Königreich Essex

Königreich Essex
Essex in frühangelsächsischer Zeit
Die angelsächsischen Königreiche zu Beginn des 9. Jahrhunderts

Das Königreich Essex oder Königreich der Ostsachsen (altengl. Ēast Seaxna rīce)) war eines der sieben traditionellen Königreiche aus der Zeit der angelsächsischen Heptarchie in England.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Kernland des Königreiches bildete die heutige Grafschaft Essex, nordöstlich von London in England. Im 7. Jahrhundert umfaßte es auch Middlesex und Teile von Hertfordshire. Im Tribal Hidage wurde seine Größe mit 7.000 Hides angegeben. Es gehört damit zu den mittelgroßen Reichen seiner Zeit.[1]

Geschichte

Die Region wurde bereits im 5. Jahrhundert von Sachsen besiedelt. Zunächst stellte kleine Untergruppen, wie die Rodingas (am Fluß Roding) oder die Brahhingas (bei Braughing), eigenständige politische Strukturen dar.[2] Die Ursprünge des Königtums in Essex wurden nicht sicher überliefert. Als erster König soll Æscwine von 527 bis 587 über Essex geherrscht haben.

König Sæberht (604–616/617), der unter der Oberherrschaft seines Onkels Æthelberht von Kent stand, wurde von diesem zum Christentum bekehrt und gründete in der Hauptstadt Lundenwic (London) das Bistum der East Seaxe (Ostsachsen), mit der St Paul’s Cathedral als Zentrum. Seine Söhne und Nachfolger Sexred, Sæward und ein dritter namentlich nicht bekannter Bruder, die gemeinsam regierten (616/617–617), vertrieben den Londoner Bischof Mellitus und konnten die Vorherrschaft Kents abschütteln. Durch seine Expansionsbestrebungen gegen Surrey geriet Essex in Konflikt mit Wessex in dessen Verlauf die ostsächsischen Könige 617 in einer Schlacht gegen die Westsachsen fielen. Unter dem von Oswiu von Northumbria bekehrten König Sigeberht II. der Heilige (?–653) missionierte Cedd in Essex.[1]

Nachdem König Sigeberht II., dem eine zu christenfreundliche Politik vorgeworfen wurde, von Verwandten ermordet worden war, bestieg sein Bruder[3] Swithhelm (653–664) den Thron von Essex.[4] Möglicherweise war sein Bruder Swithfrith zeitweise Mitregent.[5] Swithhelm trat allerdings auf Initiative des Königs Æthelwald von East Anglia um 661[6] in Rendelsham, dem Königssitz East Anglias, selbst zum Christentum über und wurde von Bischof Cedd getauft.[4] Eine Oberherrschaft East Anglias über Essex ist für die Zeit Swithhelms nicht auszuschließen.[7] Als während einer Seuche in den Jahren 663/664 zahlreiche Ostsachsen ins Heidentum zurückfielen, war dies der Vorwand für König Wulfhere von Mercia (659–675) die Oberherrschaft über Essex anzustreben. Tatsächlich ging es um die Kontrolle um das blühende Handelszentrum London. Gegen Ende der 680er Jahre erlangte Sebbi (664–694) die Herrschaft über Teile von Kent und setzte dort seinen Sohn Swæfheard (687/688–692/694) als König ein. Der alte Streit zwischen Essex und Wessex wurde erst 704/705 in Brentford beigelegt. Im frühen 8. Jahrhundert verlor Essex London und Middlesex an Æthelbald von Mercia (716–757). 825 wurde Mercia bei Ellandun von Egbert von Wessex geschlagen. Essex wurde zunächst als Unterkönigreich dem Königreich Wessex angegliedert.[1]

Im Jahr 858 wurde Essex vollständig von Wessex absorbiert.[8] Dann geriet Essex unter dänische Kontrolle und wurde um 880 im Vertrag von Wedmore zwischen Alfred der Große (871–899) und Guthrum an das Danelag abgetreten. Nach Guthrums Tod begann Alfred mit der Rückeroberung des Danelag und ließen Essex bereits durch einen Ealdorman verwalten. Eduard der Ältere schloss die Eroberung des Danelag 917 ab.[9] Heute ist Essex eine Grafschaft Englands.

Könige von Essex

Während die anderen angelsächsischen Völker ihre Herkunft vom Gott Wodan herleiteten, führten die Herrscher von Essex ihre Herkunft auf den Gott Saxnot zurück. Auffallend ist die beinahe durchgängige Alliteration der Herrschernamen auf den Buchstaben „S“. Der Dynastiegründer war offenbar Sledda, von dem alle folgenden Könige ihre Herkunft ableiteten. Die gemeinsame Herrschaft von Brüdern, von Vater und Sohn oder Vettern war in Essex durchaus üblich.[1]

Genealogie des Königshauses

Die Abstammung der Könige wurde im Manuskript MS 23,211[10] aus dem späten 9. Jahrhundert überliefert. Die Stellung der Könige Swæfberht und Sigeric II. im Stammbaum ist unbekannt.[11] Könige sind durch Fettschrift hervorgehoben.

Seaxneat
Gesecg
Antsecg
Swæppa
Sigefugl
Bedca
Offa
Æscwine
Sledda ∞ Ricola
Seaxa
Sigeferth
Seleferth
Sigebald
Sigeberht II.
Saelred
Sigeric I.
Sigered
Sæberht ∞ Æthelgoda[12]
Seaxred
Sebbi
Swaefred[9]
Sigeheard
Sigemund
Swithred
Saeward
Sigeberht I.
Sighere
Offa
Seaxbald (unsicher aber wahrscheinlich)[11]
Swithhelm
Swithfrith (wahrscheinlich)[9]

Literatur

  • Michael Lapidge, John Blair, Simon Keynes, Donald Scragg (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. Wiley-Blackwell, Oxford u.a. 2001, ISBN 978-0-631-22492-1.
  • Barbara Yorke: Kings and Kingdoms of early Anglo-Saxon England, Routledge, London-New York 2002, ISBN 978-0-415-16639-3.
  • John Cannon, Anne Hargreaves: Kings and queens of Britain, Oxford University Press, Oxford 2009 (2. überarb. Aufl.), ISBN 978-0-19-955922-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d B. A. E. Yorke: The Kingdom of Essex, In: Lapidge et al (Hrsg.): The Blackwell Enzyclopaedia of Anglo-Saxon England, S. 174–175.
  2. John Cannon, Anne Hargreaves: Kings and queens of Britain, Oxford University Press, 2009 (2. überarb. Aufl.), ISBN 978-0-19-955922-0, S. 26.
  3. Wilhelm von Malmesbury: Chronicle of the Kings of England, 12. Jahrhundert; Übersetzung von Rev. John Sharpe, 1815. J.A. Giles (Hg.). London: George Bell and Sons, 1904, Buch 1, Kap. 4.
  4. a b Beda: HE 3,22
  5. Swithelm in Foundation for Medieval Genealogy
  6. Richard Hoggett: The Archaeology of the East Anglian Conversion (Anglo-Saxon Studies), Boydell & Brewer, 2010, ISBN 978-1843835950, S. 26.
  7. Barbara Yorke: Kings and Kingdoms of early Anglo-Saxon England, Routledge, 2002, ISBN 978-0-415-16639-3, S. 65.
  8. Barbara Yorke: Kings and Kingdoms of early Anglo-Saxon England, Routledge, 2002, ISBN 978-0-415-16639-3, S. 32.
  9. a b c Simon Keynes: Kings of the East Saxons, In: Lapidge et al (Hrsg.): The Blackwell Enzyclopaedia of Anglo-Saxon England, S. 510–511.
  10. Keith Fitzpatrick-Matthews: Genealogies from BL Additional MS 23,211
  11. a b vgl.: R. H. Hodgkin: A History of the Anglo-Saxons, 2 Bände, Clarendon, Oxford 1935, S. 76
  12. Æthelgoda wurde nur in einer späteren Legendeüberliefert. Siehe: Emma Mason: Westminster Abbey and its People c.1050-c.1216, Boydell & Brewer, 1996, ISBN 978-0851153964, S. 2.

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