n N̡ n̡ O o Ө ө P p R r S s Ş ş T t Ь ь U u V v Y y X x Z z Ƶ ƶ Seit 1936 musste Karatschai-Balkarisch, nach der Einführung des von Moskau verordneten obligatorischen Russisch-Unterrichtes, mit einem modifizierten kyrillischen Alphabet geschrieben werden. (siehe nachfolgende Tabelle)
А а Б б В в Г г Гъ гъ Д д Дж дж Е е Ё ё Ж ж З з И и Й й К к Къ къ Л л М м Н н Нг нг О о П п Р р С с Т т У у Ў ў Ф ф Х х Ц ц Ч ч Ш ш Щ щ ъ Ы ы ь Э э Ю ю Я я
Mit dem beginnenden Zusammenbruch der UdSSR forderten pantürkische Kreise der Karatschaier und Balkaren ab 1988 die Wiedereinführung der arabischen Schrift. Diese wurde sogar von den Regionalbehörden kurzfristig zugelassen. Doch bereits 1989 wurde die Schrift wieder auf das Kyrillische umgestellt.Nach einem Turkgipfel in Ankara, der im Oktober 1990 stattfand, forderten auch die Karatschaier und Balkaren die erneute Einführung eines lateinisch basierten Alphabetes. Sie konnten die Forderung damit begründen, dass ihre Schriftsprache ihre eigenständigen Wurzeln in den türkischen Lateinalphabeten der 1920er Jahre hatte. Zwischen den Jahren 1991 und 1995 wurde (inoffiziell) mit verschiedenen Lateinalphabeten gearbeitet, die sich aber in der Region nicht durchsetzen konnten. So gingen die Karatschaier und Balkaren wieder zur kyrillischen Schreibung über.
Von einer erneuten Latinisierung des Karatschai-Balkarischen ist man inzwischen abgekommen. Nur militante Kreise der Karatschaier und Balkaren benutzen das moderne türkische Alphabet auf ihren Internetseiten, um dort einen neuen Panturkismus zu propagieren.
siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache, S. 81 und 292
- ↑ Heinz F. Wendt: Fischer Lexikon Sprachen, S. 329
- ↑ Helmut Glück: Metzler Lexikon Sprachen, S. 657
Literatur
- Heinz F. Wendt (Hrsg.): Das Fischer-Lexikon. Band: Sprachen. Durchgesehene und korrigierte Neuausgabe, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3 (Fischer 4561).
- Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 3. neubearbeitete Auflage. Metzler, Stuttgart u. a. 2005, ISBN 3-476-02056-8.
Weblinks
- Altaische Sprachen (umstritten)
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