- Klinikinformationssystem
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Ein Krankenhausinformationssystem (KIS) ist die Gesamtheit aller informationsverarbeitenden Einheiten zur Bearbeitung medizinischer und administrativer Daten im Krankenhaus. Hierzu gehören Computerprogramme, Personen und nicht IT-basierte Informationssysteme. Davon abweichend wird der Begriff KIS auch häufig verwendet um das zentrale EDV-System eines Krankenhauses zu bezeichnen und dieses vom Radiologie-Informationssystem (RIS), Labor-Informationssystem (LIS bzw. LIMS), Intensivstations-Informationssystem usw. als Spezialsysteme abzugrenzen. In der Folge von immer mehr Übernahmen aus dem angloamerikanischen Sprachgebrauch bezeichnet man KIS häufig als HIS (Hospital Information System).
Darüber hinaus beschränkt sich der Begriff im Sprachgebrauch auch häufig auf die computerbasierten Komponenten des KIS. In diesem Zusammenhang spricht man auch von "KIS-Herstellern" und vom "KIS-Markt", wobei dann mit "KIS" in Abweichung von der allgemein anerkannten Definition kein Informationssystem in einem konkreten Krankenhaus mehr gemeint ist, sondern ein Softwareprodukt, das wesentliche Funktionsbereiche eines typischen Krankenhausinformationssystems abdeckt.
Inhaltsverzeichnis
Funktionen
Funktionen von Krankenhausinformationssystemen sind beispielsweise
- die Verwaltung der Patientenstammdaten,
- Erfassung der Krankheitsdaten nach dem ICD-Schlüssel,
- Planung der medizinischen Leistungen (beispielsweise über klinische Behandlungspfade (engl. clinical pathways)),
- Erfassung der erbrachten medizinischen Leistungen nach dem OPS-Schlüssel (früher: ICPM-Schlüssel) bzw. DRG-Fallpauschalen Diagnosis Related Groups,
- Abrechnung gegenüber Krankenkassen, Krankenversicherungen und Selbstzahlern,
- Pflegedokumentation und Pflegeplanung,
- Dokumentation operativer Eingriffe,
- Verwaltung und Bereitstellung von Labordaten und von Daten, die im Rahmen radiologischer Untersuchungen erhoben wurden,
- Archivierung und Unterstützung bei der Erstellung von Dokumenten (Arztbriefe, OP-Berichte),
- Dokumentation des Flusses von Verbrauchsmaterialen im Krankenhaus (z.B. im OP oder in der Röntgenabteilung) und Zuordnung der Kosten zum spezifischen Fall,
- Unterstützung der Materialbestellungen (Lager- und Sondermaterial) auf der Station (ggf. mit Genehmigungsworkflow),
- Berechnung der Fallkosten (inklusive Material und Arbeitszeit) für eine Kostenträgerrechnung,
- Erstellen von Auswertungen zum gesetzlichen und internen Reporting
und ganz allgemein die Unterstützung der Abläufe im Krankenhaus, um den Beschäftigten die Arbeit zu erleichtern und die (Prozess-)Kosten zu senken.
Zu beachten
Ein Krankenhausinformationssystem ist hochkomplex. Je nach Auffassung sind vollständig integrierte Systeme noch nicht in Sicht, längst installationsfähig, nicht wünschenswert oder (noch?) nicht möglich.
Je nach Strategie der Anbieter wird mehr die Integrations- (alles aus einer Hand) oder die Kommunikations-(Schnittstellen) Funktion der eigenen KIS-Software propagiert. Kleinere Hersteller bieten eher Spezial- oder Nischenlösungen an, die größere Hersteller nicht so schnell auf die spezifischen Anforderungen eines Hauses anpassen können.
Ein Problem für die KIS-Anbieter ist die kontinuierliche Änderung von gesetzlichen Abrechnungsregeln, Qualitätssicherungsmaßnahmen und so weiter, die die Hersteller zu permanenter Pflege zwingt und Kapazitäten bindet, welche ansonsten für Weiterentwicklungen verwendet werden könnten.
KIS werden unter Datenschutzgesichtspunkten eher skeptisch betrachtet, da in den Systemen große Mengen sehr sensibler Daten verwaltet werden. Restriktive Zugriffsrechte schränken den Nutzen von KIS unter Umständen in seiner notwendigen Arbeit ein, wobei eine zu großzügige Rechtevergabe zuviele sensible Informationen preisgeben könnte. Gleichzeitig muss in medizinischen Notfällen der Zugriff auf alle Daten (insbesondere Allergien!) durch jeden Krankenhausarzt, der als erster vor Ort ist, möglich sein. Auch wenn es sich nicht um den primär behandelnden Arzt handelt. Dies wird derzeit meist durch "Notfallzugriffsberechtigungen" ermöglicht, im Rahmen derer die Zugriffe streng protokolliert werden.
Auf dem deutschen Markt für Krankenhaussoftware findet momentan (geschrieben 2006) eine starke Konsolidierung statt. Als Folge könnten in den nächsten Jahren die kleineren Anbieter vom Markt verschwunden sein.
Für die erfolgreiche Einführung und den Betrieb von KIS-Software ist die Modellierung und Optimierung der klinischen Prozesse von zentraler Bedeutung. Der patientenzentrierte Teil eines KIS (Klinisches Arbeitsplatzsystem, KAS) spielt dabei eine zunehmend wichtige Rolle für die Steuerung der Leistungsprozesse eines Krankenhauses, während der bisher führende verwaltungsorientierte Teil des KIS zurückgedrängt wird und sich mit seiner spezifischen Funktionalität in den Gesamtprozess der Leistungserbringung und Abrechnung einordnen muss.
Grundlage für die Gestaltung der Informationssysteme, für die Auswahl von Softwareprodukten und für Management und Betrieb von Informationssystemen sollte eine kritische Analyse der Anforderungen mit einer Unterscheidung zwischen essenziellen Funktionen und Spezialanforderungen sein. In der medizinischen Informatik werden daher Verfahren und Modelle zur Beschreibung von KIS entwickelt. Die vielfältigen und komplexen Anforderungen an KIS werden dabei in Katalogen und Referenzmodellen zusammengefasst (siehe Anforderungskatalog für die Informationsverarbeitung im Krankenhaus, Electronic Health Record System Functional Model and Standard).
Literatur
- Peter Haas, Medizinische Informationssysteme und elektronische Krankenakten, Springer Verlag 2004, Berlin. ISBN 3-540-20425-3
- Hans-Ulrich Prokosch: KAS, KIS, EKA, EPA, EGA, E-Health - ein Plädoyer gegen die babylonische Begriffsverwirrung in der Medizinischen Informatik. In: Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie. 32; 4 (2001): 371-382. (PDF; 196 KB)
- Hans-Ulrich Prokosch, Joachim Dudeck (Hrsg.), Hospital information systems: design and development characteristics; impact and future architecture, Elsevier 1995, Amsterdam. ISBN 978-0444821294
- Roland Trill, Informationstechnologie im Krankenhaus. Strategien, Auswahl, Einsatz, Luchterhand 2002, Hermann. ISBN 978-3472047650
Historische Entwicklung:
- Fuchs, G., Wagner, G. (Hrsg.): Krankenhaus-Informationssysteme - Erstrebtes und Erreichtes. Schattauer, Stuttgart, 1972
- Köhler C O: Integriertes Krankenhaus-Informationssystem - Zielbestimmung und Rahmenmodell. Meisenheim am Glan, Hain, 1973
- Wersig, G.: Das Krankenhaus-Informationssystem (KIS). München u.a., Verlag Dokumentation, 1971
Hersteller und Produkte
Produktname Hersteller BRUNIE I ERP.hms BRUNIE Software GmbH Care2x Clinixx™ AMC I.s.h.med™ T-Systems & GSD fd-Klinika™ fliegel-data GmbH ibs-THEPLA™ ibs-Healthcare Solutions GmbH (Behandlungsplanung) iMedOne™, Kissmed™, Cymed™ TietoEnator Deutschland GmbH K.I.S. K.I.S. Krankenhaus Informations Systeme GmbH Klinik-Assistent Medical-Software Lorenzo™ iSOFT Health GmbH Medicare™, Medfolio™ Nexus MCC Meierhofer AG IFU-KIS Institut für Unternehmensforschung OR GmbH Orbis™ GWI & AGFA Patidok™ PCS Phoenix™ Parametrix Soarian®, Medico Siemens Siehe auch
- KAS (Klinisches Arbeitsplatzsystem)
- RIS (Radiologieinformationssystem)
- PDMS (Patientendatenmanagementsystem)
- AMIS (Arzneimittelinformationssystem)
- PACS (Picture Archiving and Communication System)
- DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) offener Standard zum Austausch von medizinischen Bildern
- HL7 (Health Level 7)
- IHE (Integrating the Healthcare Enterprise)
- GMDS (Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie)
Weblinks
- Forum Krankenhausinformationssysteme (KIS-Forum): Breitgefächerter Fachüberblick zum Thema (Herausgeber: Arbeitskreis eHealth am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Ruhr-Universität Bochum)
- Köhler, Claus O. zur Geschichte der Medizinischen Informatik (Historie der Medizinischen Informatik in Deutschland von den Anfängen bis 1980)
- Versuch einer freien Implementierung eines KIS: sourceforge.net/projects/care2002/
- AG KIS der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
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