- Kunstschutz
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Als Kunstschutz wird im Kriegsfall der Schutz der Kulturgüter, der historischen und Baudenkmäler sowie der Kunstwerke bezeichnet, der laut der Haager Landkriegsordnung (Artikel 46 und 56) zu den Pflichten der Militärverwaltung in besetzten Ländern gehört. In diesen Schutz fallen die Sicherung der Denkmäler vor Zerstörung, Raub beziehungsweise Beschlagnahme sowie die Schaffung von Voraussetzungen für die Restaurierung von beschädigten Werken und die Aufrechterhaltung beziehungsweise Betreuung des Kunstlebens.
Im Zweiten Weltkrieg kam es anfangs zur Anwendung dieser Kunstschutz-Verpflichtung im Mai 1940, als der Kunsthistoriker Franz Graf Wolff Metternich zum Leiter des Kunstschutzes berufen wurde. Im Juli 1942 wurde sein Stellvertreter Bernhard von Tieschowitz zum Leiter ernannt. Der Kunstschutz wurde dem Oberkommando des Heeres-Generalquartiermeister zugeordnet und stand häufig in Widerspruch zu anderen Gruppen der Wehrmacht und des NS-Staates, wie der SS, der Gestapo oder des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg (ERR). Vor allem Hitler hielt vom Kunstschutz nichts. Sitz des französischen Kunstschutzes war Paris, eine der ersten Amtshandlungen war die Auflistung von über 500 Schlössern und Denkmälern in Frankreich zum Schutz vor der deutschen Armee. Daraus folgte zumindest in der Theorie, dass diese Bauten und Institutionen von der militärischen Nutzung ausgenommen waren.
Parallel zur Ausweitung der Kampfhandlungen beziehungsweise der deutschen Besatzungen in Europa wurde auch der Kunstschutz in diese Länder ausgeweitet. Neben Frankreich, Belgien, den Niederlanden war diese Abteilung der Militärverwaltung ab 1943 auch in Italien und Griechenland aktiv. Ernst Kirsten und Wilhelm Kraiker etwa, zwei zum Kunstschutz abgeordnete Soldaten der Wehrmacht, verfassten ihre erstmals 1955 erschienene "Griechenlandkunde" auf der Grundlage von Führungsblättern des deutschen Kunstschutzes. In den östlichen Ländern gab es keinen Kunstschutz. Trotz der Existenz dieser Kunstschutzdienststellen kam es im Zweiten Weltkrieg in den besetzten Ländern durch die Deutschen zu umfangreichem Kunstraub.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dem Kunstschutz mehr Aufmerksamkeit geschenkt, indem die Regeln der Haager Landkriegsordnung von 1907 ausgebaut wurden - so etwa durch die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954.
Literatur
- Bundesamt für Zivilschutz (Hrsg.): Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten. 4. Auflage. Bundesamt für Zivilschutz - Referat I. 9, Bonn 1979.
- Frank Fechner, Thomas Oppermann u. a. (Hrsg.): Prinzipien des Kulturgüterschutzes. Ansätze im deutschen, europäischen und internationalen Recht. Duncker & Humblot, Berlin 1996, ISBN 3-428-08538-8, (Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht 37).
- Paul Clemen: Kunstschutz im Kriege. Berichte über den Zustand der Kunstdenkmaler auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen und über die deutschen und österreichischen Maßnahmen zu Ihrer Erhaltung, Rettung, Erforschung. 2 Bände. A. Seemann, Leipzig 1919.
- Nikola Doll: Die „Rhineland-Gang“. Ein Netzwerk kunsthistorischer Forschung im Kontext des Kunst- und Kulturgutraubes in Westeuropa. In: Ulf Häder: Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1933–1945. Kolloquium vom 11. und 12. Dezember 2001 in Köln. Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Magdeburg 2002, ISBN 3-00-010235-3, (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste 2), S. 53–78.
- Cay Friemuth: Die geraubte Kunst. Der dramatische Wettlauf um die Rettung der Kulturschätze nach dem Zweiten Weltkrieg. (Entführung, Bergung und Restitution europäischen Kulturgutes 1939 – 1948). Westermann, Braunschweig 1989, ISBN 3-07-500060-4.
- Günther Haase: Kunstraub und Kunstschutz. Eine Dokumentation. Olms, Hildesheim 1991, ISBN 3-487-09539-4, (über den Verbleib deutscher Kunstwerke).
- Lutz Klinkhammer: Die Abteilung „Kunstschutz“ der deutschen Militärverwaltung in Italien 1943–1945. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 72, 1992, ISSN 0079-9068, S. 483–549.
- Ernst Kubin: Raub oder Schutz? Der deutsche militärische Kunstschutz in Italien. Stocker Graz u. a. 2001, ISBN 3-7020-0694-X.
- Christina Kott: Die deutsche Kunst- und Museumspolitik im besetzten Nordfrankreich im Ersten Weltkrieg. Zwischen Kunstraub, Kunstschutz, Propaganda und Wissenschaft. In: Kritische Berichte 25, 1997, 2, ISSN 0340-7403, S. 5–24.
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