- Kulturflatrate
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Die Kulturflatrate ist das Konzept einer gesetzlich geregelten Pauschalabgabe, die an die Rechteinhaber digitaler Inhalte verteilt werden soll. Im Gegenzug soll dafür die öffentliche Verbreitung digitaler Kopien, beispielsweise in Filesharing-Netzwerken, legalisiert werden. Zur Umsetzung müsste das (deutsche) Urheberrechtsgesetz geändert werden. Dabei geht es insbesondere um digitale Inhalte, die konsumiert werden, wie Bilder, Texte, Spiele und Filme. Unternehmenssoftware gehört in der Regel nicht zu solchen Kulturgütern.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Durch die Verfügbarkeit des Internets für Privatpersonen und der Möglichkeit der verlustfreien Datenkompression ist es üblich geworden, dass digitale Inhalte – wie Musik, Filme, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Bilder – zwischen den Nutzern kopiert werden, die zumeist in keinem persönlichen Verhältnis zueinander stehen. Hierbei handelt es sich jedoch nach dem Urheberrecht um eine Handlung, welche die Zustimmung des Rechteinhabers erfordert, und ohne diese Zustimmung illegal ist. Hierdurch machen sich die Nutzer strafbar und verursachen Einnahmeeinbußen der Rechteinhaber.
Hierbei besteht auch der Gedanke im Zuge von Bewegungen, die sich für Internetfreiheit einsetzen, wie dem Chaos Computer Club, der Anonymous-Gruppe, der Piratenpartei und des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, dass dieses Tauschen aus technischen Gründen wie angeblich kaum verhinderbaren Anonymisierungstechniken im Internet nicht zu verhindern sei. Die einzige Möglichkeit der Verhinderung sei nämlich die totale Überwachung. Da sie eine solche Überwachung ablehnen, wird von diesen Personen im Umkehrschluss auch das Urheberrecht abgelehnt und daher nach alternativen Konzepten gesucht, um werkschaffenden Personen eine gerechte Bezahlung zu gewährleisten.
Ein weiteres Argument für die Kulturflatrate ist die künstliche Verknappung von immateriellen Gütern, die durch das Urheberrecht einsteht. Gegen dieses Argument spricht jedoch, dass aufgrund eines teilweise funktionierenden Wettbewerbs Anbieter wie Juke oder Napster für Konsumenten bereits der Kulturflatrate ähnliche Angebote machen, sodass Konsumenten kaum eine künstliche Verknappung bemerken.
Die Idee der Kulturflatrate ist nun, einerseits diese angeblich alltäglich gewordenen Kopierhandlungen zu legalisieren und zweitens eine Gebühr zu erheben, die an die Rechteinhaber ausgeschüttet wird – als Kompensation für die Nutzung ihrer Werke.
Dies ist angelehnt an dem Prinzip der Privatkopie und der damit verbundenen Pauschalabgabe. Diese wird in Deutschland bereits seit den 1960er Jahren erhoben: So ist auf Leerkassetten, CD- und DVD-Rohlinge, sowie auf die entsprechenden Rekorder eine festgesetzte Abgabe zu leisten.
Entstanden ist die Idee der Kulturflatrate auch auf Grund von Kritik an der momentan gängigen DRM-Praxis und der damit verbundenen Kontrolle der Nutzer. Bei dieser kann sich der Konsument Werke von einem legalen Anbieter herunterladen, wird aber durch technische Maßnahmen an der vom Rechteinhaber nicht erwünschten Weiterverbreitung, aber auch an der legitimen Nutzungen und Erstellung einer Privatkopie gehindert. Überlegungen von Organisationen wie der TCPA oder deren Nachfolger der Trusted Computing Group gingen auch dahin, Computer gegen Kopierschutzumgehungen immun zu machen. Anderseits setzen DRM-Systeme wie Marlin darauf, mit möglichst vielen Geräten kompatibel zu sein und auch Privatkopien zu ermöglichen. DRM könnte aber für eine Kulturflatrate nützlich sein, da DRM-Systeme verlässlichere Statistiken über das Nutzungsverhalten ermöglichen. Allerdings würden DRM-Systeme bei einer Legalisierung des Filesharings von Kulturmedien nicht greifen können und so dem Konzept der Kulturflatrate grundlegend widersprechen.
Konzept der Durchführung
Die Summe aller Beträge aus der Pauschalabgabe der Kulturflatrate wird dann an die Rechteinhaber verteilt. Grundlage der Verteilung könnte dabei sein, wie oft das jeweilige Werk genutzt wird. Dies könnte näherungsweise über Download-Zahlen oder die Beobachtung einer Stichprobe der Bevölkerung erfasst werden. Befürworter der Kultur-Flatrate erwarten, dass durch diese einfachere und detailliertere Erfassung eine, im Vergleich zur aktuellen Datenerhebung durch die GEMA, exaktere und damit gerechtere Verteilung ermöglicht wird. Um das System auch für die andere Seite, die Benutzer, gerechter zu gestalten, gibt es die Idee, eine Staffelung des Beitrags je nach Geschwindigkeit des Onlinezugangs und Art der Abrechnung (Zeittarif/Volumentarif/Flatrate) einzuteilen.
Zwangsabgabe
Hauptkritikpunkt an diesem Modell ist die Verpflichtung aller Benutzer von Breitbandzugängen, diese Abgabe zu zahlen, selbst wenn sie keine geschützten Inhalte beziehen wollen. Teilweise existieren allerdings auch heute schon Pauschalabgaben zu Gunsten der GEMA, etwa beim Kauf von Leermedien wie CDs, die mit Einführung einer Kulturflatrate entfallen könnten.
Betrugsgefahr
Kritiker sehen bei der Bestimmung des Verteilungsschlüssels zudem eine Betrugsgefahr durch manipulierte Statistiken – gerade anonyme Verfahren sind anfällig für eine Verzerrung des Bildes des Konsumverhaltens, beispielsweise durch massenhafte Downloads der eigenen Inhalte, oder starkes Bewerben von Dateien, die dann offensichtlich unbrauchbares Material enthalten, nur um durch die Klicks an Geld zu kommen. Es existiert keine technische Lösung, die Anonymität und Betrugssicherheit gewährleisten könnte.
Das Problem der Manipulierbarkeit existiert zwar auch beim althergebrachten Modell zum Beispiel durch fingierte CD-Massenkäufe[1]; bei einer Kulturflatrate würde sich das Phänomen jedoch nicht nur auf große Plattenfirmen/Verlage beschränken, sondern fast jeder Privatmann wäre in der Lage, das System zu manipulieren.
Verwaltungsaufwand
Ein weiterer Aspekt ist der große Verwaltungsaufwand: Damit eine einigermaßen gerechte Verteilung möglich wäre, müsste eine sehr große Datenbasis erfasst werden, um dann anteilig das Geld an die Künstler weiterzugeben. Ansätze zur Erstellung derartiger Statistiken bieten derzeit Dienste wie BigChampagne. Vorgeschlagen wird auch, auf die bestehende Infrastruktur der GEMA aufzusetzen.
Datenschutz
Da die Festlegung der Anteile der einzelnen Künstler eine Erfassung des Nutzungsverhaltens erfordert, bestehen darüber hinaus datenschutzrechtliche Bedenken. So könnten die gesammelten personen- bzw. gruppenbezogenen Daten missbräuchlich verwendet werden, falls die Daten an zentraler Stelle erfasst würden.
Beispiele
Die Regierung der Isle of Man will eine Kulturflatrate erproben[2]. Der Chaos Computer Club schlägt die Variante der Kulturwertmark zur Umsetzung vor.
Belege
- ↑ Artikel in RP Online zu manipulierte CD-Verkäufen
- ↑ heise.de: „Isle of Man will Kulturflatrate erproben“
Literatur
- Marina Artino u. a.: Kulturen der Kopie. Ein studentisches Projekt. Siegen Universitätsverlag, Siegen 2007.
- Alexander Roßnagel / Silke Jandt / Christoph Schnabel: Kulturflatrate. Ein verfassungsrechtlich zulässiges alternatives Modell zur Künstlervergütung?, in: MMR 2010, S. 8 bis 12.
Weblinks
- Kulturflatrate bei attac
- Initiative für Privatkopie
- Netzpolitik-Podcast 075: Die Kulturflatrate - Zwei Stunden langes Interview mit dem Medienforscher Volker Grassmuck
- Studie der Grünen zur Umsetzbarkeit einer Kulturflatrate nach deutschem und europäischem Recht (PDF-Datei; 744 kB)
- Materialien zur Kulturflatrate
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