Kunststoffdispersionsfarbe

Kunststoffdispersionsfarbe

Als Dispersionsfarben bezeichnet man zähflüssige Anstriche, die aus einer chemischen Dispersion (meistens einer Emulsion) aus Binde- und Lösungsmitteln, Farbmitteln (meistens Pigmenten) und Zusatzstoffen bestehen. In diesem allgemeinen Sinn handelt es sich bei der Mehrzahl der flüssigen Anstriche (Lacke, Farben, usw.) um Dispersionen. Umgangssprachlich sind damit meistens jene etwa 16 Kilogramm schweren Gebinde mit weißer Wandfarbe im ovalen 10-Liter-Eimer gemeint, wie sie palettenweise in jedem Baumarkt stehen. Dabei handelt es sich genau genommen um Kunstharzdispersionsanstriche.

Daneben gibt es auf dem Markt noch ähnlich aufgebaute Produkte, die aber möglichst nicht-synthetische und nicht-mineralölhaltige Zutaten verwenden und die meist als Naturdispersionsfarben bezeichnet werden.

Fassadenanstrich mit Dispersionsfarbe

Inhaltsverzeichnis

Kunstharzdispersionsanstriche

Kunstharzdispersionsanstriche (auch Kunststoffdispersionsanstriche, -farben', oder -dispersionen) sind Wandanstriche, die in der Regel aus einer Dispersion aus Kunstharz und Wasser bestehen. Kunstharzdispersionsfarben für den Innenbereich sind in der DIN EN 13300 normiert, solche für den Außenbereich in der DIN EN 1062.

Bestandteile

Hauptbestandteile sind typischerweise Wasser als Verdünnungsmittel, aus Mineralöl gewonnene Kunstharze oder ähnliche Kunststoffe als Bindemittel, Farbstoffe oder Pigmente wie Titandioxid, Füllstoffe wie Calciumcarbonat, Silikate und Quarzmehl.

Zusätzlich kommen Hilfsstoffe (sogenannte Additive) zum Einsatz, die zur Verbesserung der technischen Eigenschaften eingesetzt werden, wie beispielsweise Stabilisatoren, Entschäumer, Verdickungsmittel, Konservierungsmittel, Lösungsmittel.

Bei den verwendeten Kunstharzen handelt es sich um Acrylate oder Polyvinylacetat.

Verwendung

Kunstharzdispersionswandfarben mit besonders hoher Wasserfestigkeit, für den Außen- und Fassadenbereich sowie für Feuchtbereiche im Hausinneren, werden häufig auch als Latexfarben bezeichnet, was nicht korrekt ist, da sie kein Latex enthalten, sondern lediglich einen erhöhten Anteil an Kunstharz. Auch Kunstharzdispersionsfarben mit dekorativen Zusätzen (wie Glitter) werden oft so bezeichnet.

Feste Farbe

Neben flüssiger Kunstharzdispersionsfarbe gibt es auch noch thixotrope (sogenannte kompakte) Anstriche, besser bekannt als Feste Farbe®; sie sollen beim Streichen weniger klecksen und spritzen. Kompakte Farben haben aber an Marktbedeutung verloren, da sie sich aufgrund der festen Eigenschaften schwerer streichen lassen.

Abtönung

Mit Vollton-, Abtönfarbe oder Pigmentpräparationen lassen sich weiße Dispersionsfarben einfärben. Pigmentpräparationen sind dabei bindemittelfreie Produkte, die allein verwendet noch keinen Film bilden. Diese werden meist für automatische Systeme, sogenannte Tönsysteme verwendet. Es existieren jedoch auch wenige Hersteller, die Pigmentpräparationen für den professionellen Bereich anbieten.[1] Vollton- und Abtönfarben sind fertige Anstrichmittel, die Filmbildner enthalten. Vollton- und Abtönfarben werden üblicherweise für die manuelle Abtönung (Do-it-yourself-Markt) verwendet.

Fertig abgetönte Farben sind in allen Fach- und Baumärkten mittlerweile erhältlich. Die Farben werden entweder vor Ort computergesteuert gemischt (Point-of-Sale-Tinting) oder aber bereits ab Werk abgetönt (In-Plant-Tinting oder Werkstönung). In manchen Ländern, wie den Vereinigten Staaten, ist das Point-of-Sale-Tinting Standard, und zwar nicht nur in Baumärkten, sondern auch in vielen Einzelhandelsketten wie z. B. Wal-Mart. Speziell die Tönung kleiner Mengen erfordert eine hohe Dosiergenauigkeit, sowie eine exakte Einstellung der verwendeten Pigmentpräparationen. Prinzipiell können manuell und automatisch dieselben Pigmente verwendet werden, so dass dasselbe Echtheitsniveau der resultierenden Farbtöne erreicht wird. In der Praxis ist man bei Dosierautomaten auf eine eingeschränkte Auswahl von Pigmenten angewiesen, die zudem alle angebotenen Qualitäten abdecken müssen. Die Farbtongenauigkeit von automatischen Dosiersystemen hängt stark von den verwendeten Pigmenten (Art und Anzahl), sowie von den hinterlegten Farbtonformulierungen ab.[2][3]

Umweltverträglichkeit

Das Umweltbundesamt bescheinigt Kunstharzdispersionsfarben im Allgemeinen eine hohe Umweltverträglichkeit. Für die Kennzeichnung mit dem Blauen Engel gilt für Innenprodukte neben anderen Grenzen ein Grenzwert von max. 700 ppm VOC (Volatile Organic Compounds)[4]. Diese Begrenzung ist weitaus niedriger als die von der EU in der sogenannten Decopaint-Richtlinie vorgegebene Grenze von 100g/l (ab 2007) bzw. 30 g/l (ab 2010)[5][6]. Bei Systemen, die mit dem Blauen Engel gekennzeichnet werden, kann davon ausgegangen werden, dass nahezu keine flüchtigen Stoffe abgegeben werden.

Hygienische Aspekte

Dispersionsfarben enthalten in der Regel Konservierungsmittel bzw. Biozide. Diese können bei der Anwendung zu allergischen Reaktionen führen. Mithilfe geeigneter Mineralien können Farben jedoch auch ohne Biozide stabilisiert werden. Sie sind somit hygienisch unbedenklich und werden auch zur Herstellung (Beschichtung) von Lebensmittelverpackungen (Lebensmittelzulassung) verwendet. Im Handel sind diese Farben erhältlich und entsprechend gekennzeichnet und vorzugsweise als Wandfarben für Kinderzimmer oder Krankenhäuser geeignet.

Naturdispersionsanstriche

Naturdispersionsanstriche oder -farben sollen die gleichen Vorteile wie Kunstharzdispersionsanstriche bieten, bestehen aber ausschließlich oder zum größten Teil aus natürlichen, nicht-synthetischen Zutaten - wobei der Unterschied zwischen natürlich und künstlich ziemlich fließend sein kann. Typischerweise wird Kunstharz durch Pflanzenöle wie Leinöl oder Rizinusöl, und das Titandioxid durch mineralische Pigmente ersetzt. Naturdispersionsfarben sind in der Regel deutlich teurer als herkömmliche Farben auf Kunstharzbasis. Sie weisen teils eine niedrigere, teils aber auch eine höhere Luftbelastung auf als vergleichbare Kunstharzdispersionen. Da die Hersteller nicht gerne auf Attribute wie Natur oder Öko im Produktnamen verzichten wollen, sind sie meistens nicht mit dem blauen Engel ausgezeichnet.

Besonderheiten von Naturöl-Innenfarben beachten:

  • Nach dem Auftrag entsteht im Raum ein leichter Geruch des Naturöls, der jedoch nach einiger Zeit verschwindet und als angenehm oder unangenehm empfunden werden kann.
  • Naturöl (vor allem Leinöl) vergilbt, d. h. im Laufe der Jahre wird eine weiße Wand gelblicher. Da dies gleichmäßig geschieht, fällt es aber in der Regel nicht auf.
  • Das Entstehen von Staubrändern an Bilderrahmen ist deutlich geringer als bei Kunstharzdispersionen, da keine statische Aufladung entsteht.

Emulsionsfarben

Weil die Begriffe Dispersionsfarbe und Kunstharzdispersionsfarbe mittlerweile nahezu synonym gebraucht werden, ist man dazu übergegangen, andersartige Dispersionsanstriche als Emulsionsfarben zu bezeichnen. Die bekannte Plakafarbe von Pelikan wird vom Hersteller beispielsweise als Casein-Emulsionsfarbe bezeichnet.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.mixol.de/de/techninfo/abtoenprogramm/allgemein/allgemein_index.html
  2. H.-A. Brand; Passen die Pasten; Farbe & Lack 03/2005
  3. Frischzellenkur für die Mischanlage; Farbe & Lack 04/2007
  4. RAL UZ 102
  5. Richtlinie 1999/13/EG
  6. Richtlinie 2004/42/EG

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