Pfarrei

Pfarrei

Eine Pfarrei bzw. Pfarre (parochia, paroecia) ist in der Gliederung der römisch-katholischen Kirche eine rechtlich abgegrenzte Gemeinschaft von Gläubigen, dem ein Pfarrer vorsteht. Die Gemeinschaft der Gläubigen nennt man Pfarrgemeinde, auch das dazugehörige Seelsorgegebiet, als Amtsbezirk auch Pfarrbezirk oder Pfarrsprengel, der Amtsbezirk, Amtssitz des Pfarrers und auch die amtliche Würde nennt am auch Pfarrei oder Pfarramt, das Amts- und Wohngebäude selbst heißt auch Pfarrhaus (Pfarrhof).

Inhaltsverzeichnis

Historische Entwicklung

Entstehung

Das frühe Christentum war eine Stadtreligion. In jeder Stadt mit christlicher Gemeinde leitete der Bischof, unterstützt von seinen Klerikern die Seelsorge. Die Bischofskirche stellte dabei auch gleichzeitig den Mittelpunkt des christlichen Lebens dar. Ab dem 2. Jahrhundert dehnte sich das Christentum jedoch mehr und mehr auch auf ländliche Gebiete aus, beziehungsweise dehnte es sich in Gebiete aus, die kaum Städte aufwiesen. Im Osten wurde die Seelsorge dort zunächst von so genannten Chorbischöfen übernommen[1]. Alsbald jedoch traten vom Bischof der nächstliegenden Stadt ernannte Kleriker an deren Stelle. Im Westen wurden mit der zunehmenden Christianisierung Seelsorgebereiche eingerichtet, die durch vom Bischof entsandte Kleriker geleitet wurden. Diese Kleriker besaßen anfangs nur delegierte Kompetenzen, z.B. für Taufe und Eucharistie[1].

Spätere Ausgestaltung

Ab dem 6. Jahrhundert wurden diese Seelsorgsbezirke als „parochia“ bzw „paroecia“ bezeichnet (siehe auch Urpfarrei). Die Pfarrstruktur wurde prägend für die Organisation der Seelsorge und damit für das Leben der Gläubigen. Die Entwicklung der Pfarrstruktur wiederum wurde durch das Eigenkirchenwesen, Stiftswesen und Klöster bestimmt[1]. Schließlich entwickelte sich ein flächendeckendes System von Pfarreien, das immer dichter wurde. Für die Errichtung neuer Pfarreien entwickelten sich zwei Bedingungen: Zunächst musste der Unterhalt des Pfarrers sichergestellt sein. Dies geschah durch Pfründen (Benefizien), deren Erträge dem Pfarrer zugute kamen. Die zweite Bedingung war die Ausstattung der Pfarrei selbst mit hinreichenden Finanzmitteln, insbesondere für den Erhalt der Pfarrkirche. Hierfür wurde jeweils eine Kirchenstiftung („fabricae ecclesiae“) eingerichtet[1]. Durch den Pfarrzwang waren die Gläubigen gehalten, die Sakramente in ihrer eigenen Pfarrei zu empfangen.

Nach einem Dekret Papst Alexanders III. (1159–1181) konnten für Gläubige in entfernteren Gebieten Filialkirchen oder Vikariate eingerichtet werden[1].

Entwicklung nach dem Konzil von Trient

Das Konzil von Trient bestimmte, dass es kein pfarrloses Kirchenvolk mehr geben dürfte. Jeder Gläubige musste einer Pfarrei zugeordnet sein. Die Territorialpfarrei, also die Zusammenfassung der auf einem Gebiet zusammenlebenden Gläubigen wurde dabei zum Regelfall. Daneben bestehen aber bis heute auch Personalpfarreien, jedoch in wesentlich geringerer Zahl. Zudem regelte das Konzil die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Pfarrers neu, insbesondere was die Predigt, die Eheassistenz und die Applikationspflicht an Sonn- und gebotenen Feiertagen anging. Zudem wurden die Pfarrer ausdrücklich zur Residenz in ihrer Pfarrei und zur Führung von Kirchenbüchern (Taufbücher, Ehebücher) verpflichtet[1].

Neuere Entwicklungen

Die Pfarrei stellt bis heute den zentralen Raum für das christliche und gemeindliche Leben des Volkes Gottes dar. Im neueren Kirchenrecht (s. u.) besteht jedoch kein Pfarrzwang mehr, so dass Gläubige heute freier über den Ort von Taufe, Eheschließung und Beerdigung entscheiden können. Die höhere Mobilität ermöglicht zudem das gezielte Aufsuchen besonderer Angebote anderer Pfarreien.

Bedingt durch den Priestermangel werden Pfarreien in einigen europäischen Ländern in den letzten Jahren verstärkt zusammengelegt. Daneben hat der Zusammenschluss von Pfarreien zu Pfarrverbänden eine erhöhte Bedeutung erhalten.

Kirchenrechtlicher Status

Überblick

Nach dem heutigen kirchlichen Recht ist die Pfarrei „eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die in einer Teilkirche auf Dauer errichtet ist und deren Seelsorge unter der Autorität des Diözesanbischofs einem Pfarrer als ihrem eigenen Hirten anvertraut wird“ (can 515 § 1 CIC). Jede Diözese muss in Pfarreien aufgeteilt sein (can 374 § 1 CIC). Ihre Errichtung, Aufhebung und Veränderung ist allein Sache des Diözesanbischofs, der jedoch den Priesterrat zu hören hat (can 515 § 2 CIC). Die Pfarrei besitzt von Rechts wegen Rechtspersönlichkeit (can 515 § 3 CIC).

Der Pfarrer als Hirte der Gemeinde muss die Priesterweihe empfangen haben (can 521 § 1 CIC). Die Möglichkeit, eine Pfarrei einem Kanonikerkapitel (etwa einem Domkapitel) oder einer Ordensgemeinschaft zu inkorporieren, besteht nach dem Kirchenrecht von 1983 nicht mehr (can 520 § 1 CIC). Wenn einem Kanonikerkapitel oder einer Ordensgemeinschaft die Pfarrseelsorge übertragen war oder übertragen werden soll, so muss eines der Mitglieder zum ordentlichen Pfarrer bestellt werden.

Sonderformen der pfarrlichen Organisation

Wegen Priestermangels kann einem Pfarrer die Seelsorge für mehrere Pfarreien übertragen werden (can 526 § 1, 2. HS, 534 § 2). Dies stellt faktisch die Gründung eines Pfarrverbands dar und ist eine Sonderform der pfarrlichen Seelsorgsorganisation [2]. Weitere Sonderformen sind die solidarische Priestergemeinschaft mit einem Moderator (can 517 § 1 CIC), bei der die Seelsorge einer Gemeinschaft von Priestern übertragen wird und einer dem Bischof als Moderator verantwortlich ist, die Pfarrei als Seelsorgsstelle (can 517 § 2 CIC), bei der bestimmte seelsorgerliche Aufgaben unter Oberaufsicht eines benachbarten Pfarrers an einen Diakon oder Laien übertragen werden und die anvertraute Pfarrei, bei der die Seelsorge einem klerikalen Ordensinstitut übertragen wird.

Arten von Pfarreien

Im Laufe der Zeit haben sich mehrere Arten von Pfarreien ausgeprägt. Die gängige Form ist die Territorialpfarrei. Bei der Territorialpfarrei werden die auf einem abgegrenzten Gebiet lebenden Gläubigen einer Pfarrei zugewiesen. Jeder Territorialpfarrei können eine oder mehrere Filialgemeinden zugewiesen sein. Seltener ist die Personalpfarrei, die einen gewissen nicht gebietsabhängigen Kreis von Gläubigen zusammenfasst. Sie stellt in so weit eine Durchbrechung des sich aus can 374 § 1 CIC ergebenden Territorialitätsprinzips dar[3]. Personalpfarreien werden insbesondere errichtet, um den seelsorglichen Bedürfnissen von bestimmten Gruppen entgegenzukommen. Ein Fall der Personalpfarrei sind die Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache. Nach dem Motu proprio Summorum pontificum sind Bischöfe ausdrücklich ermächtigt, Personalpfarreien für Gläubige einzurichten, die die Sakramente nach den liturgischen Büchern von 1962 (Tridentinischer Ritus) empfangen wollen.

Von der gewöhnlichen Pfarrei zu unterscheiden sind die Pfarrvikarien, -lokalien, -kuratien und -rektorate. Dabei handelt es sich um Quasipfarreien, die nicht denselben Status wie eine kanonische Pfarrei besitzen, dieser jedoch weitgehend gleichgestellt sind.

Abgrenzung zum Begriff Kirchengemeinde

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Von der Pfarrei ist die Kirchengemeinde zu unterscheiden. Der Begriff der Kirchengemeinde kommt im katholischen Kirchenrecht nicht vor. Das Allgemeine Preußische Landrecht ging von protestantischen Begrifflichkeiten aus und betrachtete die Kirchengemeinde wegen deren Funktion bei der Vermögensverwaltung als juristische Person. Dies setzte sich im Staatskirchenrecht durch, so dass der Staat die Gesamtheit der Angehörigen einer Pfarrei als Kirchengemeinde betrachtete, obgleich diese bis 1983 keine Rechtspersönlichkeit im innerkirchlichen Recht besaß[4] (Rechtsträger der Pfarrei war damals die Kirchenstiftung). Daher kommt der Kirchengemeinde heute in Deutschland eine entscheidende Bedeutung im Staatskirchenrecht zu, wobei sie jedoch von der Pfarrei zu unterscheiden ist. So kann eine Pfarrei durchaus aus zwei Kirchengemeinden bestehen, die dann auch jeweils einen Vermögensverwaltungsrat (Verwaltungsrat, Kirchenverwaltungsrat) haben.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Krämer, Pfarrei, in LThK, S. 164
  2. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht, Bd. II, S. 419
  3. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht, Bd. II, S. 414
  4. Lederer, Kirchengemeinde, in LThK, 2. Auflage, S. 207

Literatur


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