Kloster Pairis

Kloster Pairis
Zisterzienserabtei Pairis
ehemaliges Kloster Pairis
ehemaliges Kloster Pairis
Lage FrankreichFrankreich Frankreich
Region Elsass
Département Haut-Rhin
Koordinaten: 48° 7′ N, 7° 8′ O48.1172527777787.1275555555555Koordinaten: 48° 7′ 2″ N, 7° 7′ 39″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
138
Patrozinium Hl. Maria
Gründungsjahr 1138
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1453 Priorat, 1792
Mutterkloster Kloster Lützel (Lucelle)
Primarabtei Kloster Morimond
Tochterklöster

keine

Das Kloster Pairis oder Päris (frz. abbaye de Pairis), eigentlich Ave Maris Stella, war eine im Jahr 1138 gegründete Zisterzienserabtei im Gregoriental in Orbey nahe Kaysersberg im Elsass. Sie bestand bis zum Jahr 1790 oder 1792 und wurde während der Französischen Revolution durch einen Brand zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Ursprung des Klosters geht zurück auf eine Initiative von Ulrich, Graf von Egisheim[1], der im Jahr 1138 in Pairis zwölf Mönche aus dem Kloster Lützel in Pairis ansiedelte.

Anfang des 13. Jahrhunderts beauftragte Papst Innozenz III. Abt Martin, den vierten Kreuzzug im Elsass zu predigen. Sein Ruf wurde erhört und Abt Martin nahm persönlich, in Begleitung mehrerer Klosterbrüder, an dem Kreuzzug teil, im Zuge dessen es am 13. April 1204 zu der Eroberung und der Plünderung von Konstantinopel kam, die langfristig den endgültigen Bruch zwischen der römisch-katholischen und der griechisch-orthodoxen Kirche besiegeln sollten, gleichzeitig das byzantinische Kaiserreich dauerhaft schwächten, so dass es den Türken 250 Jahre später gelang, Konstantinopel zu erobern. Gunther, Mönch in Pairis, Dichter, Historiker und Theologe, hielt die Ereignisse gewissenhaft in seiner Historia Constantinopolitana fest. Er schilderte darin die in der Stadt vorgefundenen Schätze und Reliquien, die Abt Martin, unter dem Vorwand, sie vor den Soldaten schützen zu wollen, teilweise an sich brachte und nach Pairis transportierte. Letzterer erbeutete eine Spur vom Blut Christi, ein Stück des Wahren Kreuzes, einen bedeutenden Teil der Gebeine des Hl. Johannes, einen Arm des Hl. Jakobus, einen Fuß des Hl. Kosmas, einen Zahn des Hl. Laurentius sowie Reliquien von weiteren 28 männlichen und 8 weiblichen Heiligen.

Dank dieser von Abt Martin aus Konstantinopel mitgebrachten Reliquien, steigerte die Abtei ihre Bedeutung und ihren Ruf. Obgleich König Albrecht I. sie im Jahr 1300 in seinen besonderen Schutz nahm, wird im Laufe des 14. Jahrhunderts von Dekadenz und beginnendem Verfall berichtet.

Bei der Invasion der Armagnaken im Jahr 1444 wurde Pairis zerstört und 1453 ein einfaches Priorat, das dem Kloster Maulbronn im Kraichgau unterstellt war. Diese Schutzherrschaft sollte bis zum Westfälischen Frieden dauern. Der Konvent von Maulbronn übersiedelte in Folge der Reformation (1537 - 48, 1557 - 1630 und ab 1649) ganz nach Pairis. Eine letzte Blüte erlebte Pairis im 18. Jh.; das Kloster wurde 1792 aufgehoben und auf Abbruch verkauft (wie so viele). Als die Zisterzienser ihr geliebtes Pairis verlassen mussten, haben sie die Abtei angezündet, dieser Vorfall ist in der Ordensgeschichte einmalig.

Bedeutung

Bedeutend war Pairis durch seine Geschichtsschreibung: Annales Pairisienses; der Mönch Gunther von Pairis († um 1220) beschreibt den 4. Kreuzzug und die Eroberung von Konstantinopel (Historia Constantinopolitana), und ein episches Gedicht über Friedrich Barbarossas lombardischen Krieg (Ligurinus Güntheri betitelt). Als Theologe ragte Abt Philipp von Rathsamhausen, Bischof von Eichstätt (1306–1322), hervor. Wie die Stadt Breisach zu Anforderungen an diese Abtei gekommen sei, ist unbekannt. Vielleicht dass die Stadt von ihren Gründen im Elsass an sie gegen Rückleistungen abgetreten hat.[2]

Pairis ist als Nachbar zur Zisterzienserinnenabtei Marienau immer wieder in Urkunden präsent, auch tauschen diese beiden Klöster Grundstücke und Gülten welche im Einzugsbereich der jeweils anderen Abtei liegen. Berührungspunkte sind der Bann von Mengen im Breisgau, aber auch Breisach selbst, wo Pairis offenbar ein Stadthaus besitzt. Besonders im Adelhauser Urbar werden die Mönche von Pairis immer wieder als Grundstücksnachbarn genannt. Nicht weniger bedeutend war das Skriptorium dieser Zisterzienser-Abtei. Sicher ist dass bereits im 13. Jahrhundert in Pairis eine Schule von Kalligraphen existiert haben muss, wie aus dem Nekrologium des Klosters hervorgeht3. Hier wird nämlich auf fol. 63 ein frater Renboldus scriba, monachus noster (verstorben 1288) erwähnt. Auf fol. 29 lesen wir: memoria fratris Henrici monachi nostri, qui libros epistolarum et Evangeliorum ad majus altare scripsit et illuminavit. Auf fol 51: mem. fratris Jacobi scribae, monachi nostri (verstorben 1288).[3] Dafür sprechen auch noch einige vorhandene handschriftliche Pergamentcodices aus diesem Kloster, die sich ebenfalls in derStadtbibliothek zu Kolmar befindet. Eine dieser Handschriften (Nr.102), die einen Kommentar über den „cantus canticorum“, sowie über den „liber de angelica hierarchia“ des hl. Dionysius enthält,[4] reicht der Schrift nach in das Ende des 13. oder in den Anfang des 14. Jhs., andere Handschriften aus Pairis sind das Martyrologium Usuardi (14. Jh.), Evangeliarium (12. Jh.), Missale ordinis sanct Benedicti (13. Jh.).[5]

In der Stadtbibliothek von Colmar haben sich drei herausragende Bücher aus dem Skriptorium von Pairis erhalten. Sie sind offenbar Zeugnisse vom Schönsten, was in den Klöstern je geschaffen wurde! Ein Psalter aus dem 12. Jh. Ms 352 auf Pergament, es ist ein Codex, welcher Neumen (älteste bekannte Zeugnisse musikalischer Notation) enthält. Ein Antiphonar, anfangs des 13. Jh. geschaffen, alle Zierbuchstaben dieser Zisterzienserhandschrift versuchen einander durch ihre Pracht zu übertreffen und sind wahrhaftige Meisterwerke, die sich entlang der Seitenränder bis zu einer Länge von mehr als 30 cm entfalten. Sehr selten, Rucinus hat sich als Buchmaler mit Signatur verewigt. Das Dritte: ein Graduale um 1230 auf Pergament Ms 406, die malerische Ausgestaltung ist ähnlich der 3 anderen Antiphonaren von Pairis jedoch dominieren die Farben Gold, welche die Sonne der Gerechtigkeit symbolisiert und Ultramarinblau steht für die Gottesmutter, welche im Orden ganz besonders verehrt wurde.

Bauten und Anlage

Die mittelalterliche Anlage wurde in den Bauernkriegen 1525 und im Dreißigjährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogen. Nach der Flucht des Konvents des Klosters Maulbronn erfolgte ab 1646 der Wiederaufbau. Die Klosterkirche wurde 1760 geweiht. Von der ehemaligen Anlage blieben einzig ein Portal aus dem 17. Jahrhundert, Spitalgebäude aus dem 18. Jahrhundert und Reste der Klostermauer erhalten. Heute befindet sich in dem Konventsgebäude, das den Brand überstand, ein Altenpflegeheim. An dessen Haupteingang zeigt eine Bleiglasarbeit das von Pairis in den Zeiten der Kommendatarabtei geführte Wappen.

Literatur

  • Das Nekrolog der Cisterzienser-Abtei Pairis / Herausgegeben von Joseph M. B. Clauss. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Elsass, 2. Folge, 22. Band, Strassburg: Schultz 1904, S. 55–103
  • A. Bauch: Das theologisch-aszetische Schrifttum des Eichstätter Bischofs Philipp von Rathsamhausen, Eichstätt 1948;
  • Das Vermächtnis der Jahrhunderte, 200 Jahre elsässische Schriften herausgegeben von Fondation Mécénat, Science et Art, Colmar 1989.
  • Löbel, Brätigam: Elsaß, Entdeckt - erlebt - verliebt, Lahr 1996 p. 79/80.
  • Buchinger: Bernhard, Abt von Lützel: Tabula mortuorum Parisiensium 1650, Stadtbibliothek Kolmar; veröffentlicht von Rathgeber (Die Herrschaft Rappoltstein p.58 ff.)
  • Carl Weinmann: Hymnarium Parisiense Diss. Das Hymnar der Zisterzienser-Abtei Pairis im Elsaß, aus zwei Codices des 12. u. 13. Jhs. 1904 Regensburg p.10.
  • Stefan Schmidt: Das Chorgestühl von Marienau und die Geschichte der Abtei, 159 Seiten erschien. 2004.

Fußnoten

  1. Dem Geschlechte der Grafen von Eguisheim entstammte Bruno von Egisheim, der spätere Papst Leo IX.. Gemäß der Überlieferung wurde bei seiner Geburt seinem Vater Hugo IX. geweissagt, der Knabe werde dereinst mächtiger als er selbst. Hugo, der aus diesem Grund befürchtete, später von seinem eigenen Sohn entmachtet zu werden, befahl einem seiner Jäger, das Kind in den Wald zu führen und zu töten. Dem Jäger tat der Knabe leid. Er ließ ihn im Wald laufen und meldete den Befehl als ausgeführt. Mit den Jahren bereute Hugo seine Tat. Von seinem Gewissen geplagt pilgerte er nach Rom um Buße zu leisten und vor dem Heiligen Vater zu beichten. Er beteuerte diesem, wie sehr ihm seine Tat reut und bat um die Absolution. Da beugte sich der Papst zu ihm herab, schloss ihn in die Arme und gab sich als sein Sohn zu erkennen. Er erzählte, wie er seinerzeit durch Gottes wundersame Fügung am Leben geblieben sei. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt. Der Sitz dieser Grafen war das gleichnamige Städtchen, in dessen Mauern das Kloster Pairis einen Stadthof hatte.
  2. Vgl. Pantaleon Rosmann, Pfarrer von Breisach: Geschichte der Stadt Breisach p. 197.
  3. Vgl. Gérarld: Les artistes de l'Alsace, Paris 1872, Bd.I, p. 184;339-341.
  4. Vgl. Ingold, a. a. O. p. 28.
  5. Vgl. Kröner im Strassburger Diözesanblatt, 20. Jahrgang.

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