- Kardinalnepot
-
Das Amt des Kardinalnepoten war eine im Kirchenstaat der Renaissance und des Barocks etablierte Position. Dabei wurden Verwandte des amtierenden Papstes, meistens dessen Neffen, in den Kardinalsrang erhoben, um dann als „rechte Hand“ des Papstes zu fungieren. Diese fest umschriebene und institutionalisierte Rolle des Kardinalnepoten wurde im System der römisch-katholischen Kirche von Paul III. während dessen Pontifikat von 1534 bis 1549 etabliert. Innozenz XII. schaffte dieses Amt 1692 wieder ab. Der Begriff des Nepotismus (Neffen-, Vetternwirtschaft) hat in diesem Amt seinen Ursprung.
Inhaltsverzeichnis
Funktionen des Kardinalnepoten
Die mit dem Amt verbundene „Vetternwirtschaft“ war aus der damaligen Sicht betrachtet eine für Machtentfaltung und Machterhalt der Päpste sinnvolle Einrichtung, da in der noch nicht ausreichend entwickelten Verwaltungsbürokratie Schlüsselpositionen und wichtige Aufträge nur von engsten Vertrauten, also vorzugsweise von Verwandten, besetzt und ausgeführt werden konnten. In diesem Zusammenhang musste der Nepot wichtige Missionen in Vertretung des Papstes absolvieren, hatte aber meistens hauptsächlich repräsentative und protokollarische Aufgaben wie z.B. das Signieren der diplomatischen Post und das Auftreten auf Empfängen zu erfüllen. Wirkliche Macht hatte ein Nepot indes selten.
Seit Innozenz X. gingen die politischen Funktionen ab 1644 allmählich auf den Kardinalstaatssekretär über.
Das Amt des Kardinalnepoten diente aber auch dazu, die Familie des Papstes über das Pontifikat hinaus im Adel fest zu verankern und wirtschaftlich abzusichern. Zu diesem Zweck wurden Gelder aus Ämterhandel, Nachlässe zu Gunsten der Kirche etc. dem Nepoten zur Verfügung gestellt. Damit konnte sowohl das Familienvermögen gesichert werden, als auch über Mäzenatentum und Feste der gesellschaftliche Aufstieg sichergestellt werden. Aufgrund dieser Tatsache waren die Kardinalnepoten öffentlich eher schlecht angesehen.
Beispielbiografien von Kardinalnepoten
- Papst Eugen IV. (1383–1447) war einer von vier Neffen, die von Gregor XII. zu Kardinälen erhoben wurden, um dessen Machtbasis während des Großen Abendländischen Schismas zu stärken.
- Kardinal Innocenzo Ciocchi del Monte (1532–1577), Adoptivneffe von Julius III.
- Kardinal Karl Borromäus, Neffe von Pius IV. Er gab seine einflussreiche Rolle als Kardinalnepot an der Kurie freiwillig auf, um als Erzbischof von Mailand die heruntergekommene Diözese Mailand zu reformieren. Als bedeutender Gegenreformator wurde er heilig gesprochen.
- Kardinal Pietro Aldobrandini, Neffe von Clemens VIII.
- Cesare Borgia, Sohn von Papst Alexander VI. Er wurde auf eigenen Wunsch von seinem Vater in den weltlichen Stand zurückversetzt.
- Scipione Caffarelli-Borghese (1576–1633), Kardinalnepot von Paul V. und Begründer der Kunstsammlung in der Villa Borghese.
Literatur
- Arne Karsten: Künstler und Kardinäle. Vom Mäzenatentum römischer Kardinalnepoten im 17. Jahrhundert. Böhlau, Köln u. a. 2003, ISBN 3-412-11302-6 (Zugleich: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2001).
Siehe auch
Wikimedia Foundation.