Lacerta agilis

Lacerta agilis
Zauneidechse
Zauneidechse (Lacerta agilis), Männchen

Zauneidechse (Lacerta agilis), Männchen

Systematik
Unterordnung: Echsen (Lacertilia)
Teilordnung: Skinkartige (Scincomorpha)
Familie: Echte Eidechsen (Lacertidae)
Unterfamilie: Echte Eidechsen (Lacertinae)
Gattung: Lacerta
Art: Zauneidechse
Wissenschaftlicher Name
Lacerta agilis
Linnaeus, 1758

Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist ein vor allem in Mittel- und Osteuropa sowie Vorderasien verbreitetes Reptil aus der Familie der Echten Eidechsen (Lacertidae).

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Weibchen
Kopf eines Männchens im Profil
Jungtier

Im deutschsprachigen Raum erreichen Zauneidechsen ausnahmsweise Gesamtlängen von etwa 24 cm. Besonders große Tiere weisen hier Kopf-Rumpf-Längen von etwa 9,5 cm und Schwanzlängen von etwa 14 cm auf. Die größte bekannte Kopf-Rumpf-Länge von 11,5 cm stammt von einer Zauneidechse aus dem Kaukasus. Generell haben die Weibchen längere Rümpfe, die Männchen dagegen längere Köpfe und geringfügig längere Schwänze.

Im Vergleich zur Waldeidechse und zur Mauereidechse wirkt das Tier plumper und viel kräftiger. Die Schnauzenseiten sind steil und hoch und enden nach vorne abgestumpft. Der Oberkopf ist abgeplattet und durch eine von den Augen bis zu den Nasenlöchern reichende Kante von den Seiten abgegrenzt. Der Hinterkopf ist etwas breiter als der Hals und daher von diesem abgesetzt. Der Schwanz ist an seiner Wurzel wesentlich höher als breit und verjüngt sich allmählich; die Spitze ist nicht sehr lang ausgezogen. (Ein nachgewachsener, regenerierter Schwanz ist meist deutlich kürzer und weniger gezeichnet.)

Die Färbung und Zeichnung ist je nach Individuum, Geschlecht, Altersstadium und Jahreszeit (Männchen!) sehr variabel. Oft verläuft auf der Rücken- und Schwanzmitte ein „leiterartiges“ Zeichnungsmuster aus hellen Seitenlinien (Parietalbänder) und dunkelbraunen „Quersprossen“ (Dorsalflecken) mit braunen Zwischenräumen. Mittig sowie seitlich über die Dorsalflecken verlaufen zudem meist weißliche, unterbrochene Längsstriche (Occipitallinie sowie Parietallinien). Auch die Grundfarbe von Oberkopf, Schwanz und Gliedmaßen ist bräunlich und die Flecken der Flanken sind ebenfalls weißkernig. Die Männchen zeigen zur Paarungszeit (bis Juni/Juli) grün gefärbte Kopf-, Rumpf- und Bauchseiten; besonders in Südwestdeutschland kommen auch Tiere vor, die nahezu insgesamt grün erscheinen. Eine weitere Besonderheit sind rotrückige Exemplare. Die Unterseite ist bei den Weibchen gelblich und fleckenlos, bei den Männchen grün mit schwarzen Flecken. Die Jungtiere besitzen eine bräunliche Färbung, oft mit auffälligen Augenflecken auf Rücken und Seiten.

Lebensweise

Nach der Winterstarre in Erdlöchern und frostfreien Spalten – in Mitteleuropa dauert diese Phase meist von Oktober bis März/Anfang April – erscheinen zunächst die Jungtiere, dann die Männchen und erst einige Wochen später die Weibchen an der Oberfläche. Bei schönem Wetter wird am Morgen zunächst ein Sonnenbad genommen, um den wechselwarmen (poikilothermen) Organismus auf „Betriebstemperatur“ zu bringen. Anschließend gehen die Tiere auf Nahrungssuche. Zum Beutespektrum zählen vor allem Insekten, beispielsweise Heuschrecken, Zikaden, Käfer und deren Larven, Wanzen, Ameisen sowie Spinnen und Regenwürmer. Sie trinken von Tau- und Regentropfen. Bei großer Mittagshitze sowie nachts verkriechen sich Zauneidechsen in ihren Unterschlüpfen.

Zu ihren natürlichen Feinden gehören viele Vögel und Säugetiere, aber auch andere Reptilien. Sie werden von Greifvögeln, Rabenvögeln, Staren, Fasanen, Amseln, Mardern, Füchsen, Igeln und Schlingnattern gejagt. Eine besondere Bedrohung stellen streunende Hauskatzen dar sowie Wildschweine, die mit ihrer Wühltätigkeit unter anderem die Überwinterungsplätze zerstören können. Bei Gefahr kann in Eidechsenmanier der Schwanz an einer „Sollbruchstelle“ abgeworfen werden, damit der Feind von dem zuckenden Anhängsel abgelenkt wird. Später entwickelt sich der Schwanz neu aus, allerdings ist er dann kürzer und schmaler (siehe oben). Ihren Eiern stellen unter anderem Maulwurfsgrillen und Laufkäfer nach.

Fortpflanzung

Zauneidechsen bei der Paarung

Nach der ersten Häutung (in Mitteleuropa etwa Ende April) beginnt die Paarungszeit. Treffen Männchen aufeinander, kann es zu ritualisierten Droh- und Imponiergebärden (Kommentkämpfen)kommen. Fühlt sich das Weibchen noch nicht paarungsbereit, beißt es das Männchen und versucht so, es fernzuhalten. Bei der Paarung ergreift das Männchen mit den Kiefern zunächst die Schwanzmitte des Weibchens. Danach verbeißt es sich in der Flanke und krümmt seinen Körper so, dass sich die Kloaken beider Tiere treffen und der Hemipenis eingeführt werden kann. Diese Vereinigung dauert drei bis fünf Minuten und wird mehrmals nacheinander durchgeführt.

Die Eiablage erfolgt meist im Mai oder Juni, vereinzelt auch noch im August. Dazu werden sandige Plätze aufgesucht, die von der Sonne erreicht werden. Das Weibchen gräbt kleine Löcher und setzt darin 5 bis 14 weichschalige Eier ab. Die Entwicklungszeit der Eier im Sandboden ist stark von der Umgebungstemperatur abhängig; bei 21 bis 24 °C beträgt sie zwei Monate. Die Schlüpflinge sind etwa 50 bis 60 Millimeter lang. Frisch geschlüpft müssen sie sich auch vor ihren eigenen Eltern in Acht nehmen, um nicht gefressen zu werden. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie nach anderthalb bis zwei Jahren.

Lebensraum

Weibchen vor Unterschlupf
Männchen mit beginnender Regeneration des abgeworfenen Schwanzes

Zauneidechsen besiedeln Magerbiotope, wie trockene Waldränder, Bahndämme, Heideflächen, Dünen, Steinbrüche, Kiesgruben, Wildgärten und ähnliche Lebensräume mit einem Wechsel aus offenen, lockerbödigen Abschnitten und dichter bewachsenen Bereichen. In kühleren Gegenden beschränken sich die Vorkommen auf wärmebegünstigte Südböschungen. Wichtig sind auch Elemente wie Totholz und Steine.

Verbreitung

Das Verbreitungsareal reicht von Zentralfrankreich über ganz Mittel- und Osteuropa sowie Südschweden, über das Baltikum, den Ladoga- und Onegasee bis zur Südspitze des Baikalsees im äußersten Osten. Die Britische Hauptinsel wird nur punktuell im Süden bewohnt. Die südliche Arealgrenze wird unter anderem von den Pyrenäen, der Nordabdachung der Alpen, dem Süden der Balkanhalbinsel und dem Kaukasus gebildet. Nicht besiedelt sind beispielsweise Nord- und Mittelskandinavien, Schottland und Irland sowie weitgehend der Mittelmeerraum.

Im Norden ihres Verbreitungsgebiets lebt die Zauneidechse vor allem im Flach- und Hügelland. Am Südrand ihres Areals ist die Art dagegen nur in höheren Gebirgslagen zu finden; die Höhenverbreitung erreicht im Süden stellenweise 2000 m NN. Das südlichste Vorkommen der Art liegt im griechischen Pindos-Gebirge.

Gefährdung

Halbwüchsiges Exemplar

Bestände der Zauneidechse werden vor allem durch die Zerstörung von Lebensräumen und Kleinstrukturen in der Landschaft dezimiert. Dazu gehören etwa die Rekultivierung von sogenanntem „Ödland“, die Wiederbewirtschaftung von Brachen, der Verlust von Randstreifen und Böschungen, allgemein eine intensive Landwirtschaft oder auch die Fragmentierung der Landschaft durch Straßenbau bzw. -verkehr und Siedlungsbau. In der Nähe menschlicher Siedlungen kann eine hohe Bestandsdichte von freigehenden Hauskatzen eine ernste Gefahr für Eidechsen darstellen.

Gesetzlicher Schutzstatus (Auswahl)[1]

Nationale Rote Liste-Einstufungen (Auswahl)[2][3]

  • Rote Liste Bundesrepublik Deutschland: 3 – gefährdet
  • Rote Liste Österreichs: NT (Gefährdung droht; Vorwarnliste)
  • Rote Liste der Schweiz: VU (gefährdet)

Quellen

Literatur

  • Dieter Glandt & Wolfgang Bischoff (Hrsg.): Biologie und Schutz der Zauneidechse (Lacerta agilis). Mertensiella 1, Bonn 1988, 257 S., ISBN 3-9801929-0-3
  • Kerstin Elbing, Rainer Günther & Ulf Rahmel: Zauneidechse – Lacerta agilis, Linnaeus, 1758. S. 535-557 in: Rainer Günther (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Gustav Fischer Verlag, Jena 1996, ISBN 3-437-35016-1
  • Ina Blanke: Die Zauneidechse. Laurenti-Verlag, Bielefeld 2004, 160 S., ISBN 3-933066-19-0

Einzelnachweise

  1. Zauneidechse bei www.wisia.de
  2. Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de
  3. Rote Liste Reptilien der Schweiz, 2005 (pdf, online)

Besonderheiten

Die Zauneidechse wurde in der Schweiz zum „Tier des Jahres 2005“ ausgerufen.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lacerta agilis — Lacerta La*cer ta, n. [L. a lizard. See {Lizard}.] 1. (Zo[ o]l.) A genus of lizards. See {Lizard}. [1913 Webster] Note: Formerly it included nearly all the known lizards. It is now restricted to certain diurnal Old World species, like the green… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Lacerta agilis —   Lacerta agilis …   Wikipedia Español

  • Lacerta agilis — Lézard des souches Lézard des souches …   Wikipédia en Français

  • Lacerta agilis — Sand Sand, n. [AS. sand; akin to D. zand, G. sand, OHG. sant, Icel. sandr, Dan. & Sw. sand, Gr. ?.] 1. Fine particles of stone, esp. of siliceous stone, but not reduced to dust; comminuted stone in the form of loose grains, which are not coherent …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Lacerta agilis — El Lagarto ágil (Lacerta agilis) tiene una coloración muy variable. El dorso y los flancos, de color pardo o gris pardo, ostentan unas manchas redondas y oscuras moteadas de blanco. En primavera y verano los flancos del macho son de una tonalidad …   Enciclopedia Universal

  • Lacerta agilis — noun a common and widely distributed lizard of Europe and central Asia • Syn: ↑sand lizard • Hypernyms: ↑lacertid lizard, ↑lacertid • Member Holonyms: ↑Lacerta, ↑genus Lacerta …   Useful english dictionary

  • Lacerta agilis — …   Википедия

  • Lacerta — Zauneidechse (Lacerta agilis) Systematik Klasse: Reptilien (Reptilia) Überordnung …   Deutsch Wikipedia

  • Lacerta — Lacerta …   Wikipédia en Français

  • Lacerta (genus) — Lacerta Lacerta …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”