- Lichtschulheim Lüneburger Land
-
Das Lichtschulheim Lüneburger Land (LLL) war eine reformpädagogisch orientierte private Oberschule in Glüsingen bei Betzendorf, 17 Kilometer südwestlich von Lüneburg. Es bestand von 1927 bis 1933.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung und Schüler
Gegründet 1927 von Walter Fränzel und seiner Frau Elise Fränzel, unterrichteten hier bis zur Schließung durch das Naziregime im Jahre 1933 drei bis vier Lehrer rund 60 Schüler aus ganz Deutschland. Der Unterricht des LLL war für Schüler ab der 5. Klasse staatlich anerkannt, Kinder im Grundschulalter lebten dort ebenfalls, sie besuchten die nahegelegene Dorfschule. Fränzel gab auch die Zeitschrift „Soma“ heraus.
Pädagogische Ziele
Zu den pädagogischen Prinzipien des LLL gehörte der möglichst häufige Aufenthalt im Freien, die organische Verbindung von Leben und Unterricht, das freundschaftlich-kameradschaftliche Verhältnis von Lehrern und Schülern und der Schwerpunkt auf Kunst und Musik, Werkarbeit und Gartenbau. Technik war ein eigenes Unterrichtsfach, auch auf Fremdsprachen wurde mehr Wert gelegt als damals üblich war. Ansonsten folgte der Lehrbetrieb den damals für die Deutsche Oberschule geltenden Richtlinien. Das LLL hatte recht oft Besuch ausländischer Gäste, nicht zuletzt von mit Fränzel befreundeten Pädagogen, die das Projekt kennenlernen wollten. Ein weiterer Schwerpunkt war die Achtung der Persönlichkeit der Schüler und ihre individuelle Förderung.
Verhältnis zu Politik und Gesellschaft
Das LLL strebte die „weitestgehende Unabhängigkeit von politischen Tagesströmungen bei gleichzeitig möglichst reger Anteilnahme an den Ereignissen und Fragen der Gegenwart“ an. Tatsächlich standen Fränzel sowie die meisten anderen Lehrer und Schüler-Eltern eher linken und liberalen Vorstellungen nahe. Dies war ein Grund für die Schließung der Schule im Jahre 1933.
Das LLL als Teil der Lebensreform-Bewegung
Im Sinne der so genannten Lebensreform war die Küche rein vegetarisch, zum festen Programm gehörten der morgendliche Wald- bzw. Geländelauf und generell viel Gymnastik und Sport. Anders als bei antiautoritären pädagogischen Projekten wie etwa der englischen Schule Summerhill, achtete das LLL auf eine Balance zwischen Disziplin und Freiheit. Die Teilnahme am Unterricht und an diversen Diensten für die Gemeinschaft war obligatorisch, körperliche Abhärtung wurde angestrebt, es gab jedoch keinen Drill. Am Geburtstag war die Teilnahme am Unterricht freiwillig.
Die Ausstattung der Anlage war recht spartanisch. Dies entsprach den Idealen der „Lebensreform“ und ermöglichte es, das Schulgeld niedrig zu halten. Ebenfalls im Sinne der Lebensreform wurden die Schülerinnen und Schüler angehalten, nichts abzuschließen und alle Heimlichkeiten zu vermeiden. Offenheit, Vertrauen und Verständnis, sowie Fleiß und Gemeinsinn waren Erziehungsziele des LLL.
Naturismus
Eine Besonderheit des LLL war der Naturismus. Anders als etwa in der 1910 gegründeten Odenwaldschule, wo nur der Sportunterricht nackt durchgeführt wurde, war das LLL sowie es die Temperaturen zuließen und beim Aufenthalt im Innenbereich insgesamt naturistisch. „In sonst gesundem seelischen Klima ist Nacktsein nach unseren langjährigen Erfahrungen wie nach immer mehr sich durchsetzender allgemeiner Ansicht ein nicht zu unterschätzender Erziehungsfaktor“, beschrieb Fränzel 1932 diesen Aspekt seiner Schule. Nach übereinstimmenden Berichten früherer Schüler nahmen die Bauern der Umgebung am Naturismus des LLL keinen Anstoß.
Entwicklung nach 1945
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gab es Überlegungen früherer Schüler und Lehrer, das LLL wieder zu eröffnen. Die Pläne wurden nicht verwirklicht, doch bis heute befindet sich auf dem Gelände des früheren Lichtschulheims eine naturistische Ferienanlage, das Lichtheideheim Glüsingen, das von der Familie Fränzel betrieben wird.
Weblinks
Kategorien:- Historische reformpädagogische Schule
- Bildungseinrichtung in Deutschland
- Freikörperkultur
- Betzendorf
Wikimedia Foundation.