Litre funéraire

Litre funéraire
litre funéraire in der Kirche von Rioux

Eine litre funéraire (Trauerband, von lat. litura funeris, etwa „bei Begräbnis korrigierte Stelle“, auch litre seigneuriale) ist ein gemaltes schwarzes Band, auf dem Wappen oder anderen Zeichnungen zum Gedenken an hochgestellte verstorbene Personen gezeichnet wurden. Man findet sie in Kirchen oder Begräbniskapellen des Mittelalters und Ancien Régimes in Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

Gestaltung

Die litre funéraire ist in der Regel ein waagerechtes, auf den Putz der Wände und Pfeiler gemaltes schwarzes Band, gut einen halben Meter breit und in zweieinhalb bis vier Metern Höhe über dem Fußboden. Sie reichte meist um die Oberflächen aller inneren Bauteile oder um die Außenmauern herum. Im Falle des Todes einer Persönlichkeit, die das Kirchenpatronatsrecht hatte, wurden zu deren Gedenken auf das schwarze Band ihre Insignien, besonders Rangkrone und Familienwappen, gemalt.

Geschichte

In der Merowingerzeit (5.-8. Jahrhundert) wurde das Fränkische Reich christianisiert. Adlige Franken errichteten auf ihren Ländereien Gotteshäuser, um dort mit ihrer Familie und ihrem Gefolge zu beten. Sie waren die Besitzer der Kirchen oder Kapellen und dieser Besitz war vererbbar. Die Besitzer konnten die Kirchen verkaufen oder verschenken. Das nannte man Dominium laicus (etwa „weltliches Herrschaftsvermögen“).

Der Kirchenreformer Gregor VII. (1020-1085) leitete den Investiturstreit (1076-1122) ein, einen politischen Konflikt zwischen geistlicher und weltlicher Macht um die Amtseinsetzung von Geistlichen. Durch das Wormser Konkordat (1122), aber mehr noch durch das Vierte Laterankonzil (1215) wurde ein neues Kirchenpatronatsrecht in Frankreich etabliert, das das alte Dominium laicus ersetzte. Laien durften eine Kirche nicht mehr besitzen, sie konnten Schirmherr einer Kirche werden. Als Schirmherr besaßen sie zum Beispiel das Recht einen neuen Pfarrer vorzuschlagen (jus praesentendi) wenn die Stelle vakant war. Zu ihren Rechten gehörte das Gedenkbild auf der litre funéraire.

Erste litres funéraires wurden schon gegen Ende des 11. Jahrhundert gezeichnet, besonders während des Ersten Kreuzzugs (1096-1099). Damals waren sie meist auf den Außenmauern des Gotteshauses und hatten noch keinen permanenten Charakter. Die Wappen der Verstorbenen wurden anlässlich des Seelenamts (Obituaire), das ein Jahr nach ihrem Begräbnis zelebriert wurde, schwarz übermalt.

in der Kirche Saint-Germain d'Auxerre von Sorges

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts waren die Schirmherrschaften über die Kirchen erblich geworden, die litres funéraires befanden sich meist im Inneren der Kirche und die Wappenzeichnungen wurden nicht mehr gelöscht. Personen, die eine unbedeutende Kirche oder Kapelle gestiftet hatten, die zu einer größeren Pfarrei gehörte, bekamen dadurch auch das Recht auf die litre funéraire in der Hauptkirche der Pfarrei. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts musste dieses Recht neu geregelt werden. 1615 wurde deshalb ein Gesetzesentwurf geschrieben, der es bis ins Detail regelte.[1] Das Gesetz wurde begeistert angenommen und die Zahl der Wappenzeichnungen ging deutlich zurück. Das Ansehen der litre funérale war jedoch schon durch Missbrauch gesunken. In manchen Kirchen hatte der Schirmherr das Band sogar auf Kreuzen anbringen lassen.

Am 13. April 1791 beschloss die Nationalversammlung die komplette Entfernung der litres funéraires durch die Schirmherren an und in öffentlichen Kirchen und Kapellen. Der Beschluss traf auf keinen großen Widerstand, weil zu jener Zeit der Brauch kaum noch ausgeübt wurde. Litres funéraires die nicht aufgrund des Beschlusses übermalt wurden, verschwanden später durch Renovierungsarbeiten oder durch Verwitterung. Heute sind nur noch wenige von ihnen erhalten.

Literatur

  • Pierre Bodin: Les litres seigneuriales des églises de l'Eure. Amis des Monuments et Sites de l'Eure, Amis de Bernay, Condé-sur-Noireau 2005. (französisch)

Einzelnachweise

  1. Mathias Mareschal; Jean Adrien Sérieux (Hrsg.): Traité des droits honorifiques des patrons et seigneurs dans les églises, par m. Maréchal, avec les autres traités qui y étoient joints. Cheron, Paris 1772, S. 333-379 (in Google Books, abgerufen am 13. Oktober 2009). (französisch)

Weblinks

 Commons: Litre funéraire – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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