Kondensatormikrofon

Kondensatormikrofon

Das Kondensatormikrofon (engl. condenser microphone, capacitor microphone) ist ein elektroakustischer Wandler, der Schall in ein entsprechendes elektrisches Signal wandelt.

Dieses Mikrofon nutzt die durch Abstandsänderungen zwischen der (beweglichen) Membran und der Gegenelektrode hervorgerufene Kapazitätsänderungen, um je nach Ausführung Schalldruck oder Schallschnelle in ein elektrisches Signal umzuwandeln.

Schema eines Kondensatormikrofons

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

C=\varepsilon { {A} \over {d} }
Doppelgradientenmikrofonkapsel
Älteres Kondensator-Mikrofon mit Doppeltriode ECC83 als Vorverstärker, Umschaltung Niere/Kugel

Beim Kondensatormikrofon ist eine wenige Mikrometer dicke, elektrisch leitfähige Membran dicht vor einer - aus akustischen Gründen oft gelochten - Metallplatte elektrisch isoliert angebracht. Technisch betrachtet ist diese Anordnung ein Plattenkondensator mit Luft-Dielektrikum, der eine elektrische Kapazität von etwa 20 bis 100 pF besitzt. Die Kapazität C des Kondensators ist abhängig von der Plattenfläche A und dem Abstand d der Kondensatorplatten.

Eintreffender Schall bringt die Membran zum Schwingen, wodurch sich der Abstand d zwischen Membran und Gegenelektrode und damit auch die Kapazität des Kondensators verändert. Zur Auswertung der Kapazitätsänderung gibt es zwei Varianten:

Niederfrequenz-Schaltung

Um diese Kapazitätsschwankungen in ein elektrisches Spannungssignal umzuwandeln, wird der Kondensator bei der sogenannten Niederfrequenzschaltung über einen hochohmigen Widerstand mit einer Gleichspannung aufgeladen. Der Widerstandswert muss so hoch gewählt werden, dass bei einer Kapazitätsänderung im Rhythmus der unteren Grenzfrequenz (zum Beispiel 20 Hz) die Ladung noch ausreichend konstant ist, sodass sich die Spannung am Kondensator mit den Schallschwingungen ändert. Es ergeben sich je nach Kapselkapazität Widerstandswerte von bis zu etwa 1 GΩ.

Ein Mikrofonverstärker (Impedanzwandler) passt direkt im Mikrofon die Impedanz für die Signalübertragung (Kabel) an. Die Signalspannung ΔU wird dabei nicht verstärkt.

\Delta U = U_V \cdot \frac{\Delta C}{C}

mit

UV - Vorspannung
C - Kapselkapazität

und

\Delta C = \varepsilon_0 \cdot \frac{A}{d - \Delta d}-C

mit

ε0 - Luft- bzw. Vakuum-Dielektrizitätskonstante
Δd - durch den Schall verursachte Abstandsänderung der Kondensatorfolie

Zu erkennen ist, dass die Signalspannung ΔU nicht linear von der Abstandsänderung Δd abhängt (jene steht im Nenner!), daher verursachen Kondensatormikrofone mit kleinem Folienabstand bei großen Schalldrücken nichtlineare Verzerrungen. Abhilfe bietet ein größerer Folienabstand, der jedoch bei gleicher Fläche zu einer geringeren Signalspannung führt. Die Signalspannung kann durch Erhöhen der Vorspannung vergrößert werden.

Um elektromagnetische Einstreuungen im Mikrofonkabel auszuschließen, wird oft noch eine Signalsymmetrierung durch einen Übertrager oder durch eine elektrische Symmetrierstufe mit Transistoren vorgenommen.

Eine dem NF-Kondensatormikrofon nah verwandte Bauart ist das Elektret-Kondensatormikrofon. Hier ist die Kondensatorladung in einer Beschichtung mit Elektretfolie „eingefroren“; eine Kapselvorspannung wird nicht benötigt. Jedoch braucht auch dieses Mikrofon eine Spannungsquelle für den notwendigen Impedanzwandler.

Hochfrequenz-Schaltung

Bei dieser Bauart, dem HF-Kondensatormikrofon, wird die variable Kapazität zur Verstimmung eines hochfrequenten Schwingkreises benutzt. Dabei entsteht eine frequenzmodulierte Hochfrequenz, die noch im Mikrofon demoduliert wird. HF-Kondensatormikrofone sind weniger empfindlich gegenüber elektrischen Einstreuungen und Luftfeuchtigkeit, da sie keine hochohmige Vorspannungseinspeisung und keinen Impedanzwandler benötigen.

Akustische Eigenschaften

Da die Membranauslenkung und nicht die Membrangeschwindigkeit zum Signal führt, ist das Kondensatormikrofon technisch betrachtet ein Elongationsempfänger. Die sehr geringe Masse der Membran ermöglicht eine besonders präzise Abbildung des Schalls, was bei diesem Mikrofontyp in einem guten Impulsverhalten sowie in brillanten Höhen resultiert.

Kondensatormikrofone sind sowohl als Druckmikrofon als auch als Druckgradientenmikrofon erhältlich. Sie kommen in den verschiedensten Erscheinungsformen vor, da mit diesem Begriff nur das Wandlerprinzip bezeichnet wird. Der Begriff hat sich aber im Umgang als Mikrofon-Klasse etabliert, da klangliche Eigenschaften mit dem Prinzip der Wandlung eng verknüpft sind.

Manche Kondensatormikrofone haben eine umschaltbare Richtcharakteristik. Ermöglicht wird dieses durch die Kombination zweier Druckgradientenmikrofone (Doppelmembranmikrofon). Die Membranen stehen dabei „Rücken an Rücken“, mit gemeinsamer Gegenelektrode, wobei Betrag der Membranladung und Polung der Signalspannungen einzeln einstellbar sind. Durch Addition der beiden Teilsignale ergeben sich unterschiedliche Richtwirkungen [1] [2].

Spannungsversorgung

Kondensatormikrofone benötigen immer eine Spannungsversorgung, nicht nur für das Potentialgefälle zwischen den Kondensatorplatten, sondern auch für den eingebauten Impedanzwandler (Mikrofonverstärker).

Tonaderspeisung

Hauptartikel: Tonaderspeisung

Die Tonaderspeisung benutzt bei symmetrischer Signalübertragung die beiden Signalleitungen zwischen Mischpult und Mikrofon für je einen Pol der Betriebs-Gleichspannung. Üblich sind ±12 V. Die Tonaderspeisung verursacht Störungen anderer daran angeschlossener (zum Beispiel dynamischer) Mikrofone und ist daher heute nicht mehr üblich.

Phantomspeisung

Hauptartikel: Phantomspeisung

Auch hierbei wird das Mikrofon vom Mikrofonvorverstärker bzw. Mischpult aus versorgt. Diese Methode kommt wie auch die Tonaderspeisung ohne zusätzliche Anschlüsse aus, da die Speisespannung über das Mikrofonkabel selbst transportiert wird [3]. Der Unterschied zur Tonaderspeisung besteht darin, dass ein Betriebsspannungs-Pol die beiden Signalleitungen der symmetrischen Signalübertragung benutzt, der andere benutzt die Masse (den Schirm). Üblich sind 12, 24 und 48 Volt. Andere am Mischpult symmetrisch angeschlossenen Mikrofone (zum Beispiel dynamische Mikrofone) funktionieren auch dann, wenn die Phantomspannung nicht abgeschaltet wird.

Bei unsymmetrischer Signalübertragung (zum Beispiel an einem Computer-Mikrofoneingang) liegt oft an der Signalleitung über einen Vorwiderstand ebenfalls eine kleine Speisespannung an, die nur von Elektretmikrofonen benötigt wird. Andere Mikrofone schließen die Spannung (gefahrlos) kurz.

Batteriespeisung

Im nicht- oder semiprofessionellen Bereich, etwa bei Verwendung unsymmetrischer Eingänge eines mobilen Recorders, muss zur Spannungsversorgung ein meistens batteriebetriebenes Speiseteil in die Mikrofonleitung geschaltet werden, sofern das Kondensatormikrofon nicht selbst ein solches Speiseteil im Griffstück integriert hat. Dabei wird die Vorspannung mit einem Spannungswandler aus den 1,5 Volt einer handelsüblichen Batterie gewonnen. Die Qualität der so gewonnenen Gleichspannung wirkt sich direkt auf die Mikrofonsignalqualität aus. Da der Leistungsbedarf eines Kondensatormikrofons sehr gering ist, hält eine Batterie viele Stunden vor.

Elektret-Mikrofone benötigen keine Vorspannung, hier dient die Batterie nur der Speisung des Impedanzwandlers.

Netzanschluss

Ältere Kondensatormikrofone (siehe Bild) besitzen einen Röhren-Vorverstärker und zusätzlich zum Signalkabel einen Netzanschluss. Ein Netztransformator im Mikrofongehäuse versorgt den Heizkreis der Röhre und erzeugt die Anoden- und die Vorspannung.

Klein- und Großmembrankondensatormikrofon

Kleinmembranmikrofon

Als Kleinmembranmikrofon gelten nach branchenüblicher Bezeichnung all jene Mikrofone, deren Mikrofonkapsel einen Membrandurchmesser von kleiner als 1 Zoll, entsprechend 2,54 cm aufweisen. Typisch bei Kondensatormikrofonen sind Durchmesser von 1/2 Zoll (1,3 cm) und 1/4 Zoll (0,64 cm).

Der Kapseldurchmesser beeinflusst maßgeblich den Klang und bestimmt damit den Anwendungszweck des Mikrofons mit. Je kleiner der Kapseldurchmesser ist, desto höhere Frequenzen können gemäß ihrer Einfallsrichtung und Schallstärke korrekt aufgenommen und übertragen werden, da sich das Mikrofon dem punktförmigen Ideal annähert, wenn der Membrandurchmesser unterhalb der halben Wellenlänge der höchsten hörbaren Schallfrequenzen liegt (Wellenlänge bei 20 kHz ca. 16 mm).

Kleinmembranmikrofone haben daher einen recht gleichförmigen Verlauf der Empfindlichkeit in Abhängigkeit des Schalleinfallswinkels und übertragen bis weit über 15 kHz einigermaßen linear. Dagegen kommt es bei Großmembranmikrofonen, z. B. zu ausgeprägten Partialschwingungen und Wechselwirkungen der Membran mit kurzen Schallwellen, so dass im oberen Frequenzbereich ab etwa 10 kHz ein oft ungleichförmiger Frequenzverlauf entsteht. Mitverantwortlich sind hierbei auch die Größe und Geometrie des gesamten Mikrofons. Kleinmembranmikrofone sind ein geringes Hindernis im Schallfeld und verändern es weniger, was z. B. auch in Stereo-Mikrofonanordnungen sehr zum Tragen kommt, wenn zwei Mikrofone nebeneinander platziert werden müssen.

Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Kapsel, desto neutraler und präziser ist das Klangbild. Daher werden bei Musikproduktionen und Übertragungen, bei denen es auf klangliche Authentizität ankommt, nahezu ausschließlich Kleinmembranmikrofone eingesetzt.

Andererseits verliert man bei kleineren Kapseln an Kondensatorfläche, wodurch die Empfindlichkeit, also das Vermögen, einen bestimmten Schalldruck in eine möglichst große Spannung umzuwandeln, sinkt. Mit einem nachgeschalteten Verstärker mit bestimmtem Grundrauschen verschlechtert sich dadurch der Rauschabstand.

Durch die Bauart weisen Kleinmembranmikrofone auch eine oft benötigte gute Rückwärtsdämpfung, also Abschattung von hinten kommender Schallwellen auf. Rückwärts-Dämpfungswerte (180°) bis zu 35 dB lassen sich mit Kleinmembranmikrofonen und der Richtcharakteristik Niere erreichen.

Großmembranmikrofon

Neumann-Großmembran-Kondensator-Mikrofon U 87 mit Mikrofonspinne

Als Großmembranmikrofon bezeichnet man üblicherweise Kapseln mit Membrandurchmessern von größer oder gleich 1 Zoll (= 2,54 cm). Nicht alle Hersteller beachten diese historisch gewachsene Unterscheidung, weshalb vereinzelt auch Membranen mit nur 0,75 Zoll = 1,9 cm Durchmesser bereits als Großmembran bezeichnet werden.

Die Baugröße wird von vielen Anwendern mit Qualität assoziiert. Tatsächlich haben Großmembranen einen eigenen Klangcharakter, was ihren Anwendungsbereich bestimmt:

  • Eine größere Kapsel weist für höhere Frequenzen (also kleinere Wellenlängen) einen richtungsabhängigen Amplitudenfrequenzgang auf, da verstärkt Interferenzen auftreten.
  • Großmembranmikrofone stellen im Schallfeld einen relativ großen Störkörper dar, wodurch die Schallsituation in unmittelbarer Umgebung des Mikrofons beeinflusst wird. Dieser Effekt wird durch das großvolumige Gehäuse noch verstärkt.

So entsteht bei diesem Mikrofontyp typischerweise eine deutliche, für das jeweilige Modell oftmals typische Klangfärbung, während Kleinmembranmikrofone einander klanglich deutlich ähnlicher sind.

Vergleich zwischen Klein- und Großmembran-Mikrofonen

Großmembranmikrofone besitzen eine typische obere Grenzfrequenz von etwa 12 kHz, während Kleinmembranmikrofone bis zu 40 kHz übertragen können und auch eine bessere Impulstreue besitzen. Moderne Großmembranen bestehen aus extrem dünnen (unter 2 µm) und leichten Materialien und können somit hohe Frequenzen etwas besser wiedergeben als ältere Modelle.

Je kleiner die Mikrofonkapsel, desto neutraler ist das Klangbild. In Aufnahmesituationen werden Großmembranmikrofone daher oft eingesetzt, um bestimmte Instrumente oder Stimmen zu färben, z. B. um Soloparts, vor allem Gesang, hervorzuheben. Daher wird der Klang eines Großmembranmikrofones häufig zur Klanggestaltung eingesetzt. Bei Beschallungssituationen hingegen, wo es auf gute Rückwärts-Dämpfungswerte der Mikrofone ankommt, sind Großmembranmikrofone unterlegen: Die Rückwärtsdämpfung (180°) für ein Nieren-Großmembranmikrofon liegt um 20 dB.

Der Vorteil größerer Kapseln ist die größere Kondensatorfläche - mit ihr steigt die Grund-Empfindlichkeit des Mikrofons. Bei einem gegebenen Schalldruck erzeugt eine größere Kapsel auch eine höhere Signalspannung, was den Rauschabstand des nachfolgenden Mikrofonvorverstärkers bei sonst gleichen Bedingungen verbessert. Daher lassen sich mit Großmembrankapseln grundsätzlich rauschärmere Mikrofone bauen. Tatsächlich zeigen eindrucksvolle „Riesenmikrofone“ ein geringeres Grundrauschen infolge der Größe ihrer Membranfläche.

kleine Membran große Membran
Eigenrauschen höher niedriger
Empfindlichkeit niedriger höher
Schalldruck-Verkraftung höher geringer
Frequenzbereich breiter enger
Schallfeldeinfluss gering stark
Dynamikbereich höher geringer

Literatur

  • Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr, "Handbuch der Tonstudiotechnik", 7. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Herausgegeben von der ARD.ZDF medienakademie, Nürnberg, 2 Bände, Verlag: K G Saur, München, 2008, ISBN 3-598-11765-5 oder ISBN 978-3-598-11765-7
  • Thomas Görne: Mikrofone in Theorie und Praxis. 8. Auflage, Elektor-Verlag, Aachen, 2007, ISBN 978-3-89576-189-8
  • Norbert Pawera: Mikrofonpraxis. 4. Auflage, Franzis Verlag GmbH, München, 1993, ISBN 3-932275-54-3
  • Fritz Kühne: Mono-, Stereo- und Transistor-Mikrofone. 7. Auflage, Franzis Verlag , München, 1966

Einzelnachweise

  1. Michael Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik, 6. Auflage 1997, Band 1, Seite 182
  2. Thomas Görne, Mikrofone in Theorie und Praxis, 2. Auflage 1996, Seite 87
  3. Michael Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik, 6. Auflage 1997, Band 1, Seite 174

Siehe auch

Weblinks


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