Kölner Börse

Kölner Börse

Die Kölner Börse ist nach Augsburg und Nürnberg die drittälteste Börse Deutschlands. Sie wechselte innerhalb der Stadt mehrmals den Standort, bis sie sich 1952 auf die Funktionen einer reinen Warenbörse konzentrierte und seither auf der Kölner Bankenmeile „Unter Sachsenhausen“ residiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Köln war im Mittelalter eine der bedeutendsten Finanz- und Handelsstädte Europas. Es bestand deshalb das Erfordernis, den Handel mit Gütern, Geld und Wechseln zu institutionalisieren. Der Rat der Stadt entschloss sich, den Städten Augsburg und Nürnberg, die sich bereits 1540 für die Errichtung einer Börse entschieden hatten, zu folgen.

Mittelalter

Deshalb wurde im Jahre 1553 den Kölner Kaufleuten vom Stadtrat die Erlaubnis erteilt, sich auf dem Platz vor dem Rathaus zwischen 11 und 13 Uhr zu versammeln. Bei schlechtem Wetter fanden die Versammlungen im Haus des Kaufmanns Hieron Meinau statt. Auf den seit 1553 stattfindenden „Börsen-Zusammenkünften“ dominierte das Wechselgeschäft, nachdem sich ein Teil des Antwerpener Finanzierungsgeschäfts und Zahlungsverkehrs nach Köln verlagert hatte. Das erste eigene Börsengebäude entstand 1580 am zentral gelegenen Heumarkt. Es sollte in den folgenden 150 Jahren zum Treffpunkt der Kaufleute werden. Im Jahre 1596 erteilte die Stadt ein Börsenprivileg, mit dessen Hilfe Börsenbesucher Immunitätsstatus erhielten, wodurch die Börse zum privilegierten Ort erklärt wurde.

Blütezeit

Köln verfügte zwar über eine starke Stellung als Finanz- und Wechselplatz, allerdings bediente sich der Handel kaum der Börse. Und seit dem 18. Jahrhundert übernahmen die Kölner Banken den Wechselhandel von der Börse. Köln gehörte zu den Börsenplätzen, „mit Wechselhandel, der überwiegend regionale Bedeutung hatte und an denen das Geschäft mit Staatspapieren wenig oder gar nicht vertreten war“.[1] Diese konzentrierte sich mehr auf Waren- und Geldhandel. Der Kölner Rat ließ dann von 1727 bis 1730 auf dem Heumarkt ein aufwändiges neues Börsengebäude errichten.

Vor allem seit Beginn des 19. Jahrhunderts entstand eine Dynamisierung der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Handelskammern beteiligten sich nach der napoleonischen Besetzung an der Entwicklung neuer Perspektiven für die linksrheinischen Gebiete. Der Eisenbahnbau führte zu einer Verlagerung der Produktionsschwerpunkte, damit wuchs die Bedeutung der Steinkohle durch einfachere Transportbedingungen. Die neue Form der Aktiengesellschaft ab 1872 erwies sich als geeignete Basis, das zum Bau der Eisenbahn erforderliche Kapital aufzubringen. Als Folge gewann das Börsenwesen an Bedeutung. 1871 förderten die französischen Reparationen Liquidität und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Gelder wurden aber im Gründerboom angelegt und in neue Aktiengesellschaften investiert. Die Disproportionalität zwischen Angebot und effektiver Nachfrage äußerte sich schließlich in Produktionsrückgang, Arbeitslosigkeit, Preisverfall und Unternehmenszusammenbrüchen. Nach Überwindung dieser Wirtschaftskrise entwickelte sich Deutschland zur zweitgrößten Industriemacht der Welt sowie dem drittgrößten Kapitalexporteur.

Die Bemühungen der französischen Besatzung, in den linksrheinischen Ländern den Börsenverkehr wiederzubeleben, führten durch ein Dekret Napoleons am 4. November 1811 zur Gründung einer neuen Börse. Die Handelskammer verzögerte jedoch die Eröffnung, sodass die schließlich am 1. Oktober 1820 eröffnete Börse sich in ihrer Organisation an dem „Reglement für die innere Polizei der Börse“ vom 13. Januar 1813 zu orientieren hatte. Es regelte neben den Börsenzeiten vor allem die Tätigkeit der Makler und Börsenaufsichtsbehörde. Syndici dienten als innere Polizei gegen sogenannte „Pfuschmakler“. 1843 stand ein erneuter Umzug der Kölner Börse an, sie zog in das alte Tempelhaus an der Rheingasse (Overstolzenhaus) um. Vor 1850 waren im Bankenzentrum Köln 12 Banken einschließlich der Wechselhändler registriert. Die 1856 erlassene Kölner Börsenordnung stellte die Kölner Börse unter die Aufsicht der Handelskammer und war der Vorgänger des 1861 erlassenen „Allgemeine Deutsche Handels-Gesetzbuch“, dem heutigen HGB.

Neuzeit

Zwei bedeutende Kölner Bankiers, Gustav Mevissen vom „Abraham Schaaffhausen’schen Bankverein AG“ und Abraham Oppenheim waren an der am 12. November 1852 gegründeten Darmstädter Bank beteiligt. Dieses Institut sollte sich verstärkt der Emission und dem Erwerb von Wertpapieren, dem Gründungsgeschäft und der Finanzierung großer Industrieprojekte, vor allem Eisenbahnen, widmen. Daraufhin setzte bei der Kölner Börse der Aktienhandel zunächst zögernd ein und konzentrierte sich auf lokale Börsenwerte: „Kölner Bergwerks-Verein“, „Kölnischer Maschinen-Bau“, „Kölnische Baumwollspinnerei“, Kölner Versicherungsgesellschaften, „Rheinische Bahn“ oder „Köln-Mindener Eisenbahn“. Die Aktien der „Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft“ (heute: „Köln-Düsseldorfer“) sollen ab etwa 1832 an der Kölner Börse eingeführt worden und damals in „Thaler“ notiert gewesen sein. Sie ist damit die älteste an der Börse notierte und noch existente Gesellschaft Deutschlands.[2] Ab 1873 wurden Wertpapiere in Köln zum amtlichen Handel zugelassen. Erneut musste die Börse 1875 umziehen, und zwar in den Gürzenich. Die Zunahme von Versicherungen in Köln reflektierte sich ab 1898 auch an der Börse, denn Köln etabliert sich als Spezialmarkt für Versicherungswerte. Der Kurszettel von 1898 verzeichnete 51 in- und ausländische Fonds, 25 Bank-, 28 Versicherungsaktien sowie 50 Bergwerks- und Hüttenaktien.[3] Der Börsenvorstand regelte den Geschäftsverkehr aufgrund einer am 24. Juli 1916 erlassenen Börsenordnung. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden am 1. Januar 1918 die Börsengeschäfte wiederaufgenommen, aber die wachsende Inflation hinterließ auch ihre Spuren im Börsengeschäft. Im Jahre 1921 erweiterte die Kölner Effektenbörse aufgrund des gewachsenen Geschäftsvolumens den Börsenvorstand auf insgesamt 11 Mitglieder. Der Kölner Handelsplatz wurde neben der Frankfurter Börse zu einem Tauschort der Reichswährung in Devisen, weil ausländisches Kapital in das Rheinland strömte. Die Liquidität der Kölner Börse wuchs hierdurch erheblich, sodass die Börse aus dem Gürzenich 1922 in einen Neubau umzog. Im Jahre 1923 erfolgte mit der Zulassung der Stadtsparkasse Köln an der Kölner Börse die erste Börsenzulassung einer deutschen Sparkasse. Ab 1926 entwickelte sich Köln zum führenden Börsenplatz bei den montanindustriellen Werten in Deutschland. Aber auch die Kölner Devisenbörse erlangte für die Versorgung der westdeutschen Ex- und Importwirtschaft an Bedeutung.

Letzter Umzug

Nach dem Schaltersturm (ausgelöst durch die „Darmstädter und Nationalbank“) und der folgenden Bankenkrise am 13. Juli 1931 geschlossen, zog die Kölner Börse letztmals am 20. August 1931 in das von der Industrie- und Handelskammer errichtete neue Verwaltungsgebäude auf der Kölner Bankenmeile „Unter Sachsenhausen 4“ um. Der Wertpapierhandel wurde 1934 zusammen mit der Essener Börse auf die „Rheinisch-Westfälische Börse“ in Düsseldorf übertragen. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg beschloss der Börsenvorstand die Wiederaufnahme des Börsenhandels für Waren. Dafür wurde das neue Gebäude der Industrie- und Handelskammer 1952 U-förmig um den mit einem Glasdach versehenen Börsensaal herumgebaut, damit der Produktenhandel bei Tageslicht stattfinden konnte. Jeden Freitag trafen sich bis zu 700 Börsenbesucher im Saal und telefonierten nach den Preisnotierungen mit ihren Kunden. Die moderne Kommunikationstechnik hat den Parketthandel immer weiter verdrängt, sodass keine wöchentlichen Treffen mehr stattfinden. Die Kölner Börse konzentriert sich seither auf die Handelsgegenstände, mit denen sie im Mittelalter begonnen hatte: Neben Getreide und Futtermitteln werden die Preise für Eier, Kartoffeln, Heu und Stroh sowie Torf festgestellt. Seit dem 2. Februar 2007 ist die Kölner Börse nicht mehr Teil der Industrie- und Handelskammer, sondern firmiert unter dem Namen „Rheinische Warenbörse e. V.“ als eingetragener Verein.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. K. H. Kaufhold: Der Übergang zu Fonds- und Wechselbörsen vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert. In: H. Pohl (Hrsg.): Deutsche Börsengeschichte. Frankfurt 1992, S. 90 ff.
  2. FMM Magazin
  3. Börse Düsseldorf, Geschichte Börse Köln

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