Lipasen

Lipasen
Lipasen

Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.1.1.-  Esterasen
Reaktionsart Hydrolyse
Substrat Lipide
Produkte Glycerin/Cholesterin + Fettsäuren

Lipasen sind Enzyme, die von Lipiden wie Glyceriden oder Cholesterinestern freie Fettsäuren abspalten (Lipolyse). Diese Enzyme spielen physiologisch eine wichtige Rolle, indem sie die Fettverdauung bewerkstelligen und die im Körper gespeicherten Fettreserven so verfügbar machen. Außerdem gibt es eine Unzahl technologischer Anwendungen für diese Proteine.

Im engeren Sinn bezeichnet Lipase in der medizinischen Diagnostik die pankreasspezifische enterale Lipase (Pankreaslipase).

Inhaltsverzeichnis

Struktur echter Lipasen EC 3.1.1.3

Gemäß Schmid 2000 unterscheiden sich die Esterasen durch Unterschiede im Substratspektrum. Demnach bevorzugen Lipasen wasserunlösliche Substrate, sie sind aber durchaus in der Lage Triglyceride aus kurzkettigen Fettsäuren umzusetzen. Im Gegensatz dazu hydrolysieren Esterasen nur kurzkettige, wasserlösliche Substrate (Brockerhoff et al., 1974). Außerdem unterscheiden sich die Esterasen von den Lipasen durch ihre Raumstrukturen. Lipasen haben einen Deckel über dem aktiven Zentrum (engl.: lid), welcher bei Esterasen fehlt. Die Lipasen kommen außerdem in allen Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen als zelluläre oder extrazelluläre Proteine vor (Schmid, 2000). Sie gehören zur Familie der Serin-Hydrolasen (Saulich, 2008) und haben für ihre spezifischen Reaktionen, ein Reaktionsgleichgewicht, das vom Wassergehalt des Gesamtsystems abhängig ist (Han et al., 1987). Ein weiterer wichtiger Unterschied zu Esterasen ist der, dass die Hydrolyse von Esterbindungen von Glycerinestern an einer Öl-Wasser-Grenzfläche stattfindet.

Lipasen besitzen oft keine klaren Übereinstimmungen in der Aminosäurensequenz. Bei Betrachtung der räumlichen Struktur hingegen wird schnell klar, dass Lipasen gemeinsame 3D-Strukturen aufweisen (Bommarius et al., 2004). Demnach bilden die Lipasen eine Familie von α/β-Hydrolase-Faltungen, die bei allen Lipasen vorhanden ist (Schrag et al., 1997). Sie besteht darin, dass im Zentrum der Lipasen acht nahezu parallel angeordnete β-Faltblätter platziert sind, die wiederum von α-Helices eingeschlossen sind, mit Ausnahme des zweiten β-Faltblattes, welches zudem invers in die Struktur eingeordnet ist (Saulich, 2008).

Mit wenigen Ausnahmen liegen die Aminosäuren, die für die katalytische Wirkung der Lipasen verantwortlich sind, an denselben Positionen (Bommarius et al., 2004). Diese Aminosäuren bilden eine katalytische Triade, die normalerweise aus Ser, His und Asp Aminosäuren gebildet wird. Diese Triade ist funktionell, aber nicht strukturell verwandt mit der von Trypsin und Subtilisin. In der Aminosäurensequenz von α/β-Hydrolasen folgen die Aminosäuren in der folgenden Reihenfolge: Serin, Asparagin, Histidin. Das Serin kommt üblicherweise im konservierten Pentapeptid von Gly-Xaa-Ser-Xaa-Gly vor (Arpigny et al., 1999).

Beispiele

Als Beispiele seien genannt:

  • Die Lipoproteinlipase (LPL) befindet sich auf der extrazellulären Membranseite von Endothelzellen in verschiedenen Gewebe (unter anderem Fettgewebe); sie kann die im Blut an Lipoproteine gebundenen Fette spalten und damit für die zelluläre Aufnahme vorbereiten. Die hepatische Triglycerid-Lipase ist beispielsweise in der Leber lokalisiert.
  • Die Pankreaslipase (synonym: Steapsin) wird in den exokrinen Drüsenzellen der Bauchspeicheldrüse synthetisiert und gelangt über den Ductus pancreaticus in das Duodenum. Dort spaltet sie die Nahrungsfette in Fettsäuren, Glycerin und Mono- beziehungsweise Diacylglycerine. Diese können dann in Form von Mizellen zusammen mit Hilfe von Gallensalzen in die Enterozyten aufgenommen werden. Nur ein kleiner Teil der Pankreas-Lipase geht ins Blut. Sie hat dort eine biologische Halbwertszeit von 7-14 Stunden.
  • Ein weitere wichtige Lipasenart ist die Hormonsensitive Lipase. Sie spaltet die in Adipozyten gespeicherten Triglyceride und wirkt somit lipolytisch.

Anwendungen in der Industrie und Technik

Lipasen werden in der Fettchemie zur Herstellung von Seifen, von Fetten mit verbesserter Streichfähigkeit und zur Herstellung von Kakaobutteräquivalenten verwendet.

Vielen Waschmitteln wird Lipase zu Erhöhung der Reinigungsleistung beigemischt.

Im Rohmilchkäse wirken sie aromabildend. Butter wird schneller ranzig. Beim Pasteurisieren werden die Lipasen der Milch größtenteils zerstört.

Lipasen werden auch als Biokatalysatoren in der organischen Synthese (z. B. zur Herstellung von Zuckerestern im Industriemaßstab) und in der Lebensmittelindustrie zur Geschmacksstoffherstellung verwendet. Des Weiteren finden sie Anwendung in der kinetischen Racematspaltung.

Lipasen können aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen isoliert werden, wobei für industrielle Zwecke zumeist Schweinepankreaslipase (PPL) oder Lipasen von bestimmten Mikroorganismen genutzt werden. Schweinepankreaslipase ist die am genauesten beschriebene pankreatische Lipase und besteht aus 449 Aminosäuren mit 7 Disulfidbrücken.

Literatur

Artikel
  • Jean-Louis Arpigny, Karl E. Jaeger: Bacterial lipolytic enzymes. Classification and properties. In: Biochemical Journal, Bd. 343 (1999), S. 177–183.
  • D. Han, H. Rhee, S. Lee, S.: Lipase reaction in aot-isooctane reversed micelles. Effect of water on equilibria. In: Biotechnology and Bioengineering, Bd. 30 (1987), S. 381–388.
  • Joseph A. Schrag, Miroslaw Cygler: Lipases and α/β hydrolase fold. In: Methods in Enzymology, Bd. 284 (1997), S. 85–107, ISSN 0076-6879
Bücher
  • Andreas S. Bommarius, Bettina R. Riebel: Biocatalysis. Wiley-VCH, Weinheim 2004, ISBN 3-527-30344-8.
  • Hans Brockerhoff, Robert G. Jensen: Lipolytic enzymes. Academic Press, New York 1974, ISBN 0-12-134550-5.
  • Katja Saulich: Reaktionskinetische Experimente zur Lipase-katalysierten Hydrolyse von Rapsöl in Wasser-in-Öl-Emulsionen'. Dissertation, Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus 2008.
  • Ulrike Schmid: Lipase-Katalysierte Synthese strukturierter Triglyceride. Verfahrensoptimierung und Erzeugung selektiver Lipasemutanten durch gerichtete Evolution. Dissertation, Universität Stuttgart 2000.

Weblinks


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