- Kranzgeld
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Als Kranzgeld bezeichnete man eine finanzielle Entschädigung, die eine Frau von ihrem ehemaligen Verlobten fordern konnte, wenn sie ihm auf Grund eines Eheversprechens die Beiwohnung gestattet hatte, also die Jungfräulichkeit verlor und er anschließend das Verlöbnis löste. Gleiches galt auch für neuverlobte Witwen.
Es existieren zwei Erklärungen zur Wortherkunft: Eine nicht mehr jungfräuliche Braut, die Strohjungfer, musste nach altem Brauch bei der Hochzeit einen Strohkranz tragen. Die unbescholtene Braut durfte sich dagegen im Myrtenkranz präsentieren. Die andere Version ist, dass die jungfräuliche Braut einen geschlossenen Kranz trug und die nicht mehr jungfräuliche Braut oder Witwe einen offenen.
Im deutschen Privatrecht können normalerweise nur Vermögensschäden im Rahmen des Schadensersatzes ausgeglichen werden (vgl. § 253 Abs. 1 BGB). Die „Entehrung“ der Jungfrau ist aber ein ideeller Schaden. Der Anspruch auf Kranzgeld war, ähnlich dem noch heute existierenden Anspruch auf Schmerzensgeld, eine Ausnahme zu diesem Grundsatz. Der Anspruch war in § 1300 im Vierten Buch (Familienrecht) des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1896 geregelt und trat mit ihm am 1. Januar 1900 in Kraft.
§ 1300 BGB lautete:
- (1) Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des § 1298 oder des § 1299 vorliegen, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen.
- (2) Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
Begründet wurde der Schadenersatzanspruch damit, dass die Ledige wegen des Verlusts ihrer Jungfräulichkeit geringere Chancen auf eine standesgemäße Heirat mit einem anderen Mann habe. War die Ledige oder die Witwe hingegen schon vor der „Beiwohnung“ nicht mehr „unbescholten“, so stand ihr auch kein Kranzgeld zu. Wobei sich der Begriff „bescholten“ nicht nur auf die Unkeuschheit bezog, sondern auch auf andere Sachverhalte, wie z. B. Gefängnisaufenthalte.
Im Jahre 1993 wurde vom Amtsgericht Münster (Urteil vom 8. Dezember 1992, Az: 50 C 628/92) eine Klage auf ein Kranzgeld in Höhe von 1.000 DM mit der Begründung abgewiesen, der § 1300 BGB verstoße wegen der gewandelten Moralvorstellungen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) und sei deshalb nicht mehr anzuwenden. Eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen (Beschluss vom 5. Februar 1993, Az.: 1 BvR 39/93). Große praktische Bedeutung hatte die Vorschrift zum damaligen Zeitpunkt ohnehin nicht mehr. Sie wurde daher durch das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechtes vom 4. Mai 1998 ersatzlos gestrichen. Die Vorschrift war vorkonstitutionelles Recht mit der Folge, dass einzelne Fachgerichte selbst die Möglichkeit hatten, die Vorschrift als verfassungswidrig einzustufen und zu ignorieren. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht war nicht erforderlich. Das Gesetz wurde in der DDR bereits 1957 abgeschafft.
Die übrigen Paragrafen zwischen § 1297 bis § 1302 BGB bestehen weiterhin. Daraus lassen sich eventuelle monetäre Ersatzansprüche (Schadensersatz, Rückgabe von Geschenken) ableiten. Die Verjährung der Ansprüche ist in § 1302 BGB geregelt.
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