Karel Reisz

Karel Reisz
Karel Reisz (Mitte) 1964 in Karlovy Vary

Karel Reisz (* 21. Juli 1926 in Ostrava; † 25. November 2002 in London) war ein tschechisch-englischer Regisseur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

In der Tschechoslowakei geboren, konnte der jüdischstämmige Karel Reisz vor der Invasion der Wehrmacht nach Großbritannien fliehen. Seine Eltern dagegen fielen deutschen Soldaten in die Hände und wurden in Auschwitz ermordet. Die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs diente er in der tschechischen Einheit der Royal Air Force. Reisz studierte Chemie in Cambridge und arbeitete als Lehrer. 1947 gründete Reisz zusammen mit Lindsay Anderson und Gavin Lambert das Filmmagazin Sequence, bei der er bis 1952 als Autor und später auch mit Anderson zusammen als Herausgeber fungierte. Reisz war außerdem als Filmjournalist bei Sight & Sound tätig und sammelte als Cutter Erfahrungen, die in der 1953 veröffentlichten Studie The Technique of Editing mündeten, die in 30 Auflagen herausgegeben wurde. 1952 arbeitete er als Kurator im neu gegründeten National Film Theatre in London.

1956 gründete Karel Reisz zusammen mit den Lindsay Anderson, Tony Richardson und John Schlesinger die Bewegung des britischen Free Cinema als Gegenpol zum kommerziellen amerikanischen Hollywood-Kino. Zunächst drehte er zwei vielbeachtete naturalistische Dokumentarfilme aus dem Alltag junger Männer aus dem Arbeitermilieu (Momma Don‘t Allow und We Are the Lambeth Boys), bevor er international durch seinen realistisch-dokumentarischen Film Samstagnacht bis Sonntagmorgen bekannt wurde, der auf einer Novelle von Alan Sillitoe beruht. Der Film, ein sensibel beobachtetes Alltagsprotokoll, zählt zu den Schlüsselwerken der British New Wave, die aus dem Free Cinema hervorging.

Griff aus dem Dunkel (Night Must Fall, 1964) ist das schockierende Porträt eines eitlen jungen Mannes, der aus Geltungssucht Morde begeht. Die melodramatische Handlung spielt sich vor einem dokumentarisch beobachteten Wirklichkeitshintergrund ab. Leider begann schon mit diesem Film, seinem zweiten mit Albert Finney, Reisz‘ Pech an der Kinokasse, das er mit den meisten seiner Arbeiten hatte. Das beherrschende Thema von Reisz‘ Filmen waren Porträts exzentrischer Einzelgänger (so etwa in seiner Filmbiographie von Isadora Duncan und seiner Verfilmung von Fjodor Michailowitsch Dostojewskis Spieler).

Ab 1974 wirkte er zeitweise in den USA, wo in Zusammenarbeit mit Harold Pinter sein bekanntester und erfolgreichster Film entstand: Die Geliebte des französischen Leutnants mit Meryl Streep und Jeremy Irons in den Hauptrollen, eine verschachtelte, anspruchsvolle Literaturverfilmung, die dennoch unterhaltsam und emotional ansprechend umgesetzt war. In den 1990er-Jahren arbeitete Karel Reisz vor allem als Theater-Regisseur für Bühnen in London, Dublin und Paris. Er erarbeitete Maßstäbe setzende Inszenierungen der Werke Samuel Becketts, Harold Pinters und Terence Rattigans.

Karel Reisz‘ Gesamtwerk umfasst lediglich zehn Kinofilme, dennoch gilt er heute als einer der stilbildenden Regisseure der englischen Filmgeschichte.

Auszeichnungen

Filmographie

  • 1955: Momma Don‘t Allow
  • 1958: We Are the Lambeth Boys
  • 1960: Samstagnacht bis Sonntagmorgen (Saturday Night and Sunday Morning)
  • 1964: Griff aus dem Dunkel (Night Must Fall)
  • 1966: Protest (Morgan: A Suitable Case for Treatment)
  • 1968: Isadora
  • 1974: Spieler ohne Skrupel (The Gambler)
  • 1978: Dreckige Hunde (Who’ll Stop the Rain)
  • 1981: Die Geliebte des französischen Leutnants (The French Lieutenant’s Woman)
  • 1985: Der süße Traum vom Glück (Sweet Dreams)
  • 1990: Everybody Wins
  • 1994: The Deep Blue Sea
  • 2000: Acts Without Words I

Weblinks

 Commons: Karel Reisz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Karel Reisz — Données clés Naissance 21 juillet 1926 Ostrava (Tchécoslovaquie) Nationalité …   Wikipédia en Français

  • Karel Reisz — (medio) en 1964. Nacimiento 21 de julio de 1926 Ostrava ( …   Wikipedia Español

  • Karel Reisz — Infobox Actor name = Karel Reisz birthdate = birth date|1926|7|21 location = Ostrava, Czechoslovakia deathdate = death date and age|2002|11|25|1926|7|21 deathplace = London, England spouse = Betsy Blair (1963–2002) baftaawards = Best British Film …   Wikipedia

  • REISZ, KAREL — (1926–2002), British film director. Born in Ostrava, Czechoslavakia, Reisz came to Britain on a Kinder transport in 1938; his family perished in the Holocaust. Reisz served in the Royal Air Force and studied natural sciences at Cambridge.… …   Encyclopedia of Judaism

  • Karel — ist ein Vorname und Familienname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Bedeutung 2 Bekannte Namensträger 2.1 Vorname 2.2 Zweitname …   Deutsch Wikipedia

  • Reisz — ist der Name folgender Personen: Heinz Reisz (* 1938), rechtsextremistischer deutscher Politiker Karel Reisz (1926–2002), tschechisch englischer Regisseur Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit d …   Deutsch Wikipedia

  • Reisz, Karel —    b. 1926    Film director    Reisz belonged to the late 1950s social realist Free Cinema Movement, collaborating with Lindsay Anderson on the film journal Sequence and Tony Richardson on the shorts Momma Don’t Allow (1956) and We Are The… …   Encyclopedia of contemporary British culture

  • REISZ (K.) — REISZ KAREL (1926 ) D’origine tchécoslovaque, Reisz appartient à la génération des Lindsay Anderson et des Tony Richardson qui secouèrent un cinéma anglais quelque peu endormi. Il participa au mouvement dit du Free Cinema. Après We Are the… …   Encyclopédie Universelle

  • Reisz — Reisz, Karel …   Enciclopedia Universal

  • Reisz —   [rɛjs], Karel, britischer Filmregisseur tschechischer Herkunft, * Mährisch Ostrau (heute Ostrau) 21. 7. 1926; kam 1939 nach Großbritannien; zunächst Filmkritiker und Dokumentarfilmer; Mitbegründer der gesellschaftskritischen Bewegung des… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”