Kleinspannung

Kleinspannung

Als Kleinspannung, umgangssprachlich auch Niedervolt oder Schwachstrom, werden in der Elektrotechnik Wechselspannungen (AC) bis 50 Volt Effektivwert und Gleichspannungen (DC) bis 120 Volt bezeichnet. Sie ist ein Teilbereich der Niederspannung. Diese Spannungen gelten beim Berühren für erwachsene Menschen als nicht lebensbedrohlich und entsprechen der maximalen dauernden Berührungsspannung beziehungsweise Fehlerspannung.

Die europäische Niederspannungsrichtlinie gilt daher auch für den oberen Bereich der Kleinspannung (AC über 50 Volt Effektivwert und DC über 75 Volt).

Bei Spannungen unter 25 Volt AC oder 60 Volt DC kann gänzlich auf einen Schutz gegen Berühren verzichtet werden; diese Spannungen gelten auch für Tiere und Kinder als ungefährlich[1].

In Bereichen[2] der Feuchtraum-Installationen gelten andere Bedingungen: auf Isolation gegen Berühren kann nicht verzichtet werden und die Spannungen sind auf 25 Volt AC oder 60 Volt DC oder gar auf nur 12 Volt begrenzt.

Es wird unterschieden zwischen:

Inhaltsverzeichnis

Sicherheitskleinspannung

Symbol Schutzklasse III (SELV)
Symbol für sichere elektrische Trennung

Die Sicherheitskleinspannung (engl. Safety Extra Low Voltage, SELV) ist eine kleine elektrische Spannung, die aufgrund ihrer geringen Höhe und der Isolierung im Vergleich zu Stromkreisen höherer Spannung besonderen Schutz gegen einen elektrischen Schlag bietet.

Mit SELV betriebene Geräte, die selbst keine höheren Spannungen erzeugen, werden gemäß DIN EN 61140 (VDE 0140-1) mit der Schutzklasse III bezeichnet. Die Spannung ist so klein, dass elektrische Körperströme im Normalfall ohne Folgen bleiben. Die Spannungsquelle kann entweder ein Generator sein, zum Beispiel ein Fahrraddynamo, oder eine Batterie. Andernfalls müssen besondere Anforderungen an die Isolierung gegenüber netzspannungsführenden Teilen (z. B. Primärwicklung eines Transformators) eingehalten werden, die als sichere Trennung bezeichnet werden.

Netztransformatoren zur Erzeugung von SELV müssen z. B. so gebaut werden, dass ein Kurzschluss zwischen Primärwicklung und Sekundärwicklung sowie deren Anschlüssen nicht möglich ist. Die Wicklungen können nur dann übereinander liegen, wenn dazwischen eine doppelte oder verstärkte Isolierung liegt. Diese Trennung wird als galvanische Trennung bezeichnet. Oft werden die Wicklungen über- oder nebeneinander in getrennten Isolierstoffkammern untergebracht. Solche Transformatoren mit sicherer elektrischer Trennung werden als Sicherheitstransformatoren (EN 61558-2-6 gemäß VDE-Verlag) bezeichnet.

Die Prüfspannung (Bemessungsstoßspannung) hängt von der Überspannungskategorie und der Nennspannung des Stromversorgungssystems ab (IEC EN 60664-1, Tabelle 1; Fachgrundnorm). So beträgt diese im Falle der Überspannungskategorie II für einen einphasigen Anschluss an einem 230-V-Wechselstromnetz (Spannung Leiter-Neutralleiter zwischen 150 und 300 V) 2,5 kV. Bei der doppelten Isolation müssen beide Basisisolationen dieser Bemessungsstoßspannung standhalten. Häufiger wird für die sichere Trennung die verstärkte Isolierung verwendet. Dabei wird die Bemessungsstoßspannung eine Klasse höher angesetzt, das sind im genannten Beispiel 4 kV (IEC EN 60664-1, Tabelle 1). Mit der Bemessungsstoßspannung und dem Verschmutzungsgrad kann die erforderliche Mindestluftstrecke für die sichere Trennung (SELV) ermittelt werden (IEC EN 60664-1, Tabelle 2). Es wird dabei empfohlen, die Bedingung inhomogenes Feld auszuwählen. Im o. g. Beispiel ergeben sich dabei 3 mm (Stoßspannung 4 kV, inhomogenes Feld, Verschmutzungsgrad 2).

Die Mindestkriechstrecken für die elektrische Trennung werden mit Hilfe der Tabellen 3a, 3b und 4 der IEC EN 60664-1 ermittelt. Dazu wird neben der Kenntnis der o. g. Arbeitsspannung (im Beispiel Klasse bis 250 V) und des o. g. Verschmutzungsgrades auch die Kenntnis der Isolierstoffgruppe benötigt (z. B. Isolation im Trafo, CTI-Wert). Diese beträgt im Beispiel 1,8 mm (IG II, 250V, Verschmutzungsgrad 2). Für die sichere Trennung (SELV) muss dieser Wert verdoppelt werden (im Beispiel nun 3,6 mm).

Ist die Nennspannung bei Wechselspannung kleiner als 25 V beziehungsweise bei Gleichspannung kleiner als 60 V, so erübrigt sich bei SELV ein Schutz gegen direktes Berühren. Beispiele sind Kleinspannungs-Halogenglühlampen (z. B. Seilsysteme) oder Modelleisenbahn-Transformatoren. Ist die Spannung höher, muss ein Schutz gegen direktes Berühren sichergestellt werden, zum Beispiel durch Isolierung, Abdeckungen oder Umhüllungen.

Bekannte Quellen von SELV sind Batterien sowie Klingeltransformatoren und Trafos für die Modelleisenbahn (Spielzeugtransformator) sowie Netzteile in Geräten der Schutzklasse III (z. B. Steckernetzteile oder Ladegeräte).

Bei Kinderspielzeug darf eine Wechselspannung nicht 65 V, sondern maximal 24 V betragen.

Bei Arbeiten in engen Räumen und gefährdeten Bereichen zum Beispiel im Innern von Kesseln und Tanks ist für Elektrohandgeräte u. a. eine Sicherheitskleinspannung von 42 V üblich.

Schutzkleinspannung

Die Schutzkleinspannung (engl. Protective Extra Low Voltage, PELV, früher „Funktionskleinspannung mit sicherer Trennung“) bietet ebenfalls Schutz gegen elektrischen Schlag. Sie wird in EN 50178 behandelt.

In Bezug auf die Erdung von PELV-Stromkreisen ist eine Betrachtung verschiedener Normen sinnvoll. DIN VDE 0100-410:2007-06 legt in Abschnitt 414.4.1 fest: „PELV-Stromkreise und/oder Körper der durch die PELV-Stromkreise versorgten Betriebsmittel dürfen geerdet werden.“ In Abschnitt 6.4.1 der EN 60204-1:2006 (VDE 0113-1) ist die strengere Forderung zu finden, dass eine Seite des Stromkreises oder ein Punkt der Energiequelle des PELV-Stromkreises an das Schutzleitersystem angeschlossen werden muss. Was wie ein Widerspruch zwischen zwei verschiedenen Normen erscheint, kann damit erklärt werden, dass in der VDE 0100-410 das Hauptaugenmerk auf die zu versorgenden Betriebsmittel gelegt wird, während die VDE 0113-1 explizit die Energiequelle nennt. In der Praxis bedeutet das, dass z. B. der Ausgang eines Kleinspannungsnetzteils bei der Verwendung in PELV-Anlagen geerdet werden muss[3], während das Schirmgeflecht einer Signalleitung für ein Betriebsmittel in der selben Anlage geerdet werden kann.

Sichere Trennung bedeutet wie bei SELV-Spannungsquellen, dass der Primärstromkreis von Netz-Transformatoren vom Sekundärstromkreis durch eine doppelte oder verstärkte Isolierung getrennt sein muss. Für die Ermittlung der erforderlichen Bemessungsstoßspannungen sowie der Mindestkriech- und Luftstrecken gilt das im Kapitel „SELV“ besagte.

PELV wird eingesetzt, wenn aus betrieblichen Gründen aktive Leiter der Kleinspannung oder die Körper der Betriebsmittel geerdet werden müssen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man einen Potentialausgleich zur Vermeidung von Funkenbildung in Behältern und explosionsgefährdeten Räumen realisieren muss.

Ein weiteres Beispiel sind Audiogeräte und -verstärker, bei denen die Gehäuse aus Gründen der Abschirmung von Störungen geerdet sein müssen. Die Erdung dient hier nicht als Schutzmaßnahme bzw. Schutzerdung, sondern der Funktion. Dementsprechend bezeichnet man sie als Funktionserdung.

Durch die Gehäuseerdung können unabhängig von der Kleinspannung gefährliche Ableitströme über den Körper fließen, wenn Störungen an anderen Geräten oder Einrichtungen auftreten, bei denen deren berührbare leitfähige Teile Netzspannung annehmen.

Funktionskleinspannung

Die Funktionskleinspannung (engl. Functional Extra Low Voltage, FELV, früher „Funktionskleinspannung ohne sichere Trennung“) ist eine kleine elektrische Spannung, die hinsichtlich ihrer Höhe an sich keine Gefahr beim Berühren darstellt, ihre Erzeugung beinhaltet jedoch keine Schutzmaßnahmen, die im Fehlerfall Gefahren ausschließen.

Doppelte oder verstärkte Isolierungen sind hier nicht vorgesehen. Erdungen und Verbindungen der Stromkreise mit Schutzleitern sind aber zulässig. Gehäuse und Körper müssen jedoch mit dem Schutzleiter der Primärseite verbunden sein.

Um den Schutz gegen direktes Berühren gewährleisten zu können, muss die Isolierung entsprechend der Nennspannung des Primärstromkreises der Stromquelle gewählt werden oder wahlweise auch durch Abdeckungen oder Umhüllungen (Abdeckungen oder Umhüllungen sind dafür bestimmt, das Berühren aktiver Teile zu verhindern). Die Körper der Betriebsmittel des FELV-Stromkreises müssen mit dem Schutzleiter des Primärstromkreises der Stromquelle verbunden werden. (DIN VDE 0100-410)

Die Erdung des Sekundärkreises kann jedoch bei Masseschlüssen zur Selbsteinschaltung von Schützen führen. In nicht geerdeten Sekundärkreisen sind dagegen doppelte Körper- oder Erdschlüsse nötig (zum Beispiel vor und hinter den Schaltgeräten), um Selbsteinschaltung hervorzurufen. Ein Körperschluss oder Erdschluss spannungsführender Leiter führt jedoch bei geerdetem Sekundärkreis zu einer Abschaltung der Überstromschutzorgane, sodass auch ein einzelner Fehler erkannt werden kann.

Typische Anwendungen sind Steuerungen von Maschinen. Bei der Konstruktion muss daher zwischen diesen Fällen abgewogen werden.

Literatur

  • DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen -Teil 4-41: Schutzmaßnahmen -Schutz gegen elektrischen Schlag (IEC 60364-4-41:2005, modifiziert); Deutsche Übernahme HD 60364-4-41: 2007. VDE-Verlag, Berlin.
  • Werner Hörmann, Bernd Schröder: Schutz gegen elektrischen Schlag in Niederspannungsanlagen – Kommentar der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06. VDE-Schriftenreihe Band 140, VDE-Verlag, Berlin, ISBN 978-3-8007-3190-9.

Einzelnachweise

  1. http://www.elektro-wissen.de/Elektroinstallation/fehlerarten.html
  2. Feuchträume wie Bäder sind in Bereiche unterteilt, siehe z. B. Boy/Dunkhase: Elektro-Installationstechnik, Vogel-Buchverlag, ISBN 978-3-8343-3079-6
  3. Siehe dazu z. B. Abschnitt 18 im Datenblatt eines Netzteils für Industrieanwendungen

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