Kolibri

Kolibri
Dieser Artikel beschreibt die Vogelfamilie Trochilidae; zu weiteren Bedeutungen siehe Kolibri (Begriffsklärung).
Kolibris
Costakolibri (Calypte manishius)

Costakolibri (Calypte manishius)

Systematik
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Seglervögel (Apodiformes)
Familie: Kolibris
Wissenschaftlicher Name
Trochilidae
Vigors, 1825
Nazca-Linien in Peru, die einen Kolibri darstellen

Die Kolibris (Trochilidae) stellen nach Ansicht fast aller Autoren die einzige Familie der Ordnung der Kolibriartigen (Trochiliformes) dar. Sie sind allerdings sowohl mit den Seglern (Apodidae) als auch mit den Baumseglern (Hemiprocnidae) so nahe verwandt, dass sie manchmal mit diesen in der Ordnung der Seglervögel (Apodiformes) zusammengefasst werden können.

Die Familie der Kolibris umfasst mehr als 100 Gattungen mit mehr als 330–340 Arten.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen, Körperbau

Kolibris sind meist sehr kleine Vögel. Die kleinste Vogelart überhaupt, die Bienenelfe (Mellisuga helenae), misst samt Schnabel und Schwanzfedern nur 6 cm. Die größte Art, der Riesenkolibri (Patagona gigas), ist ca. 25 cm lang.

Ein besonderes Merkmal der Kolibris ist der Schnabel, der je nach Gattung fast immer anders aussieht. Beim Schwertschnabelkolibri (Ensifera ensifera) z.B. ist der Schnabel fast so lang wie der ganze übrige Körper, der 10 cm misst. Demgegenüber hat der Kleinschnabel-Kolibri (Ramphomicron microrhynchum) nur eine Schnabellänge von 5 mm. Die Adlerschnabel-Kolibris (Eutoxeres) besitzen einen stark nach unten gebogenen Schnabel, wogegen der Säbelschnabelkolibri (Avocettula recurvirostris) wiederum einen Schnabel hat, der an der Spitze nach oben gebogen ist. Jede Schnabel-Art ist auf einen anderen Blütentyp abgestimmt, sodass jede Gruppe von gleichschnabeligen Kolibris ihre eigene ökologische Nische besetzt.

Ihre Zunge ist extrem lang, kann weit hervorgestreckt werden und ist an der Spitze gespalten und strohhalmförmig, sodass der Nektar gut aus den Blüten gesaugt werden kann.

Gefieder

Die meisten Kolibris haben ein buntes, in der Regel metallisch grün schimmerndes Gefieder. Bevorzugt sind Kopf, Kehle und Brust mit schillernden Farben versehen. Die Kehle bei den Männchen ist in der Regel bunt schillernd gefärbt, wobei es auch hier Ausnahmen gibt, zum beispiel den Adlerschnabel-Kolibri. Die Wirkung des Farbspiels kommt durch Interferenz zustande. Die irisierende Kolibrifeder trägt mehrere Schichten mikroskopisch dünner Hornlamellen. Trifft nun Licht aus einem bestimmten Einfallswinkel auf diese Feder so wird es von den Lamellen zurückgeworfen. Durch die unterschiedliche Lage der Lamellen wird das Licht in sehr kleinen zeitlichen Differenzen reflektiert.

Die Phaethornitinae und die Trochilinae sind Unterfamilien der Kolibris. Bei den Phaethornitinae sind die drei Vorderzehen an der Basis aneinander geheftet. Sie besitzen auch stark verlängerte Steuerfedern. Bei den Trochilinae sind die Vorderzehen frei. Die mittleren Steuerfedern sind hier nicht verlängert.

Besonderheiten

Anatomie und Physiologie

Beim Kolibri ist im Gegensatz zu allen anderen Vogelfamilien die Hand größer als Ober- und Unterarm. Dies sowie eine extreme Beweglichkeit im Schulter wie im Ellenbogengelenk erlaubt es dem Kolibri fast jede erdenkliche Flügelstellung auszuführen.Die hierfür benötigte Brust- und Oberarmmuskulatur macht beim Kolibri gut ein Viertel seines Gesamtgewichts aus. Weiterhin besitzen sie acht Rippenpaare. Normalerweise haben Vögel sechs Rippenpaare.

Ihr Herz ist im Verhältnis zum Körper sehr groß und schlägt 400 bis 500 mal pro Minute, ihre Atemfrequenz liegt bei bis zu 250 Zügen pro Minute. Während des Schlafes senken viele Kolibris ihre Herzfrequenz stark ab, um Energie zu sparen.

Da Eingang und Ausgang des Kolibrimagens sehr eng nebeneinander liegen, wird die aufgenommene flüssige Nahrung bei gefülltem Magen gleich vom Eingang in den Ausgang übergeleitet. Dies bedeutet, dass der Blütennektar nicht erst über den Muskelmagen in den Dünndarm gelangt, sondern diesen direkt erreichen kann, um dort aufgespalten und dem Energiestoffwechsel zugeführt werden. Dies ermöglicht Reichweiten von bis zu 800 km bei einem Verbrauch von lediglich 2 Gramm Nektar.

Der Sauerstoffverbrauch der Kolibris erreicht einen sehr hohen Wert und liegt selbst beim ruhenden Tier fünf bis zehn Mal höher als bei Finkenvögeln.

Kolibris haben die Fähigkeit entwickelt, ihre Körpertemperatur erheblich absenken zu können (Poikilothermie), um in Notsituationen den Stoffwechsel so zu reduzieren, dass ein Überleben möglich wird. Bei Kolibris wurde auch der Zustand der Torpidität, der völligen Teilnahmslosigkeit, beschrieben.

Der Flug der Kolibris

Kolibris fliegen mit einer sehr hohen Frequenz von 40 bis 50 Flügelschlägen pro Sekunde. Mit ihren beweglichen Flügeln können sie sogar rückwärts und seitwärts fliegen. Die Flügel ermöglichen es ihnen auch auf der Stelle zu fliegen um zum Beispiel Nektar zu trinken.

Verbreitung und Lebensraum

Breitschwanzkolibri
(Selasphorus platycercus)

Kolibris leben ausschließlich in Amerika. Sie kommen vom Süden Alaskas bis Feuerland vor. Sie leben in Halbwüsten, in den Waldgebieten am Amazonas und in gemäßigten Zonen in den Laubwäldern Chiles. Man trifft sie fast überall im südlichen Nord- und Südamerika an, außer in der subantarktischen und borealen Zone. Von den 330–340 Arten leben fast 130 in der Nähe des Äquators. Nur ein gutes Dutzend Arten lebt in Nordamerika nördlich von Mexiko, die meisten davon im Südwesten der USA. Der Rubinkehlkolibri (Archilochus colubris) brütet als einziger im Osten Kanadas und der USA. Nur auf Jamaika lebt der Wimpelschwanz (Trochilus polytmus), dessen Männchen einen bis zu 17 cm langen Schwanz hat.

Ernährung

Die Kolibris ernähren sich vorwiegend von Blütennektar. Diese sehr energiereiche Nahrung macht den kraftraubenden Flugstil erst möglich. Insbesondere knallig rot oder orange gefärbte Blumen ziehen die Kolibris an.

In den Blüten sammeln sich zudem Insekten, die ebenfalls von den Kolibris gefressen werden und eine ausreichende Versorgung mit Eiweiß sicherstellen. Der Pollen und Fruchtfleisch werden nicht gefressen, da sie gänzlich unverdaulich sind.

Fortpflanzung

Ein Breitschwanzkolibri füttert seine Brut

Um bei den Weibchen Interesse zu wecken und sie in Paarungsbereitschaft zu bringen, führen die Männchen einen Balztanz auf. Nach der Begattung bauen die Weibchen ein winziges Nest, das aus Spinnweben, Pflanzenwolle, Flechten oder Moos angefertigt wird. Das Nest wird in geringer Höhe in einem Busch oder einem Baum versteckt gebaut. Das Weibchen legt im Abstand von 2 Tagen zwei Eier. Die Brut dauert 14 bis 19 Tage. Die Jungen werden anschließend 3 – 4 Wochen bis zu 140-mal am Tag gefüttert. Zur Nahrungssuche lassen sich die Weibchen aus dem Nest fallen und gleiten dabei blattähnlich zu Boden. Dadurch wird Nesträubern das Orten des versteckten Nestes erheblich erschwert.

Feinde

Natürliche Feinde der Kolibris sind Schlangen (Serpentes), Greifvögel (Falconiformes), Katzen (Felidae) und Marder (Mustelidae).

Fossilien

Der deutsche Paläoornithologe Gerald Mayr vom Frankfurter Forschungsinstitut Senckenberg entdeckte die vermutlich ältesten Kolibrifossilien der Welt in der Grube Unterfeld im baden-württembergischen Frauenweiler (Stadtteil von Wiesloch). Er beschreibt im Fachmagazin Science den Fund zweier über 30 Millionen Jahre alter Fossilien, die den heute lebenden amerikanischen Kolibris ähnelten.[1] Es sind die ersten Funde von Kolibris in der Alten Welt.

Die Skelette sind etwa vier Zentimeter lang, haben einen langen Schnabel, um Blütennektar zu saugen, sowie Flügel, die zum Schweben auf der Stelle befähigen. Damit zeigen sie die typischen Merkmale heutiger Kolibris.

Mayr taufte sie auf den Namen Eurotrochilus inexpectatus – „unerwarteter, europäischer Kolibri“.

Haltung als Ziervogel

Kolibris gelten als schwierig zu haltende Ziervögel. Zu den wenigen Arten, die auch von Privatpersonen gehalten werden, gehört der Veilchenohrkolibri, bei dem auch bereits die Nachzucht gelungen ist.

Systematik

Kubasmaragdkolibri-Männchen (Chlorostilbon ricordii)
Purpurkehlnymphe im Nationalpark Monte Verde, Costa Rica

Siehe Systematik der Kolibris.

Literatur

  • Dieter Poley: Kolibris: Trochilidae. Die Neue Brehm-Bücherei, Band 484, 3. Auflage 1994, ISBN 3-89432-409-0
  • Helmut Folger: Kolibris: Ihre Lebensweise und Haltung. Eugen Ulmer, Stuttgart, 1982, ISBN 3-8001-7073-6
  • Scott Weidensaul: Kolibris: Fliegende Diamanten. Karl Müller, Erlangen, 1990, ISBN

Einzelnachweise

  1. Gerald Mayr (2004): Old World Fossil Record of Modern-Type Hummingbirds. Science Bd. 304, S. 861–864 (doi:10.1126/science.1096856).

Weblinks


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