- Königliche Akademie für Malerei und Skulptur
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Die Académie royale de peinture et de sculpture (oder deutsch: Königliche Akademie für Malerei und Skulptur) war eine im Jahr 1648 während der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. unter der Königinmutter und Regentin Anna von Österreich gegründete Gelehrtengesellschaft, die nach Ausbruch der französischen Revolution vom Nationalkonvent im Jahr 1793 geschlossen wurde. Ihre Nachfolgeinstitution ist, nach mehrfacher Umbenennung und Umstrukturierung, die heutige Académie des Beaux-Arts.
Die Gründung der „Académie royale“ markierte das Ende der Kunstproduktion als einer handwerklichen Betätigung und institutionalisierte sie als eine so genannte freie Kunst, eine Tätigkeit vorrangig geistiger Natur.
Die Akademie wirkte auf das französische Kunstschaffen vor allem durch
- die ihr angegliederte Kunstschule, die École Royale de Peinture et de Sculpture (dt.: Königliche Schule für Malerei und Bildhauerei), in der Kunsttheorie und Zeichnen gelehrt wurden,
- die 1666 gegründete Académie de France à Rome, in der ausgezeichnete Schüler dank eines Stipendiums – des Prix de Rome (dt.: Rompreis) – die vorbildhafte antike und italienische Kunst der Renaissance studieren konnten,
- die conférences, also öffentliche Debatten über Kunsttheorie und –praxis, wie sie von ausgewählten Kunstwerken früherer Meister repräsentiert wurde, und
- die regelmäßigen Ausstellungen der aktuellen Produktion der Mitglieder, den Salons.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vor der Gründung der Akademie hatte die Pariser Malergilde, die Communauté des maîtres peintres et sculpteurs de Paris (dt.: Gemeinschaft der Maler- und Bildhauermeister von Paris) – kurz die Maîtrise – das Monopol über die Kunstproduktion. Ihr zugeordnet waren sowohl die Maler wie die Bildhauer. Innerhalb der Gilde herrschten weitgehend mittelalterliche Strukturen und Gesetze, die noch 1622 nicht nur bestätigt, sondern sogar erweitert wurden: nur ein zugehöriger Meister durfte in Paris Kunstaufträge annehmen und Kunstwerke anbieten, er durfte nur eine vorgeschriebene Anzahl von Werkstattmitarbeitern beschäftigen und eine begrenzte Anzahl von Lehrlingen ausbilden. Die Ausbildung erfolgte nach überkommenen Regeln, umfasste im Grunde nur manuelle Fertigkeiten und technische Kenntnisse und zielte alles in allem auf die Ausbildung eines Kopisten des ausbildenden Meisters.
Der Maîtrise gehörten neben einer kleinen Zahl „Künstler“ im neuzeitlichen Sinne vor allem Malerhandwerker, Mitarbeiter von Kunsthandwerksbetrieben und auch Kunsthändler an. Gerade diese Vermengung mit Anstreichern und Händlern empfanden die neuzeitlichen Künstler als ihrer unwürdig und hinderlich, um von den gebildeten Schichten wie etwa den Gelehrten und Schriftstellern als ebenbürtig anerkannt zu werden.
Die einzige Möglichkeit, den Gildenzwang und die damit verbundene Besteuerung zu umgehen, war die Beschäftigung als Hofmaler. Als Hofmaler, ein so genannter Brevetaire, gehörte man dem königlichen Haushalt an und unterstand somit nicht der Jurisdiktion der Gilde. Den Hofmalern war gestattet, auch Aufträge außerhalb des Hofes, gegebenenfalls sogar außerhalb von Paris anzunehmen, was einen enormen Wettbewerbsvorteil darstellte. Diese Gruppe war zwar nicht an institutioneller Verbesserung der Künstlerstellung interessiert, weil dies ihre privilegierte Stellung entwerten könnte, trug aber indirekt dazu bei.
Gründung der Académie Royale
1647 setzte die Maîtrise die Begrenzung der Anzahl der Hofmaler durch und zusätzlich ihre Unterstellung unter die Gildengesetze: ab sofort durften sie außerhalb des Hofes nur mit Erlaubnis der Gilde tätig sein oder hohe Bußgelder und Ächtung auf sich nehmen. Dies brachte die Hofmaler auf die Seite einiger junger Künstler, die - inspiriert vom Ideal eines neuzeitlichen Künstlers, wie er von den großen italienischen Meistern verkörpert wurde -, aus dem Gildenzwang auszubrechen suchten.
Einer der Hofmaler war der gerade 28-jährige Charles Le Brun. 1646 aus Rom zurückgekehrt, genoss er bereits hohes Ansehen und wurde sofort zum peintre du Roi (dt.: königlicher Hofmaler). Er wurde von Kanzler Pierre Séguier protegiert, mit dessen Familie er mütterlicherseits verbunden war. In Rom kam Le Brun nicht nur mit der antiken und italienischen Kunst in Berührung, sondern auch mit prominenten Sammlern, Auftraggebern und so geschätzten Meistern wie Nicolas Poussin. In Paris verschaffte ihm Séguier Zugang zu gebildeten Kreisen um den Kardinal de Bérulle und Madame Scudéry. Der Staatsrat Martin de Charmois, der in Rom die Accademia di San Luca kennen- und schätzengelernt hatte, wurde zum Sprecher der Gruppe vor Kardinal Mazarin und[Anna von Österreich, die in Vertretung des noch minderjährigen Ludwig XIV. regierten.
So fand am 1. Februar 1648 unter dem Vorsitz ihres ersten Direktors Martin de Charmois die konstituierende Sitzung der Académie Royale de Peinture et de Sculpture statt. Zunächst wurden zwölf Professoren in das Gremium gewählt, von den neun Maler und drei Bildhauer waren. Am gleichen Tag begann Le Burn mit dem Unterricht. Bald wurden weitere vierzehn Mitglieder in die Akademie aufgenommen.
Die Akademie tagte ursprünglich in der rue Taînée (heute rue Rambuteau) im Hallenviertel, dann im sogenannten Hôtel de Clisson in der nahegelegenen rue des Deux-Boules, zog im Jahr 1661 in das Palais Brion beim Palais Royal und bekam schließlich 1692 die ehemaligen Gemächer Annas von Österreich im Louvre zur Verfügung gestellt, wo sie bis zu ihrer Schließung ansässig blieb.
Weitere Entwicklung
In den ersten Jahren lief das Projekt allerdings nicht reibungslos: die Finanzierung war unsicher und die Förderer wurden durch die Fronde ins Exil gezwungen, so dass schon 1651 die Akademie wieder der Maîtrise eingegliedert wurde. Nach der Niederschlagung der Fronde (1653) gelingt 1655 wieder die Loslösung: die Gründungsregularien von 1648 werden bestätigt, die Akademie in den gleichen Rang wie die Académie Française erhoben und eine jährliche Subvention von 1000 Livres sowie Räumlichkeiten im Louvre bewilligt. Am wichtigsten war jedoch die Sicherung des Monopols auf Zeichenunterricht vor Modellen, womit der von der Maîtrise gegründeten Académie de Saint-Luc der Garaus gemacht wurde. Le Brun wurde als Akademieleiter eingesetzt.
In 1664 reformierte Jean-Baptiste Colbert, Finanzminister und Surintendant des Bâtiments (dt.: Leiter der staatlichen Bauaufsichtsbehörde, d.h. eine Art Minister für Bauwesen) die Satzung der Akademie, insbesondere erhöhte er die staatliche Subvention auf 4000 Livres jährlich und nötigte Künstler, die noch zwischen der Akademie und der Maîtrise schwanken, der Akademie beizutreten. Für Colbert war die Institutionalisierung der Kunstproduktion ein Staatsanliegen im Rahmen seiner Konzeption absolutistischer Herrschaft: die Kunst sollte einen gôut français (dt.: französischen Geschmack) und dadurch nationale Identität generieren, gleichzeitig sollte sie den Ruhm, den Glanz, die Macht, kurz: die führende Rolle französischen Königtums den Franzosen und allen anderen Europäern vor Augen führen. Unter anderem aus dieser Zielsetzung heraus erklärt sich die Doktrin der Akademie: der gôut français, der grand stil (dt.: repräsentativer Stil), ist ein Klassizismus.
Als eine Institution der Monarchie war die Akademie von den Ereignissen der Revolution betroffen: unter der Führung Jacques-Louis Davids wurde schon 1789 der Nationalversammlung eine Petition vorgelegt, die mehr Demokratie in der Struktur der Akademie forderte – es sollten alle Mitglieder und nicht nur die Funktionäre an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Die Nationalversammlung betraute David mit der Reformierung der Akademie, die Anfang 1791 abgeschlossen war. Dennoch wurde die Akademie zwei Jahre später (1793) aufgelöst. Die Académie de France in Rom war nicht betroffen, nur der Direktorenposten wurde abgeschafft und die Einrichtung direkter Leitung durch die Regierung unterstellt.
Bereits 1795 griff die Revolutionsregierung die Idee einer Kunstakademie wieder auf und richtete innerhalb des Institut National eine Abteilung für Literatur und Kunst ein. 1803 trennte man Kunst und Literatur durch die Einrichtung einer gesonderte Abteilung der Schönen Künste, der 28 Mitglieder angehörten: 10 Maler, 6 Bildhauer, 6 Architekten, 3 Musiker und 3 Stecher. Während der Restauration (1814-15) wurde die Anzahl der Mitglieder auf 40 erhöht, wobei die Maler traditionell die Mehrheit stellten. Auch wurde die alte Bezeichnung „Akademie“ wieder eingeführt. Die Académie des Beaux-Arts (dt.: Akademie der Schönen Künste) übernahm die meisten Funktionen der einstigen Académie Royale: Ausschreibung von Wettbewerben, darunter des um den Rompreis, Leitung der Académie de France in Rom, Würdigung künstlerischer Leistungen in öffentlichen Sitzungen, Auswahl der Künstler für die Salons und Zusammenstellung eines Kunstlexikons.
Seit den Reformen der Restaurationszeit gab es nur wenig Veränderung in den Statuten der Akademie. 1985 wurden die 50 Mitglieder in sieben Sektionen geteilt, darunter eine für Kinematografie mit vier Mitgliedern. Bis heute sind Frauen nicht als vollwertige Mitglieder zugelassen. Allerdings hat sie inzwischen auch keinen Einfluss mehr auf die aktuelle französische Kunstproduktion.
Organisation
Verwaltungsstruktur
Die Organisation der Akademie lehnte sich an die Struktur der Malergilde an: dieser gehörten Lehrlinge, Gesellen und Meister an, jener Schüler, vorläufige Mitglieder (frz.: agrées) und Vollmitglieder (frz.: academiciens).
Der Akademie stand ein Protektor aus den höfischen Kreisen vor, der meist auch Surintendant des Bâtiments (dt.: Oberintendant des Bauwesens) war, also zugleich der Architekturakademie vorstand und die Verbindung zu Regierung darstellte. Geleitet wurde sie vom Direktor, der zugleich Premier peintre du Roi (dt.: Erster Hofmaler, persönlicher Maler des Königs) war. Ihm unterstanden vier Rektoren, die organisatorisch tätig waren, und zwölf Professoren, den der Lehrbetrieb oblag. Außerdem gehörten der Akademie weitere Mitglieder an, die keine Funktionen inne hatten.
Mitgliedschaft
Um als Schüler angenommen zu werden, musste der Bewerber die Empfehlung eines Akademielehrers (frz.: billet de protection) vorweisen, die dessen Begabung bestätigte. Die Schülerschaft war untergliedert in zwei untere Stufen von Medailleuren (frz.: medaillistes) und Kopisten oder Elementarschüler (frz.: simples elèves) und im fortgeschrittenen Studium in die Schar der Maler nach Naturmodellen (frz.: académiciens) und der sechs preisgekrönten Meisterschüler (frz.: elèves protégés).
Um Mitglied der Akademie zu werden, musste der Kandidat die Unterstützung zweier Vollmitglieder finden und lieferte zunächst ein Bewerbungsstück (frz.: morceau d’agrément) ab. Falls die geheime Abstimmung darüber positiv ausfiel, wurde er als vorläufiges Mitglied (frz.: agréé) aufgenommen. Viele Künstler beließen es dabei, weil sie bereits als vorläufiges Mitglied dem Gildenzwang entronnen waren und die Aufnahmegebühr von 100 Livres, die seit 1660 für eine Vollmitgliedschaft zu entrichten war, nicht aufbringen konnten. Das Verfahren sah weiter vor, dass der agréé innerhalb von drei Jahren ein Aufnahmestück (frz.: morceau de réception) abzuliefern hatte, dessen Thema der Akademiedirektor oder –kanzler stellte. Wenn dieses Stück positiv aufgenommen wurde, galt das vorläufige Mitglied als Vollmitglied in die Akademie aufgenommen (frz.: reçu). Um Betrug auszuschließen wurden Anwärter schon bald angewiesen, Skizzen unter der Aufsicht eines Akademiemitglieds anzufertigen und später sogar die Aufnahmestücke selbst unter Aufsicht anzufertigen. Angenommene Aufnahmestücke gingen in den Besitz der Akademie über, die Sammlung wurde allerdings während der Revolution aufgelöst und zerstreut. Für die Aufnahme in die Nachfolgeinstitution – die Académie des Beaux-Arts - war die Anfertigung eines Aufnahmestückes nicht mehr erforderlich.
Obwohl die Akademie Royale sich als im Grunde als Vereinigung der Historienmaler verstand, wurden auch Maler weniger angesehener Gattungen ebenfalls aufgenommen: schon 1648 wurden die Brüder Le Nain aufgenommen, die sich auf Genreszenen spezialisiert hatten, in 1717 wurde sogar eine gesonderte Kategorie eingerichtet, um Antoine Watteau als Maler der so genannten „fêtes galantes“ (dt.: galanten Feste) aufzunehmen. Anderseits wurden Künstler, die sich als Historienmaler bewarben abgelehnt oder hinabgestuft – so 1769 mit Jean-Baptiste Greuze geschehen.
Allerdings war es in den Statuten geregelt, dass nur ein Künstler, der als Historienmaler oder –bildhauer aufgenommen wurde, die Funktion eines Professors ausüben durfte. Damit war nicht nur die Ausrichtung der Lehre auf Historie als Gipfel künstlerischer Leistung gesichert, sondern auch die Kontinuität dieser Ausrichtung, da die Funktionäre der Entscheidungsgremien sich aus dem Lehrkörper rekrutierten.
Kunstdoktrin
Conférences
Im 17. Jahrhundert sicherten Mitgliederdebatten (frz.: conférences) und der Lehrbetrieb die Orthodoxie der akademischen Doktrin. Die conférences waren monatlich abgehaltene öffentliche Diskussionen über Kunstfragen, die meist am Beispiel konkreter Kunstwerke ausgetragen wurden. Auch Amateure, also Nicht-Mitglieder durften daran teilnehmen –prominente Amateure waren die Kunsttheoretiker André Félibien, der die Sitzungsberichte veröffentlichte, und Roger De Piles, der sich für die Anerkennung des Laienurteils einsetzte und so die moderne Kunstkritik ermöglichte. Colbert und Le Brun sahen in den conférences ein Werkzeug, die „richtige“ Malerei, den gôut français zu propagieren. Die Sitzungsberichte sind heute die wichtigste Quelle zur französischen Kunsttheorie des 17. Jahrhundert.
Die akademische Doktrin des 17. Jh. zielte darauf ab, die Kunst - insbesondere die Malerei – in den Rang der als geistige Tätigkeit hochgeschätzten Schriftstellerei zu setzen und jene so vom bloß manuellen Handwerk abzugrenzen, als das die Malerei traditionell angesehen wurde. In dieser Zeit wurde auch die klassische Gattungshierarchie errichtet: die Historienmalerei als höchste Gattung gepriesen, weil sie sich inhaltlich – wie die Tragödie der antiken Poetiken – mit noblen Handlungen des Menschen beschäftigte und formal alle übrigen Sujets – Porträt, Genre, Landschaft und Stillleben – beinhalte. Die Ausübung der Historienmalerei erfordere hohe Bildung auf vielerlei Gebieten und universelle Meisterschaft in handwerklichen Aspekten der Malerei. An zweiter Stelle folge das Porträt, weil es den Menschen, das vollkommenste Werk Gottes, zum Gegenstand habe, sodann die Landschaft als Darstellung von lebendigen Gegenständen und schließlich das Stillleben. Interessanterweise klammerte Felibien, der hier paraphrasiert wird, das Genrebild aus.
In den conférences wurde die Bienseance (dt.: Angemessenheit) der Komposition definiert, Fragen der angemessenen Darstellung von Emotionen diskutiert, richtiger, das heißt idealer Proportionen, korrekter Verwendung von Farbe, Licht usw. Henri Testelin, der Sekretär der Akademie fasste 1680 die Lehre in Tabellen zusammen, die ebenfalls veröffentlicht wurden. Sie beinhalteten le trait (dt.: Behandlung, d.i. die Aufbereitung des Themas), l’expression (dt.: Ausdruck, d.i. die Ausschöpfung des emotionalen oder inhaltlichen Potentials), les proportions (dt.: Proportionen, d.i. die - nicht nur anatomische - Korrektheit bzw. Schönheit der Zeichnung), le clair et l’obscur (dt.: Hell-Dunkel, d.i. die Verwendung von Licht und Schatten), l’ordonnance (dt.: Ordnung, d.i. die Schönheit oder Vollkommenheit der Komposition) und la couleur (dt.: Farbe, d.i. die korrekte Farbgebung, das Verständnis für Lokalfarben).
In ein so enges Korsett genötigt, rebellierten die Künstler immer wieder, so dass es wiederholt große Auseinandersetzungen gab. So führte etwa die Frage, ob der Farbe oder der Linie der Vorrang in der Malerei gehöre, zum Streit zwischen Rubenisten und Poussinisten. Grundsätzliche geschichtsphilosophische und kulturtheoretische Fragen berührte die Auseinandersetzung darüber, ob die klassische Antike als vollkommenes Vorbild für die neue Kunst in jeder Hinsicht verbindlich sei oder die Moderne durch Neuerungen einen Kunstfortschritt erzielen könne (Querelle des Anciens et des Modernes).
Lehrbetrieb
Zentrale Aufgabe einer Akademie als solchen ist die Lehre. Im absolutistischen System Colberts und für die ästhetische Konzeption Le Bruns war die der Akademie angegliederte École Royale de Peinture et de Sculpture (Königliche Schule für Malerei und Bildhauerei) das wichtigste Instrument, um ihre Ziele zu verwirklichen. Sie gab die in den Akademiesitzungen definierte Doktrin an die folgenden Generationen weiter. Lehrziel war die Heranziehung von hervorragenden Künstlern, die diese Doktrin in ihrem Schaffen umsetzen, die den gôut français vertreten, dadurch nationale Identität generieren und die führende Rolle französischen Königtums vor Augen führen. Colbert hatte als Finanzminister sicherlich auch merkantilistische Aspekte im Auge: eine angesehene Kunstproduktion bringt ausländisches Kapital ins Land.
Diese Ziele wurden in einem klar definierten Curriculum nach einem monatlichen Stundenplan von den Professoren vermittelt. Da von den Schülern erwartet wurde, dass sie gleichzeitig eine Malerlehre bei einem Meister absolvieren, wurde im praktischen Unterricht nur Zeichnen gelehrt.
Zunächst übten sich die Schüler durch Kopieren von Meisterarbeiten, dann im Gipszeichnen (frz.: étude de la bosse), wobei Abgüsse, Statuen und Reliefs als Modell dienten, dann im Zeichnen nach einem Naturakt (frz.: l'académie) - zuerst mit Kohle, Kreide oder Rötel, dann mit dem Pinsel -, der bis Ende des 18. Jh.s durchwegs auf männliche Modelle beschränkt blieb, und zuletzt im freien Kompositionszeichnen. Die Fortschritte in der Ausbildung und das Fortkommen im Curriculum wurden in periodischen Wettbewerben festgestellt, die die Akademie ausschreiben und bewerten durfte. Wettbewerbsdisziplinen waren beispielsweise Zeichnung eines historischen Sujets, Ausdruckskopf oder Aktstudie. Der renommierteste Preis – der so genannte Grand Prix de Rome - berechtigte den Gewinner zu einem längeren Studienaufenthalt an der Académie de France in Rom.
Theoretische Pflichtfächer der Akademie waren schon im 17. Jahrhundert Anatomie, Geometrie und Perspektive; im 18. Jh. kamen Geschichte, Mythologie und Geographie hinzu.
Prix de Rome
Der Gewinner des Rompreises (frz.: Prix de Rome) durfte drei Jahre lang Werke der Antike und Renaissance im Original studieren und wurde gleichzeitig nach einem dem Pariser ähnlichen Plan in Mathematik, Geometrie, Perspektive, Architektur, Anatomie und Aktzeichnung weiter unterrichtet. Allerdings war es ihm nur gestattet, anerkannte Kunstwerke zu studieren und nicht erlaubt, unabhängig Arbeiten anzubieten oder am römischen Kunstleben teilzunehmen. Stattdessen war er verpflichtet, Kopien und Eigenschöpfungen anzufertigen, die zunächst zur Ausstattung von Schloss Versailles und später von Provinzresidenzen bestimmt waren oder der École Royale in Paris als Studienvorlagen dienten.
Salons
Ein weiteres Instrument, die von der Académie Royale vertretene Doktrin zu verbreiten, waren ihre periodischen Ausstellungen. Neben den Aufnahmestücken wurde von den Mitgliedern ab 1663 auch Ausstellungswerke gefordert. Die erste Ausstellung der Akademie wurde 1664 abgehalten, die zweite im folgenden Jahr, dann wurde der Rhythmus auf zwei Jahre gedehnt. Zu dieser Zeit galt die Möglichkeit zur Ausstellung der eigenen Werke bereits als Privileg und nicht Pflicht eines Mitglieds. Von 1699 an – nach einer 25-jährigen Unterbrechung – wurde die Ausstellung in der Grande Galerie des Louvre präsentiert. 1737 wurde sie im Salon Carré des Louvre gezeigt und wird seither als „Salon“ bezeichnet. Bis 1791 war der Salon den Akademiemitgliedern vorbehalten, danach wurden auch Nicht-Mitglieder zur Ausstellung zugelassen.
Über die Zulassung entschied eine Jury, die zunächst von der Regierung festgesetzt wurde, ab 1830 waren es alle Mitglieder der Akademie, später wieder nur ein Gremium. Während der 1848er-Revolution wurde die Jury vorübergehend abgeschafft, setzte sich aber bald wieder durch. Da es seither Streit über die Auswahlkriterien gab, entstanden im Laufe des 19. Jahrhunderts „Gegensalons“: etwa 1863/64 der „Salon des Refusés“ (dt.: Salon der Zurückgewiesenen). Nach 1900 verlor der Salon wie auch die Akademie an Bedeutung.
Literatur
- Dictionary of Art, Hrsg. Jane Turner, 34 Vols., London 1996; Stichworte „Paris“ (§ VI), „Prix de Rome“, „Morceau de Reception“, „Ancients and Moderns, Quarrel of the“, „Maison du Roi“ (§II), „Le Brun, Charles“ (§ 1, iii, b)
- Blunt, A.: Art and Architecture in France, 1500–1700, Pelican History of Art, Harmondsworth 1953, rev. 1982
- Boos, M.: Französische Kunstliteratur zur Malerei und Bildhauerei 1648 und 1669. Das Gesuch des Martin der Charmois (1648) und Félibiens Vorwort zu seiner Conférences-Ausgabe (1669), Diss. München 1966
- Dresdner, A.: Die Entstehung der Kunstkritik im Zusammenhang der Geschichte des europäischen Kunstlebens, München 1915
- Duro, P.: The Academy and the Limits of Painting in Seventeenth-Century France, Cambridge 1997
- Fontaine, A.: Les Doctrines de l'art en France de Poussin à Diderot, Paris 1909
- Held, J.: Französische Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts und der absolutistische Staat, Berlin 2001
- Pevsner, N.: Academies of Art Past and Present, Cambridge 1940 (dt.: Die Geschichte der Kunstakademien, München 1986)
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