Karatschai-See

Karatschai-See
Karatschai-See

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Geographische Lage Region Tscheljabinsk, Russland
Daten
Koordinaten 55° 40′ 38″ N, 60° 47′ 55″ O55.67722222222260.798611111111Koordinaten: 55° 40′ 38″ N, 60° 47′ 55″ O
Karatschai-See (Oblast Tscheljabinsk)
Karatschai-See
Fläche 50 haf5
Die Region Tscheljabinsk innerhalb Russlands

Der Karatschai-See (russisch озеро Карача́й / ozero Karačaj) ist ein See im südlichen Ural in der Nähe der Stadt Kyschtym in der russischen Region Tscheljabinsk. Ab dem Jahre 1951[1] nutzte die Sowjetunion Karatschai als Lagerstätte für radioaktiven Abfall aus Majak, dem nahe gelegenen nuklearen Zwischenlager und Wiederaufbereitungsanlage, in der Nähe von Osjorsk (damals Tscheljabinsk-40).

Laut eines Berichts des Worldwatch Institutes zu radioaktivem Abfall ist Karatschai der „am stärksten verschmutzte Ort“ der Erde.[2] Der See enthielt 1990 radioaktives Material mit einer Aktivität von rund 4,44 Exa-Becquerel (EBq),[3] darunter 3,6 EBq aus Caesium-137 und 0,74 EBq aus Strontium-90[1] (wovon jetzt (2009) noch etwa zwei Drittel übrig sein dürften; allerdings kommen noch immer neue Immissionen hinzu). Zum Vergleich: Bei der Katastrophe von Tschernobyl wurden insgesamt Material mit einer Aktivität zwischen 5 und 12 EBq freigesetzt. Diese verteilen sich jedoch auf ein weitaus größeres Gebiet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zwischen 1949 und 1951 wurden atomare Abfälle aus der Atomanlage Majak zunächst ausschließlich direkt in das Tetscha-Flusssystem entsorgt.[1][3] Sehr schnell traten massenhaft Folgen von Strahlungsschäden (u.a. Lungenkrebs und Leukämie) bei der Bevölkerung der Umgebung und den Arbeitern der Anlage auf.[3] Zur Vermeidung dieser Gesundheitsschäden wurden ab 1951 die Abfallströme nach und nach in den Karatschai-See umgeleitet.[1][3] Diese Praxis hielt bis 1953 an.[4] Danach begann man den Abfall in Tanks zu deponieren und die Einleitungen in den See wurden deutlich reduziert.[3] Einer jener Tanks explodierte schließlich 1957 bei der Katastrophe von Kyschtym.[3]

In den 1960ern begann der See auszutrocknen. Seine Oberfläche verkleinerte sich von 0,5 km² im Jahr 1951[1] auf 0,15 km² Ende 1993.[5] Nach einer Trockenheit trug der Wind im Jahre 1968 radioaktiven Staub von der trockengefallenen, früher vom See bedeckten Fläche weg und belastete eine halbe Million Menschen sowie eine Fläche von 1.800 km² mit 185 Peta-Becquerel an Strahlung (fünf Millionen Curie),[3] eine ähnliche Strahlungsdosis wie sie in Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe Little Boy freigesetzt wurde.

Zwischen 1978 und 1986 wurde der See mit Beton-Hohlkörpern aufgefüllt und vollständig abgedeckt, um weitere Sedimentbewegungen zu verhindern.

In der Nähe des Sees steht das nie in Betrieb genommene Kernkraftwerk Süd-Ural.

Gegenwart und Zukunft

Die Strahlungsintensität am Ufer des Sees lag vor oder um 1991 im am stärksten belasteten Bereich bei 600 Röntgen pro Stunde (R/h),[4] was einer Dosisleistung von etwa 6 Gray (Gy) pro Stunde entspricht. Ungeschützt wäre diese Strahlung für einen Menschen bereits nach einer Stunde tödlich.[6] Ein anderer Vergleich: Während einer Flugreise in 12.000 m Höhe ist man 25 μGy/h (Mikrogray pro Stunde) ausgesetzt und der Jahresgrenzwert für beruflich strahlenexponierte Personen in Deutschland beträgt 20 mGy. Laut russischen Wissenschaftlern riskiert jeder, der sich in der Nähe des Sees aufhält, eine akute Strahlenkrankheit.[7]

Es kann für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, dass das Wasser des Sees über Grundwasserströme in Kontakt mit dem Fluss Tetscha und damit dem Ob kommt. Auf diese Weise könnte die Radioaktivität auch den Arktischen Ozean erreichen.[8] „Wenn sich die Radioaktivität des Karatschai-Sees in den Arktischen Ozean, eine der letzten großen Wildnisse, ergießen sollte, könnte sie die halbe Erde erreichen.“[7]

Trivia

Die Band Pain of Salvation veröffentlichte mit "One Hour By The Concrete Lake" ein Album, das die Verschmutzung des Sees thematisiert.

Große Teile des Romans „Das Messias-Gen“ von James Rollins spielen in der Gegend des Sees und behandeln die Gefahren, die von seiner Radioaktivität ausgehen.[9]

Siehe auch

Literatur

  • TB Cochran, RS Norris, and KL Suokko: Radioactive Contamination at Chelyabinsk-65, Russia. Annu. Rev. Energy Environ. 18:507--528 (1993). doi:10.1146/annurev.eg.18.110193.002451. PDF

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Kose.ee: Lake Karachay
  2. Lenssen, "Nuclear Waste: The Problem that Won't Go Away," Worldwatch Institute, Washington, D.C., 1991: 15.
  3. a b c d e f g GlobalSecurity.org: Weapons of Mass Destruction - Chelyabinsk-65/Ozersk
  4. a b Antenna.nl: PU production and contamination in the USSR
  5. Batelle.org: Russia's Plutonium
  6. siehe Literatur: Cochran, Norris, and Suokko, S. 10 (bzw. S. 518) unten
  7. a b Sandia National Lab - Advanced Simulation and Computing Contamination Sites
  8. Ask1.org: Majak – Leuchtfeuer des nuklearen Wahnsinns
  9. Werner Schuster: Buchbesprechung „Das Messias-Gen“. Abgerufen am 28. September 2010.

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