Kundenzufriedenheit

Kundenzufriedenheit

Kundenzufriedenheit bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre, in der Verkaufs- und in der Handelspsychologie ein abstraktes Konstrukt der Sozialforschung, das zumeist - wenn das Confirmation/Disconfirmation-Modell zugrunde gelegt wird - als Differenz von Kundenerwartung und Bedürfnisbefriedigung beschrieben wird. Zufriedenheit entsteht als Ergebnis eines Vergleichs von Erwartungen, die sich beim Kunden herausgebildet haben und der tatsächlich erhaltenen Leistung. Übertrifft die Leistung die Erwartungen, ist der Kunde sehr oder sogar außerordentlich zufrieden (begeistert). Entsprechen sich beide, ist er zufrieden (was für eine nachhaltige Kundenbindung/Loyalität zu wenig ist). Werden seine Erwartungen nicht erfüllt, ist er etwas oder sehr unzufrieden (verärgert).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die verbreitetsten Messansätze für Kundenzufriedenheit stützen sich stark auf sozialwissenschaftliche Methodik (siehe auch Meinungsforschung, Kundenzufriedenheitsanalyse).

Die Kundenzufriedenheit dient als Indikator für die Qualität von Kundenbindungsmaßnahmen und Qualitätsmanagement. Sie spielt eine zentrale Rolle in der aktuellen Marketingtheorie und -praxis, daher ist das Management der Kundenzufriedenheit zu einer wichtigen Herausforderung für viele Manager geworden, insbesondere für Handelsmanager. Bei der Bestimmung der optimalen Kundenzufriedenheit ist der Kundenwert zu berücksichtigen.

Wenn ein Kunde seine Erwartungen an die Leistung erfüllt sieht, also der Ist-Zustand dem Soll-Zustand entspricht, ist der Kunde zufrieden. In diesem Fall spricht man von Konfirmation. Wenn die Erwartungen übertroffen werden, wird der Kunde begeistert. Hier wird auch von positiver Diskonfirmation gesprochen. Wenn die Erwartungen dagegen nicht erfüllt werden, also die Ist-Leistung unter der Soll-Leistung liegt, wird der Kunde enttäuscht oder befindet sich im Zustand der negativen Diskonfirmation. Unter Berücksichtigung von Lernprozessen kann das Learn Paradox eintreten: „Zufriedene Erstkäufer können zu unzufriedenen Wiederholungskäufern werden. Unzufriedene Erstkäufer können zu zufriedenen Wiederholungskäufern werden.“[1]

Häufig wird die Kundenzufriedenheit über Umfragen für einen Betrieb ermittelt, um Ansätze zu finden die Kundenzufriedenheit und die meist damit verbundene Kundenbindung zu verbessern. Die Messung der Kundenzufriedenheit wird auch im Rahmen des Qualitätsmanagements gemäß der ISO 9000-Normenreihe gefordert. Als verlässliche Methode, Kundenzufriedenheit zu überprüfen, gilt hierzulande das Forschungsprojekt Kundenmonitor Deutschland.

Folgen von Kundenzufriedenheit

Eine hohe Kundenzufriedenheit ermöglicht dem Anbieter:

Zufriedene Kunden können als aktive Referenz wirken, d. h. sie erzählen anderen von ihren positiven Erfahrungen. Auf Dauer kann sich Kundenzufriedenheit zur betriebswirtschaftlich erwünschten Kundenloyalität verfestigen (Markenloyalität bzw. Geschäfts- oder Ladenloyalität). Auf der anderen Seite sind unzufriedene Kunden für jedes Unternehmen eine große Gefahr. Es hat sich gezeigt, dass unzufriedene Kunden ihre negativen Erlebnisse deutlich häufiger weitererzählen als ihre positiven. Zudem wandern enttäuschte Kunden vom Unternehmen ab und wechseln zu einem anderen Anbieter. Mit einer guten Qualitätssicherung und einem Beschwerdemanagement kann dieser Abwanderung vorgebeugt, die Kunden an ein Unternehmen gebunden werden. Permanent unzufriedene Kunden können unter Umständen vom Unternehmen auch ausgeschlossen werden (Kundenausgrenzung, Demarketing).

Bei der Kundenzufriedenheit spielt unter anderem die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen und - speziell im Handel - die Möglichkeit von Artikelalternativen im Sortiment eine Rolle. Die Kundenzufriedenheit ist eine vom Kunden wahrgenommene Erfüllung sowohl seiner selbstverständlichen Erwartungen (Basisfaktoren) wie auch seiner ausdrücklich geäußerten Wünsche (Leistungsfaktoren). Konsequente Weise müssen dann an dieser Stelle auch die Begeisterungsfaktoren genannt werden, die - wie Basis- und Leistungsfaktoren - von Kano[2] eingeführt wurden. Letztere sind solche Faktoren, mit denen es gelingt genau das auszulösen, was Kunden am stärksten an ein Unternehmen bindet, Begeisterung. Sie werden von den Kunden nicht erwartet und beeinflussen die Zufriedenheit deshalb ausschließlich positiv. Kano definiert daneben mehrere weitere Faktoren, die allerdings für die Messung und das Management der Kundenzufriedenheit von nachrangiger Bedeutung sind.

Basisanforderungen

Zu diesen zählen alle Leistungskomponenten, deren Erfüllung der Kunde einfach voraussetzt und nicht anspricht. Werden sie nicht erfüllt, macht das den Kunden unzufrieden. Grundanforderungen werden vom Kunden für selbstverständlich gehalten. Werden diese übertroffen, so honoriert der Kunde diese Leistung in der Regel nicht.

Leistungsanforderungen

Dabei handelt es sich um vom Kunden ausgesprochene Erwartungen (Spezifikationen) und messbare Leistungsanforderungen. Entsprechen sie den Erwartungen nicht voll, kommt Unzufriedenheit auf - werden die Erwartungen übertroffen, steigt die Zufriedenheit. Leistungsanforderungen können mit den klassischen Methoden der Marktforschung (mündliche oder schriftliche Befragungen) erfasst werden.

Unzufriedenheit kann zwei Ursachen haben: überhöhte Erwartungen des Kunden oder mangelhafte Leistung des Anbieters. Im Rahmen des Customer-Relationship-Managements sollen Kunden mit überhöhten Erwartungen identifiziert werden und entweder „umerzogen“ oder die eigenen Leistungen entsprechend angepasst werden (siehe auch Customer Care Concept).

Das Customer-Experience-Management (CEM) setzt auf solchen Analysen auf, um positive Kundenerfahrungen zu schaffen. Damit setzt CEM nicht nur auf direkte Auswirkungen wie etwa Kaufbereitschaft, Umsatz oder die Nutzungsintensität, sondern ganz gezielt auch auf indirekte Effekte wie die Mund-zu-Mund-Propaganda. Im Vergleich zu CEM definiert sich das Customer-Relationship-Management (CRM) weniger über die tatsächlichen Präferenzen individueller Kunden, sondern mehr aus der Unternehmens-Perspektive heraus über den Umgang mit Kundendaten wie z.B. Alter, Wohnort, Vorlieben. Kritiker des klassischen Ansatzes sehen deshalb in CRM eine Diskrepanz zwischen der Herangehensweise des Unternehmens zu vermuteten Kundenerwartungen und deren tatsächlichen Vorstellungen. Der Einsatz von CEM hingegen ist mehr eine Frage der grundsätzlichen Kundenorientierung des Unternehmens.

Die Unterscheidung von Basisfaktoren und Leistungsfaktoren geht auf die Zwei-Faktoren-Theorie (Herzberg) zurück. Auf dieser Typologie aufbauend entwickelte Kano das nach ihm benannte Kano-Modell, in welchem er eine Reihe weiterer Faktoren einführte:

  • Begeisterungsanforderungen (werden vom Kunden nicht erwartet, aber, wenn vorhanden, geschätzt)
  • Unerhebliche Faktoren (werden vom Kunden weder erwartet noch geschätzt, aber auch nicht zurückgewiesen)
  • Rückgewiesene Faktoren (werden vom Kunden als nicht vorhanden erwartet).

Abgrenzung der statischen von der dynamischen Kundenzufriedenheit

Die dynamische Betrachtung der Kundenzufriedenheit im Zeitablauf stellt eine Weiterentwicklung der statischen Betrachtung dar.[3] Diese sogenannte Zufriedenheitsdynamik erweitert die statische Betrachtung, wodurch Zufriedenheit als reines Nachkaufphänomen betrachtet wird, für eine prozessorientierte Untersuchung der Entwicklung der Zufriedenheit dynamisch im Zeitablauf.

Die bislang vorherrschende Konzentration der Zufriedenheitsforschung auf statistische Analysen erschließt sich aus methodischen Problemen, mit den zur Untersuchung der Zufriedenheitsdynamik erforderlichen Längsschnittanalysen.[4]

Kundenzufriedenheitsindex (Customer-Satisfaction-Index)

Der Kundenzufriedenheitsindex bzw. Customer-Satisfaction-Index ist ein aufwändiges und aussagekräftiges Analyseinstrument zur Charakterisierung der Entwicklung der Kundenzufriedenheit. Zur Ermittlung des Kundenzufriedenheitsindex wird die Zufriedenheit der Kunden mit einzelnen Kriterien (als Differenz der Leistungsanforderungen und wahrgenommenen Leistung) erfragt. Im Gegensatz zu früheren Konzepten, wird in modernen Studien die Wichtigkeit nicht mehr erfragt, sondern errechnet (eingesetzt werden hierzu Korrelations-/Regressions-/Kausalanalysen). Dies verhindert z. B. einen häufig zu beobachtenden Effekt, die Anspruchsinflation (alles ist wichtig). Zusätzlich wird so auch der Umfang des Fragebogens deutlich reduziert, da nicht mehr zwei Fragen gestellt werden müssen („Wie wichtig ...“ und „Wie zufrieden ...“)[5] . Als Zielvariable für die Gewichtung dient die Loyalität. Die so ermittelten Kerngrößen Ist-Zufriedenheit und Wichtigkeit fließen dann in die Berechnung des Kundenzufriedenheitsindex (CLI) ein.

Die Kennzahl (KPI) erlaubt einen Vergleich über mehrere Perioden im Sinne einer Trendanalyse und eignet sich für interne bzw. externe Betriebsvergleiche (Benchmarking). Im Weiteren wird der CLI (Customer-Loyalty-Index bzw. Kundenbindungsindex) unterschieden.

Weitere Instrumente im Kundenzufriedenheitsmanagement sind der Net Promoter Score und der CSP, Customer Satisfaction Power. CSP, dieser Gradmesser der Kundenzufriedenheit kombiniert die Erwartung mit der vom Befragten abgegebenen Bewertung eines Produkts oder dessen Eigenschaften. Grundlage für die Messung der Erwartungshaltung ist das Kanopotential, das für jede befragte Person gleichzeitig mit der Bewertung der Eigenschaft erhoben wird.

Literatur

  • G. Churchill, C. Surprenant: An Investigation into the Determinants of Customer Satisfaction. In: Journal of Marketing Research. 19, 11, 1982, S. 491-504.
  • Heribert Gierl, Roland Helm: Kundenzufriedenheit. Verfahren zur Messung der Indifferenzzone. In: Marketing Bd. 19. Josef Eul Verlag, Lohmar/Köln, März 2002, ISBN 978-3-89012-942-6.
  • Christian Homburg (Hrsg.): Kundenzufriedenheit. Konzepte - Methoden - Erfahrungen. 6. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-8349-0190-3.
    • Ch. Homburg, R. Stock-Homburg: Theoretische Perspektiven zur Kundenzufriedenheit., 2006, S. 17-51.
    • C. Homburg, B. Rudolph, H. Werner: Messung und Management von Kundenzufriedenheit in Industriegüterunternehmen. 1995, S. 313-340.
  • Marc-Oliver Kaiser: Erfolgsfaktor Kundenzufriedenheit, Dimensionen und Messmöglichkeiten. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-503-07833-2.
  • Harald R. Preyer, Martin Carbon: E=MK2. Wien 2005, ISBN 978-3-200-00516-7.
  • Hans-Otto Schenk: Psychologie im Handel, 2. Aufl., Oldenbourg Verlag, München/Wien 2007, ISBN 978-3-486-58379-3.
  • Willy Schneider, Martin Kornmeier: Kundenzufriedenheit. Konzept, Messung, Management, Haupt-Verlag, Bern 2006, ISBN 978-3-258-06978-4.
  • Johan Schwenk: Herausforderung Kundenzufriedenheit. Auswirkungen - Messung - Management. VDM, Saarbrücken 2006, ISBN 978-3-86550-375-6.
  • Ruth Stock-Homburg: Der Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. 4. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8349-2091-1.

Siehe auch

Weblinks

Belege

  1. Schenk, a.a.O., S. 90
  2. Kano, N., Attractive Quality and Must-be Quality in: Hinshitsu Journal of the Japanese, Society for Quality Control, H. 4, S. 39–48
  3. STAUSS, B. (1999): Kundenzufriedenheit, in: Marketing ZFP, 21 (1999), Nr.1 , S. 11
  4. BAUER, M. (2000): Kundenzufriedenheit in industriellen Geschäftsbeziehungen – Kritische Ereignisse, nichtlineare Zufriedenheitsbildung und Zufriedenheitsdynamik, Gabler, Wiesbaden, S. 154
  5. Mierzwa, M.: Kundenzufriedenheit richtig messen, in: Symposion, Digitale Fachbibliothek Qualitätsmanagement, S. 6f (http://www.symposion.de/?cmslesen/q7001005_36660101@fi2633e670428a0368)

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