Karl Lieblich

Karl Lieblich

Karl Lieblich (* 1. August 1895 in Stuttgart; † 1. März 1984 ebenda) war ein deutscher Rechtsanwalt, Geschäftsmann und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Tätigkeit in Deutschland

Lieblich arbeitete in Stuttgart als Rechtsanwalt und schrieb neben seiner juristischen Tätigkeit Theaterkritiken, Novellen sowie Theaterstücke. Angeregt durch den Pariser Gerichtsprozess, in dem Samuel Schwarzbart angeklagt wurde, Simon Petljura als Hauptverantwortlichen für die Judenpogrome nach dem Ersten Weltkrieg in der Ukraine erschossen zu haben, schrieb Lieblich 1927-28 Rausch und Finsternis. 1931 und 1932 erschienen zwei aufsehenerregende Bücher von ihm; Wir jungen Juden. Drei Untersuchungen zur jüdischen Frage, in dem er auf das Wiedererwachen des Antisemitismus mit dem Vorschlag einer kulturell souveränen “interterritorialen Nation” der Juden reagiert, und Was geschieht mit den Juden? Öffentliche Frage an Adolf Hitler. Beide Werke wurden im dritten Reich öffentlich verboten und verbrannt. Der kämpferische Ansatz der obigen Werke wurde durch die Gründung des Bundes für ein neues Judentum begleitet. 1933 bekam Lieblich Schreibverbot und ein Jahr später Berufsverbot.

Emigration und Exil

1937 lernte Lieblich das Druckerhandwerk in Basel. Im selben Jahr emigrierte er nach New York und von dort mit einem Touristenvisum nach Brasilien. Er importierte die Maschinen, die er für die Ausübung des Druckereigeschäftes benötigte, aus Deutschland. Seine Frau, Olga Lieblich, und alle Kinder – mit Ausnahme eines, das in die Schweiz ging – kamen 1938 nach. In São Paulo, wo sich die Familie niederließ, gründete Lieblich eine Druckerei. Einige Jahre später verkaufte er die Maschinen und gründete mit dem Verkaufserlös eine Import-Export-Firma. Dennoch schrieb er weiterhin Gedichte und Novellen, auch ohne Perspektive, sie je zu publizieren. Nach Angaben von Olga Lieblich ist es unwahrscheinlich, dass irgendeine Novelle oder ein Gedicht jemals in Brasilien veröffentlicht worden ist. Die Erzählungen und Novellen, die meistens in erster Person geschrieben wurden, beziehen sich in Chronik-haftem Stil auf eigene Erlebnisse, wie zum Beispiel Die Mulattenhochzeit, 30 Contos. Eine Geschichte aus Brasilien und Denkmal des Brasilianers Antonio Coutinho, des Nichtbettlers, oder sie erzählen Liebesgeschichten in romanhaftem Stil, wie etwa Sie kam aus Argentinien. Brasilianische Novelle.

Lieblich, der in Deutschland eventuell einen moderaten Erfolg hätte haben können, litt im Exil, wie alle anderen Schriftsteller auch, unter dem Verlust der sprachlichen und literarischen Umwelt und er konnte sich weder als Rechtsanwalt noch als Schriftsteller profilieren.

“Mein Mann hat es sehr schwer gehabt. (...) Die portugiesische Sprache hat er auch nicht sehr gut gekonnt.”, erzählte seine Frau Olga in einem Interview mit Izabela Kestler. Da die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration bei ihm nicht vorhanden waren und er zudem Sehnsucht nach Stuttgart hatte, kehrte Lieblich nach mehreren Heimwehschiffsreisen zwischen 1948 und 1957 mit seiner Frau 1958 endgültig in seine frühere Heimatstadt zurück.

Werke

  • Das Wiedersehn Tübingen 1918
  • Die Pest in Stuttgart Tübingen 1920
  • Die Traumfahrer. Zwei Erzählungen. Jena (Eugen Dietrichs) 1923
  • Die Welt erbraust Jena 1924
  • Das proletarische Brautpaar. Ein Volkslied in Prosa. Jena (Eugen Diederichs) 1926
  • Wir jungen Juden. Drei Untersuchungen zur jüdischen Frage 1931
  • Was geschieht mit den Juden? Öffentliche Frage an Adolf Hitler 1932
  • Die Geheimnisse des Maimonides. Mainz (Gabriel Fernandes Verlag) 1982
  • Rausch und Finsternis (Gardez!) 2006 ISBN 978-3-89796-174-6

Literatur

  • Izabela Maria Furtado Kestler: Die Exilliteratur und das Exil der deutschsprachigen Schriftsteller und Publizisten in Brasilien (Deutsche Sprache und Literatur; 1344). Verlag Peter Lang, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-631-45160-1 (zugl. Dissertation, Universität Freiburg/B. 1992).

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