Linienmethode

Linienmethode

Die vertikale Linienmethode (engl. method of lines, MOL) ist ein Verfahren zum Lösen (parabolischer) partieller Differentialgleichungen, bei welcher alle bis auf eine Dimension (üblicherweise die Zeitvariable) diskretisiert werden. Durch die Diskretisierung ergibt sich damit an Stelle der ursprünglichen partiellen Differentialgleichung ein System gewöhnlicher Differentialgleichungen, welches dann mit adäquaten Mitteln behandelt werden kann. Von besonderem Interesse ist die numerische Version, auch „NMOL“ genannt. Hierbei erfolgt die Lösung des durch die Diskretisierung erhaltenen Systemes gewöhnlicher Differentialgleichungen zum Beispiel durch die Anwendung von Ein - oder Mehrschrittverfahren, insbesondere Runge-Kutta-Verfahren. Diese Tatsache zeigt bereits die Grenzen der Einsatzmöglichkeiten dieses Verfahrens auf: Um Ein - oder Mehrschrittverfahren anwenden zu können, muss das sich nach der Diskretisierung ergebende Problem ein Anfangswertproblem erster Ordnung darstellen, was wiederum bedeutet dass das ursprüngliche Problem in wenigstens einer Variablen ein Anfangswertproblem erster Ordnung sein muss.

Diesem Verfahren steht die horizontale Linienmethode gegenüber, welche besser unter dem Namen Rothe-Methode bekannt ist (benannt nach Erich Rothe). Die Idee bei der Rothe-Methode für parabolische Anfangs-Randwertprobleme besteht darin, zuerst eine Diskretisierung hinsichtlich der Zeit vorzunehmen, um somit das Problem direkt zu einem Anfangswertproblem im Funktionenraum umzuformulieren.

Inhaltsverzeichnis

Vertikale Linienmethode

Die Idee bei der (vertikalen) Lininenmethode für parabolische Anfangs-Randwertprobleme besteht darin, zuerst eine Diskretisierung hinsichtlich der räumlichen Variablen und danach das resultierende Problem hinsichtlich der Zeit zu diskretisieren. Im Fall einer konformen Approximation, sei V:=H_0^1 (siehe Sobolew-Räume), H: = L2(Ω) (siehe Lp-Räume) und u_0\in H. Das verallgemeinerte Problem einer parabolischen Differentialgleichung bedeutet nun: Man finde ein u\in W_2^1(0,T;V,H) mit u(0)=u_0\in H so dass:

\frac{d}{dt}(u(t),v)+A(u(t),v)=(f(t),v)\quad \forall v\in V,

wobei A(,) eine beschränkte, V-elliptische Bilinearform auf V\times V und f\in L_2(0,T;V^*) ist.

Wenn die räumliche Diskretisierung mit finiten Elementen erfolgt, dann erhalten wir für V_n\subset V (Finite-Element-Funktionenraum) das diskrete Problem:

\frac{d}{dt}(u_n(t),v_n)+A(u_n(t),v_n)=(f(t),v_n)\quad \forall v_n\in V_n,

wobei u_n(0)=u_n^0 eine Approximation von u0 in Vn.

Sei nun \{\phi_1\ldots\phi_n\} eine Basis von Vn und u_n(x,t)=\sum_{i=1}^{N}c_i(t)\phi_i(x)., Dann ergeben sich als Galerkingleichungen für das oben beschriebene diskrete Problem:

\sum_{i=1}^{N}c_i^{'}(\phi_i,\phi_j)+\sum_{i=1}^{N}c_i(t)A(\phi_i,\phi_j)=(f(t),\phi_j), \, \forall j=1\ldots,N,

mit c_i(0)=\gamma_i^0, \mbox{ wobei } u_n^0=\sum_{i=1}^{N}\gamma_i^0\phi(x).

Damit erhalten wir eine Differentialgleichung der Form

D\hat{u}(t)^{'}+A\hat{u}(t)=\hat{f}(t),

wobei D: = (dij) mit dij = (ϕji), A: = (aij) mit aij = Aji) und fj = (f(t),ϕij) bzw. \hat{u}:=(u_i) und  \hat{f}:=(f_i).

Horizontale Linienmethode (Rothe-Methode)

Wir gehen wieder von der verallgemeinerten Form

\frac{d}{dt}(u_n(t),v_n)+A(u_n(t),v_n)=(f(t),v_n)\quad \forall v_n\in V_n,

mit u(0)=u_0\in H und u\in W_2^1(0, T; V, H) aus. Dann wird das Zeitintervall in p Teilintervalle mit der Gitterweite τ zerlegt. Es sei diesmal ϕi die Hütchenfunktion in der Zeit, das heißt bei einer zeitlichen Diskretisierung mit den Gitterpunkten \{t_0,\ldots,t_p\} gilt

{\phi_i(t)}=\begin{cases}\frac{t-t_{i-1}}{t_i-t_{i-1}}&t\in [t_{i-1},t_i)\\ \frac{t_{i+1}-t}{t_{i+1}-t_i} & t\in [t_i,t_{i+1})\\0&\mbox{sonst}\end{cases}.

Dann wird eine Näherung für u(x,t) beschrieben durch die Rothe-Funktion

u^{\tau}(x,t)=\sum_{i=1}^p z_i(x)\phi_i(t).

Unter Verwendung des impliziten Eulerverfahrens löst man nun in jedem Zeitschritt das Ortsproblem

\left(\frac{z_{i+1}-z_i}{\tau_i}, v\right)+A(z_{i+1}, v)=(f_{i+1},v),

wobei τi = ti + 1ti. Auch die Verwendung anderer Integrationsverfahren sind möglich; da die Probleme jedoch meistens steif sind, sollte ein implizites Verfahren bevorzugt werden.

Literatur

  • William E. Schiesser: The Numerical Method of Lines. Integration of partial differential Equations. Academic Press, San Diego u. a. 1991, ISBN 0-12-624130-9
  • William E. Schiesser: Computational mathematics in Engineering and Applied Science. ODEs, DAEs, and PDEs. CRC Press, Boca Raton FL u. a. 1994, ISBN 0-8493-7373-5.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kataster — (Katasterurmessung, neumessung, fortführung, fortführungsmessung). 1. Kataster ist die Gesamtheit der Aufzeichnungen, welche die Besteuerung des Grund und Bodens betreffen s. [19]. Das Kataster enthält für jedes einzelne Grundstück die Angabe des …   Lexikon der gesamten Technik

  • Computational Fluid Dynamics — Die numerische Strömungsmechanik (englisch: computational fluid dynamics, CFD) ist eine etablierte Methode der Strömungsmechanik. Sie hat das Ziel, strömungsmechanische Probleme approximativ mit numerischen Methoden zu lösen. Die benutzten… …   Deutsch Wikipedia

  • Numerische Strömungsmechanik — Visualisierung einer CFD Simulation des Hyper X Scramjets mit Motoren bei Mach 7 Die numerische Strömungsmechanik (englisch: computational fluid dynamics, CFD) ist eine etablierte Methode der Strömungsmechanik. Sie hat das Ziel,… …   Deutsch Wikipedia

  • Numerische Strömungssimulation — Die numerische Strömungsmechanik (englisch: computational fluid dynamics, CFD) ist eine etablierte Methode der Strömungsmechanik. Sie hat das Ziel, strömungsmechanische Probleme approximativ mit numerischen Methoden zu lösen. Die benutzten… …   Deutsch Wikipedia

  • Strömungssimulation — Die numerische Strömungsmechanik (englisch: computational fluid dynamics, CFD) ist eine etablierte Methode der Strömungsmechanik. Sie hat das Ziel, strömungsmechanische Probleme approximativ mit numerischen Methoden zu lösen. Die benutzten… …   Deutsch Wikipedia

  • Mol (Begriffsklärung) — Mol steht für: Mol, SI Basiseinheit der Stoffmenge Mol (Belgien), belgische Stadt Mol (Vojvodina), serbische Stadt Mol (LKW), belgischer Nutzfahrzeughersteller Versuchsatomkraftwerk Mol in der belgischen Stadt Mol Mol ist der Familienname… …   Deutsch Wikipedia

  • Albert Gilg — (* 12. Februar 1956) ist ein deutscher Mathematiker. Er beschäftigt sich als Technologiemanager in der Siemens AG mit der mathematischen Modellierung und Simulation von technischen Systemen. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”